»17. Kapitel

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Es war bereits spät in der Nacht, als Liam und ich völlig fertig zuhause ankamen. Zu meiner Überraschung war mein Vater noch wach. Er hatte auf uns gewartet. So wie es aussah, hatte Liam ihm eine Nachricht hinterlassen, bevor er sich auf den Weg gemacht hatte, weswegen ich mich schon mal seelisch auf die größte und längste Predigt vorbereitete, die ich jemals zu hören bekommen hatte. Allerdings kam es nicht so, wie gedacht. Kaum hatte ich das große Wohnzimmer betreten, legte mein Vater das Buch in seiner Hand weg und lächelte uns ruhig an. Verwirrt blinzelte ich ein paar Mal.

»Und? Wie war es?«

Sprachlos legte ich den Kopf schief und starrte in die Augen gegenüber von mir. Was zur Hölle ist denn jetzt los, fragte ich mich innerlich und wartete nur darauf, dass er jeden Augenblick vor Wut ausbrechen würde, ist das etwa die Ruhe vor den Sturm? Unmerklich huschte mein Blick zu Liam herüber, der sich hinter mir positioniert hatte und sich damit beschäftigte die Jacke auszuziehen. Als er bemerkte, dass er meine Aufmerksamkeit vollkommen für sich hatte, sah er auf. Er blickte mich erst ebenso verwirrt an wie ich ihn, bis ihm klarzuwerden schien, was hier vor sich ging. Schnell schob er sich neben mich und lächelte meinen Vater breit an.

»Oh, es war wundervoll. Der Film war wirklich rührend und wie sie sehen, konnte Katie sich die Tränen nicht mehr verkneifen.«

Während er sprach, wies er mit einer kurzen Handbewegung auf mein Gesicht. Immer noch verwirrt wegen der ganzen Situation, blickte ich kurzerhand in den großen Spiegel, der über dem Kamin hang, um herauszufinden, was genau er meinte. Als ich meinem Spiegelbild entgegnete, entfuhr mir ein erschreckter Laut; ich sah aus, als hätte ich mir die ganze Nacht lang Titanic angesehen. Blasse rote Spuren, die von Tränen verursacht worden waren, zogen sich von meinen Augenwinkeln angefangen über das gesamte Gesicht. Dazu kam noch der Fakt, dass meine Augen sich nicht nur wie Tomaten anfühlten, sondern auch so aussahen. Schockiert und verstört zugleich wandte ich den Blick wieder ab und schüttelte mich einmal kräftig. Das passierte also, wenn ich einmal richtig weinte.

»Na dann freut es mich, wenn ihr zwei so einen schönen Abend im Kino hattet.«

Weiterhin verstört von meinem eigenen Spiegelbild beobachtete ich, wie mein Vater sich erhob und seine Unterlagen und Bücher aufsammelte, die auf dem kleinen Beistelltisch neben dem Sessel abgestellt worden waren.

»Wenn ihr wollt, könnt ihr euch noch was zu essen machen. Rosie hat euch für den Notfall ein paar Sachen hingestellt.«

Mit einem müden Lächeln auf den bereits gealterten Zügen, nickte mein Vater Liam kurz zu, bevor er an uns vorbeiging und sich auf den Weg in sein Schlafzimmer machte. Liams gemurmeltes »Danke, Sir« sowie mein gerufenes »Gute Nacht, Dad«, schien er nicht mehr gehört zu haben. Zur Sicherheit wartete ich noch solange bis ich hörte, wie die Tür in einem Stockwerk über uns ins Schloss fiel. Dann drehte ich mich zu Liam um, der sich gerade in die Richtung der Küche zubewegte.

»Was hast du ihm erzählt, wo ich oder besser gesagt wir sind?«

Stirnrunzelnd holte ich den entstandenen Abstand zwischen uns wieder auf und folgte ihm in die Küche. Da ich noch das Essen von McDonalds in meiner Tasche hatte, dachte ich nicht daran, etwas von Rosies gemachtem Essen zu mir zu nehmen. Schließlich war ich mir ziemlich sicher, dass sie irgendetwas, worauf ich allergisch reagierte, rein gemischt hatte, sodass sie endlich ihre Ruhe vor mir haben würde. Schnell konzentrierte ich mich wieder auf Liam - der inzwischen das Licht in der Küche angemacht hatte und sich nach dem Essen umsah - und stellte die McDonalds Tüte auf den kleinen Tisch ab. Dann ließ ich mich auf den dazugehörigen Stuhl nieder wartete ab. Nachdem ich nach ein paar Minuten immer noch keine Antwort erhalten hatte, beschloss ich einfach sie zu wiederholen.

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