Kapitel 2.4

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"Alle Mann zum Anker richten!", brüllte eine Fremde Stimme. Voller Freude sog ich den fremden und dennoch mit neu erfüllten Duft ein.

 Das Festland. 

Endlich bin ich angekommen!  Ungeduldig wartete ich darauf, dass die Seemänner die Schranken öffneten. Ich bewegte mich mit dem gewaltigem Strom von Menschen und stolperte fast über den Steinboden. Mein Gleichgewicht geriet ins Schwanken und ließ mich ein paar Sekunden regungslos da stehen, bis mich eine neue Welle von Adrenalin überkam. 

Ich war da! 

Endlich, war ich weg! 

Ich bin endlich frei!

Leise jubelnd hüpfte ich auf der Stelle und lobte mich selbst für meine Geschicklichkeit, meiner alten, unausstehlichen und langweiligen Welt entkommen zu sein. Augenpaare richteten sich auf mich, weshalb ich sofort verstummte, meine Augen unter meinem Hut versteckte und meine Tasche an der Brust mit beiden Händen festumklammerte. Ich musste mich ernsthaft beruhigen und so wenig Aufmerksamkeit wie möglich auf mich lenken. Es war das aller erste Mal, dass ich in einer anderen Stadt war, in einer anderen Gegend. Hier kannte ich niemanden und niemand kannte mich. Ich konnte von neuem anfangen. Freunde finden und um die Welt reisen. Nur bei dem bloßem Gedanken, fing ich wieder an vor Glückseligkeit zu seufzen. Nein, beruhig dich! Ich schaute mich um. Riesige und kleine Schiffe nahmen den Platz am Hafen ein und versperrten die halbe Sicht aufs offene Meer. Gegenüber waren kleiner hölzenere Stände aneinander gereiht, die Lebensmittel, Schmuck und etlich andere Dinge verkauften. Der Hafen ersteckte sich gewaltig links und rechts entlang, sodass ich die Enden nicht sehen konnte.  In der Mitte von den Ständen mündete ein riesiger Weg, der bergauf führte. Die Häuser standen überlappend und nur mit Mühe konnten man hinter ihnen nordöstlich die Umrisse der Berge sehen. Westlich vom Berg stand ein überragendes Schloss, das man nun wirklich nicht übersehen konnte. Die Häuser waren bunt bestrichen und überall wimmelte es nur so von Menschen. Staunend betrachtete ich die Umgebung. So viel Leben lag in dieser Stadt, wie ich es noch nie zuvor gespürt hatte.  Ich fühlte mich wie in einer anderen Welt. Diese neue Stadt war einfach atemberaubend. Ich kam mir so fremd vor  zwischen allen diesen Menschen, aber dennoch auch belebend.

Mit einem Grinsen auf dem Gesicht machte ich mich auf dem Weg, um die Innenstadt zu betrachten. Ich war so davon besessen wegzulaufen, dass ich nicht beachtet habe, dass es doch auch nach meiner Flucht irgendeinen Plan, eine Agenda bestehen sollte.  Ich dachte und dachte, aber so auf die schnelle viel mir echt nichts ein. Was hatte ich vor? Was wollte ich denn erreichen? Also beschloss ich mich aufs erste dafür einen Unterschlupf zu finden. Wie es danach ausgegehen würde würde ich dann sehen. Aber zuerst musste ich mir die Stadt anschauen. Ich brannte förmlich danach neues zu entdecken.

An den Ständen entlang erblickte ich staunend die Waren. So viele Sachen, die ich nicht kannte und so viele Menschen!  Ich ging den Weg weiter und starrte wie ein Geier auf die bunten Häuser und den glücklichen Gesichtern einiger Menschen hier. 

Es war Abend als ich ein Wirtshaus betrat. Es war sehr groß, üppig und mündete an einer großen Straße. Es war weiß bestrichen  mit Blumen hier und dort. Die Fenster waren sehr hoch positioniert und das Schimmern von Licht  konnte in einigen davon entdeckt werden. Vor mir war eine riesige, dunkelbraune Holztür mit dem Namen des Wirtshauses eingraviert. Ich drückte am kühlen Metallhebel und betrat die Gaststätte. In der Mitte des Raumes war eine kleine Rezeption, links und rechts davon Wendetreppen.  Die Halle war schlicht gehalten. Gegenüber den Wendeltreppen befand sich eine Tür, hinter welcher Geräusche aushallten. Ich begab mich zur Rezeption. Ein alter Mann, der gerade irgendwas kritzelte, strahlte, nachdem er meine Kleidung und mich musterte. "Was kann ich für den Herrn tun?"

