Cara

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Cara war zu beschäftigt mit dem Auspacken der Sahnetrüffel, um zu bemerken, wieso Talea plötzlich reglos in der Schlange stand. Sie war in letzter Zeit ohnehin etwas seltsam drauf, viel gestresster und verkrampfter als Cara es von ihr kannte. Erst als sie sich zum Ausgang bewegte und Talea ihr nicht folgte, ließ sie von der Packung Sahnetrüffel ab, und lief wieder zum Anfang der Warteschlange.

»Ich glaube du solltest dich mal langsam vom Fleck bewegen, hier warten auch noch andere Leute ungeduldig auf-« Caras Stimme klang ab, als sie erkannte welche Person die ganze Zeit über hinter ihnen gestanden hatte. Dieser jemand hatte soeben ihre Anwesenheit bemerkt, und schaute sie nun fragend mit seinen ansehnlichen, tiefgrünen Augen an. Eine Farbe, die an das satte Blattgrün frisch erwachter Bäume im Frühling erinnerte. Hell strahlend und doch unergründbar.

Für einen kleinen Moment war auch Cara sprachlos, doch im Gegensatz zu Talea fand sie schnell ihre Fassung wieder und flötete mit einer freudig erregten Stimme: »Liam, welch eine Überraschung dich hier zu treffen, wie klein die Welt doch ist.« Sie warf Liam einen hinreißenden Augenaufschlag zu, ehe sie mit einer schnellen Bewegung die bewegungslose Talea aus der Schlange zog. Hinter ihnen hatten bereits einige Personen angefangen sich über das langsame Arbeitstempo zu beschweren und auch Frau Pearl schaute etwas verwirrt drein.

Liam sah Cara ausdruckslos dabei zu, und bewegte sich dann zum Tresen. Während er seine Bestellung aufgab, versuchte Cara Talea aus ihrer Schockstarre zu befreien, was ihr schließlich nach einigen Rüttelattaken gelang.

»Lass und schnell verschwinden, der hat bestimmt alles mitgehört«, wisperte Talea leise und klang dabei leicht panisch und sichtlich beschämt.

»Ich will aber noch mit ihm reden«, erwiderte Cara und spähte zu Liam rüber. »Das ist doch die Gelegenheit!«

»Ich aber nicht. Und du wirst noch genügende Gelegenheiten in der Schule haben«, versuchte Talea Cara zu überreden und machte einen Schritt Richtung Ausgang. Mit einem genervten Stöhnen packte Cara sie am Ärmel, und zog sie trotz sturer Gegenwehr wieder in die alte Position. Wenn Cara einmal ihr Zielobjekt der Begierde im Visier hatte, ließ sie sich durch nichts aus der Ruhe bringen.

»Du machst dir viel zu viel Sorgen«, sagte sie in einem beruhigenden Ton, während Talea sie grimmig anblickte »Ich wette mit dir, dass er nichts von unserem Gespräch mitbekommen hat.«

»Doch habe ich«, rief Liam in dem Moment und Talea sah aus, als würde sie im nächsten Augenblick lichterloh in Flammen aufgehen, so viel Röte hatte sich in ihrem Gesicht breit gemacht. Da schien auch Caras entschuldigender Blick nicht viel zu helfen.

Lässig schlenderte Liam mit einer Tüte in der rechten Hand auf die Mädchen zu.

»Und ich kann euch versichern, dass ich bisher weder im Museum, noch in einer Frauenzeitschrift war und darauf auch nicht wirklich scharf bin«, sagte er, weiterhin ohne jegliche Gefühlsregung in seiner Miene.

»Ehm nein, das war auch nicht so gemeint, es war nur...«, setzte Talea an, beendete ihren Satz jedoch nicht und fummelte stattdessen nervös an den Knöpfen ihres Mantels herum.

Cara, die nach ihren Liebesbekundungen immer noch ziemlich gelassen wirkte, versuchte auf einen galanten Weg die angespannte Atmosphäre zu lockern.

»Na welch ein Glück, dann bleibst du uns in der Schule noch etwas länger erhalten.« Mit einem gespielten Lachen klopfte sie Liam auf die Schulter, der sich daraufhin augenblicklich einen Schritt von ihr distanzierte. Versuch Nummer eins war offensichtlich kläglich gescheitert. Bei Cara hinterließ seine Reaktion jedoch keinen allzu großen Effekt, denn das Leben hatte ihr schon früh beigebracht komplizierten Personen mit Selbstbewusstsein entgegen zu treten. Auf einen anderen Weg konnte man sich heutzutage nicht mehr behaupten.

Seelenjagd | #IceSplinters18| #bookawardflWo Geschichten leben. Entdecke jetzt