Es waren genau drei paar Wochen vergangen, seitdem ich meine erste Erfahrung mit dem schießen einer Pistole gemacht hatte. Die Begeisterung, die ich für dieses außergewöhnliches Hobby entwickelt hatte, schien nicht mehr verschwinden zu wollen, doch natürlich hatte Liam mich danach wieder regelmäßig und völlig erbarmungslos zu meinem Privatlehrer gebracht und sich weiter an die Regeln meines Vaters gehalten. Es war nicht zu übersehen gewesen, dass ich enttäuscht darüber war, allerdings verstand und respektierte ich es, dass er es bei dieser einmaligen Stunde belassen hatte.
So kam es nun, dass ich an einem Freitagnachmittag bei einer unglaublichen Hitze in meinem Zimmer hockte und mich mit überflüssigen Hausaufgaben beschäftigte. Natürlich war mir klar, dass die Aufgaben - die ich aus reiner Langeweile machte - ohnehin niemand kontrollieren würde und trotzdem machte ich sie. Was würde es mir schließlich bringen, wenn sich die Lage etwas entspannen, ich wieder auf eine High School gehen und so gut wie nichts wissen würde? Außer, dass ich mich selbst sowie Niall total blamieren würde, nichts. Ich vollführte innerlich schon beinahe Luftsprünge, als Liam anklopfte und mich somit unwissend aus meiner persönlichen Hölle befreite.
»Komme ich gerade unpassend?«
fragte er vorsichtshalber und lugte einmal um die Tür herum. Erleichtert stülpte ich den Deckel über die Feder meines Füllers und schüttelte währenddessen den Kopf. Schnell verdeckte ich die bereits erledigten Hausaufgaben mit anderen Blättern, sodass er nicht auf die Idee kam, mich wieder in Ruhe zu lassen. Seit dem Tag, wo er mich zu dem Schießstand genommen hatte, war unsere Freundschaft - soweit man es inzwischen so nennen konnte - etwas auseinandergebröckelt, da er mich größtenteils in Ruhe gelassen hatte, weswegen mich sein unerwarteter Besuch nur noch mehr begeisterte.
»Du störst nicht, komm rein.«
antwortete ich mit einem Tick zu viel Enthusiasmus in der Stimme und wirbelte mit dem Stuhl herum, sodass ich ihn vollkommen in den Augenschein nehmen konnte. Es war nicht das erste Mal, dass es sich bemerkbar machte, wie gut Liam eigentlich aussah. Das weiße Hemd sowie die schwarze Krawatte, die er meistens dazu trug, schmeichelten ihm sehr. Dazu kam noch, dass er einfach etwas an sich hatte, das ihn anziehend auf mich und andere wirken ließ. Ich schätzte, dass es sein Charakter war, welcher ihm dazu half, einmalig zu erscheinen. Durch ihn vergaß ich es immer wieder aufs Neue, dass ich immer noch ein Hühnchen mit Niall zu rupfen hatte.
»Was ist los?«
Lächelnd strich ich mir durch die Haare und sah dabei zu, wie Liam sich auf mein frischgemachtes Bett niederließ. Von Zeit zu Zeit war er sicherer geworden, was den Umgang mit mir betraf und ehrlich gesagt machte es mich total froh. Kaum hatte er sich hingesetzt, stützte er sich mit den Armen nach hinten und fing an zu reden.
»Ich habe gerade mit deinem Vater geredet.«
begann er mit einem äußerst ernsten Unterton in der Stimme und blickte mich ernst an. Schlagartig wurde mir schlecht. Was hatten sie miteinander besprochen? Doch nicht etwa, dass ich mich nicht angemessen benahm oder wenn nicht sogar noch schlimmeres? Die todernste Miene meines Gegenübers brachte unzählige Fragen auf einmal in mir auf. Nachdem Liam mich für ein oder zwei Minuten stumm gemustert hatte, fing er endlich wieder an zu sprechen.
»Und ich habe ihm berichtet, dass sich die ganze Situation etwas entspannt hat und ihm den Vorschlag gemacht, dass du ab demnächst eine High School besuchen darfst.«
Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, hatte er meine volle Aufmerksamkeit für sich gewonnen. Kerzengerade schoss ich in eine aufrechte Position und starrte ihn fassungslos an. Er hatte was gemacht?
»W-Was hat er gesagt?«
stotterte ich weiterhin sprachlos und dachte nicht auch nur eine Sekunde daran, ihn aus den Augen zu lassen. Dem Anschein nach konnte Liam mir die Aufregung förmlich vom Gesicht ablesen, denn keine Sekunde später breitete sich ein warmes Lächeln auf den bis zu diesem Moment noch angespannten Zügen aus.
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Bodyguard
Fanfiction»Liam, was machst du da?« Meine Stimme war so leise, das er sie überhörte. Verwirrt sah ich zu, wie der großgebaute Junge vor mir eine kleine schwarze Reisetasche auf das Bett warf und die Türen meines Kleiderschrankes aufriss. Wahllos griff er ei...