"Eine Nacht, bitte", murmelte ich. Der Mann lächelte immer noch. "Sehr gern. Das wären 10 Silbermünzen." Warte mal, was? Fassungslos sah ich ihn mit offendem Mund an. 10 Silbermünzen? Ich schluckte. Bevor ich irgendwie was sagen konnte, hob der Mann die Hand. "Inklusive Bad und Abendessen."Ich schloss den Mund, versuchte mich zu sammeln. Was hatte Vater doch immer gesagt? Zeige bei einem Geschäft keine verräterischen Emotioen. Aber für 10 Silbermünzen war das doch irgendwie angebracht, oder? Was erwartete ich denn? Ich sollte doch wohl bedenken, dass ich noch in einem Wirtshaus übernachtet habe. Vielleicht war der Preis sehr angemessen? Innerlich schämte ich mich jedoch ein wenig. Auch wenn ich vielleicht verhandeln konnte, nahm mich mein Vater nie irgendwo mit, weshalb ich nichts daürber wusste. Dieses Gebiet war für mich vollkommen neu. Ich nickte und überreichte die Münzen. Der Mann nickte erfreut und gab mir einen Schlüssel. "Die Treppe hoch links, die dritte Tür. Das Bad ist am Ende des Ganges." Ich bedankte mich stumm und ging hoch auf meinem Zimmer. Ich war übberrascht, als ich das gemütlich dekorierte Zimmer sah.  Das Bett war auf der rechten Seite, ein kleiner Tisch und ein Stuhl auf der linken. Ein kleines Fenster ließ das Mondlicht auf den mit einem Teppich besetztem Boden scheinen. Ohne auch nur meine Schuhe auszuziehen warf ich mich aufs Bett. Es war so kuschelig und weich! Mein Rücken bog sich ganz durch und entspannte sich sofort. Das Schiff hatte es meinem Körper auch nicht leicht gemacht. Ich drehte mich auf den Bauch, hob die Beine und entleerte meinen Lederbeutel. Mit aller Ruhe  zählte ich mein Geld ab. Fünfundfünzig Goldmünzen, sechundsiebzig Goldmünzen, hundert, hundertzehn, hundert dreißig- hundertfünzig Goldmünzen. Zufrieden betrachtete ich meine Summe. Ich hatte noch genug für die nächsten Wochen. Das hieß aber nicht, dass ich mein ganzes Leben damit auskommen würde. Ich musste mir morgen schon irgendwas einfallen lassen, um Geld zu finden. Weil das Festland so nahe an meiner Heimat war, wusste ich, dass ich hier leider nicht länger bleiben konnte. Spätestens nach drei Tagen musste ich schon wieder verschwinden. Meine Mutter war unberechenbar. Sie würde mich suchen kommen oder suchen lassen. Da war ich mir sicher. Sie musste aber bedenken, dass ich auch unberechenbar war. Das hieß aber auch ich musste diese schöne Stadt pünktlich verlassen. Für einen kurzen Augenblick kam mein Kummer, doch ich riss mich zusammen und verließ meinen Raum, um was zu essen. Ich kam an Festern im Flur vorbei und ließ den Außblick auf den Sonnenuntergang auf mich ergehen. Diese Stadt hat mich so schnell verzaubert. Aber sie war nicht sicher. Ich war hier nicht sicher. Deswegen sollte ich so schnell wie möglich fort. Es musste sein. Daran konnte ich nichts ändern.

Ich öffnete die Tür, als der Duft von Rindfleich und gebackenem Brot mir das Wasser aus dem Mund fallen ließ. Ich roch dazu eine Mischung aus Bier und Alkohol.  Ich ging die Treppen runter und suchte mir einen Platz. Es dauerte nicht lange und eine große, üppige Frau blieb an meinem Tisch stehen. Sie trug ein blaues Kleid mit einer Schürze. Ihre Busen quillten aus dem Dekolleté raus und zogen so einge Blicke auf sich. Ihre blonden Haare waren hochgesteckt und ein paar Strähnchen fielen ihr ins Gesicht. Erwartungsvoll sah sie mich an. "Was darfs sein, Hübscher?" Unsicher sah ich mich um. Überall war Fleisch und Gemüse zu sehen. Was sollte ich essen? was gab es denn hier zu essen?  "Wie wärs mit einem Kartoffel Gemetzel?  Nur zu empfehlen." Ich nickte kurz. "Was zu trinken dabei?"

 "Wasser ", krächzte ich aus, weil die Frau mich verunsicherte. Ich glaub, dass lag an ihrer ungewöhnlichen offenen Ausstrahlung oder ihren echt großen Busen. "Nicht so schüchtern, Süßer. Jungs wie dich verschling ich gerne als Nachspeise." Sie zwinkerte mir zu und ließ mich mit offenem Mund zurück. Okay...äh.. wow?

Nach fünf Minuten kam sie mit einnem gwaltigem Teller voller Kartoffeln, Fleisch und Gemüse, die in eine weißen Soße schwammen zurück .  Jetzt verstand ich, wieso es "Gemetzel" hieß. "Lass es dir schmecken", gab sie von sich und beugte sich sehr weit vor. Je näher sie rankam desto mehr wich ich zurück.  Sie öffnete ihre Lippen, um was zusagen als sie ein Klaps von hinten bekam. "Isabelle, noch mehr Bier!" Sie verdreht die Augen und schenkte dem Mann großzügig was ein. Ich war schon wieder vergessen, denn sie bachtete mich den ganzen Abdend lang nicht mehr. Das konnte mir nur recht sein. Je weniger sie mir auf die Pelle rückte, desto mehr konnte ich mich entspannen. Es wurde langsam immer ruhiger und ruhiger, bis nur noch  ein paar anderen Männern  mit mit eingeschlossen übrig blieben. ich merkte, dass Isabelle mich beäugte  und dann in meine Richtung kam. Mit einem Lappen in der Hand setzte sie sich neben mich und ich blickte auf.

 "Also..", fing sie an, "Was macht ein kleines  Mädchen in einem Wirtshaus?" Der Löffel fiel mir förmlich aus der Hand und Isabelle grinste mich an. Mist, ich war aufgeflogen.



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⏰ Letzte Aktualisierung: May 03, 2019 ⏰

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