31. Kapitel

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Es war so kalt, dass ich in den ersten Sekunden das starke Verlangen hatte auf dem Absatz umzukehren, mich in sämtlichen Decken des Hauses einzuwickeln und für immer in den Tiefen des Bettes zu verschwinden. Nachdem der erste Luft Stoß an mir vorbeigezogen war, atmete ich jedoch einmal tief ein- was eigentlich ziemlich ironisch gewesen war, da die eisige Luft in der Nase ziemlich schmerzte - und machte mich auf. Die Sonne ließ den Schnee magisch erscheinen. Die Ruhe, die um das Haus herumlag, und der atemberaubende Anblick ergaben eine Atmosphäre, die mich zum ersten Mal seit einer langen Zeit wieder zu beruhigen schien. Gedankenverloren stampfte ich durch die unberührte Schneeschicht.

Wie lange waren wir eigentlich schon unterwegs? Und wie lange war es schon her, dass mein Vater Liam eingestellt hatte? Ich konnte es nicht sagen. Die vergangenen Wochen waren durch die ganzen Ereignisse so schnell an mir vorbeigezogen, dass ich den Überblick verloren hatte. Oder waren es überhaupt noch Wochen oder nicht schon Monate? Leicht schüttelte ich mit dem Kopf. Was war nur aus meinem Leben geworden. Ich beschloss Liam später darauf anzusprechen. Ich war mir sicher, dass er besser und genauer darüber Bescheid wissen würde als ich. Nachdem ich den Gedanken festgesetzt hatte, konzentrierte ich mich auf die Umgebung um mich herum. Es wäre doch eine Straftat, wenn ich diesen Anblick nicht genießen, geschweige denn wertschätzen würde. Auch wenn der Anlass warum wir überhaupt hier waren nicht wirklich der Beste war, empfand ich dennoch ein Gefühl wie Bewunderung für diesen Ort. Es war traumhaft schön hier und wie viele Jahre waren schon vergangen wo ich das letzte Mal in kniehohen, dicken glänzenden Schnee gestanden hatte.

Natürlich waren die Stiefel schwer und der Schnee kaum zu bewältigen, doch ich kämpfte mich so gut wie es ging weiter. Die Luft war nach einer Weile nicht mehr so schneidend und ich hatte mich mehr oder weniger an die extremen Temperaturen gewöhnt. So gut wie es ging führte ich meinen kleinen Rundgang um den See weiter. Vielleicht hätte Liam mich ja begleiten wollen? Abgesehen von dem Fakt, dass er mich unter normalen Umständen hätte ohnehin begleiten müssen, natürlich. Schnell verwarf ich den Gedanken wieder. Er hatte mich eh schon vierundzwanzig Stunden, rund um die Uhr, an der Backe, da hätte er mir bestimmt abgesagt. Es musste schließlich auch mal vorkommen, dass wir Zeit für uns alleine hatten und so wie der Morgen verlaufen war, hatte er diese auch bitter nötig.

Belanglos hauchte ich meinen Atem in die Luft. Zufrieden sah ich dabei zu, wie er sichtbar wurde und langsam in einer kleinen Wolke davon schwebte, um sich dann wiederum komplett aufzulösen. Aus Freude an dem Anblick wiederholte ich dies noch ein paar Male. Als ich gerade erneut tief die Luft einsaugte, bemerkte ich etwas aus dem Augenwinkel, wobei ich so ruckartig einatmete, dass mir die Luft im Hals stecken blieb und alles in einem Hustenanfall endete. Nachdem ich mir gefühlt die Lunge aus dem Leib gehustet hatte, die Augen tränten als hätte ich gerade das Ende von Das Schicksal ist ein mieser Verräter geguckt, wischte ich mir die Tränen weg und lief mehrere Schritte in Richtung des Ufers.

Schuhabdrücke. Große, tiefe Schuhabrücke. Wie ein merkwürdiges Muster führten sie vom Wasser weg und schienen zwischen den Bäumen zu verschwinden, die zu meiner Linken in die Höhe ragten. Dadurch, dass der Schnee bisher komplett unberührt gewesen war, war mir die Unordnung sofort aufgefallen. Mit zusammengezogenen Augenbrauen trat ich ein weiteres Stück näher an sie heran, sorgfältig darauf bedacht, die fremden Abdrücke nicht zu zerstören.

Hatte hier etwa jemand gebadet? So schnell wie mir dieser Gedanke gekommen war, war er auch schon wieder verflogen. Welcher Mensch mit gesundem Menschenverstand würde bei diesen Temperaturen in einem halbeingefrorenen See baden gehen? Kopfschüttelnd über meine eigene Dummheit warf ich einen raschen Blick auf das Wasser. Eine Eisschicht bedeckte einen Teil der Fläche, das dunkle Wasser schien beinahe bewegungslos darunter zu verharren. Wieder wanderte meine Aufmerksamkeit zu den Abdrücken. Sie schienen relativ frisch zu sein, denn ich fand keinen Neuschnee auf ihnen. Schnell überlegte ich wann es das letzte Mal geschneit hatte. Vielleicht war es ein Tag her gewesen? Aufgrund der Ereignisse, die sich zwischen Liam und mir seit unserer Ankunft abgespielt hatten, war ich nicht dazu gekommen ernsthaft auf das Wetter zu achten. Der Schnee war allerdings relativ weich und durchtretbar, weswegen ich auf den Schluss kam, dass er noch nicht länger als ein, maximal bis zwei Tage liegen konnte. Kritisch hockte ich mich soweit wie der Schnee es zulassen konnte, hin und legte die Handfläche in den Abdruck, der mir am nächsten lag. Dadurch, dass ich alles etwas näher betrachten konnte, entdeckte ich merkwürdige, kleinere Flecken, die sich durch den Abdruck sprenkelten. Verwundert näherte ich mich noch etwas. Er wunderte mich, dass ich die Flüssigkeit nicht sofort gesehen hatte. Der Schnee war wortwörtlich strahlend weiß weswegen ich etwas zurückgenommen war, dass ich noch etwas anderes neben den Abdrücken entdeckt hatte. Schließlich hätte sie mir bei dem Kontrast sofort ins Auge fallen müssen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 16, 2019 ⏰

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