Magie - Wolf's Eyes

Kapitel 53: Schlechte Neuigkeiten - Part 1

Nachdem ich zusammen mit Rose Jessie am nächsten Morgen am Portal zurück ins nichtmagische London verabschiedet hatte, kehrten wir durch die stille, verschlafene Stadt wieder zur Academy zurück. Jessie hatte Alenta verständlicherweise gar nicht verlassen wollen, aber schließlich hatten wir sie überzeugen können, dass es besser so war. Wenn sie nämlich unerlaubt blieb, konnte es unangenehme Konsequenzen haben.

„Ich frage mich, ob bei der Ratsversammlung mittlerweile irgendetwas rausgekommen ist", murmelte Rose gedankenverloren. „Ein Bekannter von meinem Dad hatte ihm erzählt, dass es offenbar ziemlich viel Streit gab."

Die Ratsversammlung. Mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Ich hatte diese Tatsache in den letzten vierundzwanzig Stunden erfolgreich verdrängen können, aber nun kam wieder die stille Angst in mir auf, die mich die letzten Tage begleitet hatte. Was hatte der Rat entschieden? Was würde er tun? Wie mit mir und Felicie verfahren?

„Das werden wir noch früh genug herausfinden", murmelte ich finster.

Als Felicie mich aber eine halbe Stunde zu einem dringenden Gespräch zu sich aufs Büro rief, wünschte ich insgeheim, ich hätte das nicht gesagt. Die Ratsversammlung hatte nun drei Tage angedauert, und mir graute schon vor dem, was ich gleich unweigerlich von ihr erfahren würde.

Da schlechte Gefühl verstärkte sich gleich noch, als ich schon vor ihrer Tür laute Stimmen hörte. Ich wurde zögernd langsamer.

„James", hörte ich Felicie sagen, „James, bitte, hör auf!"

„Wenn du gehst, dann gehe ich auch!", hörte ich die tiefe Stimme von James erbost sagen. „Wie können sie es wagen!" Ich erstarrte und konnte nicht glauben, was ich da hörte. Das musste ein Missverständnis sein. Felicie würde doch nicht gehen, oder?

„Nein, James, du gehst nicht. Es muss jemand hierbleiben. Du musst Jane unterrichten. Auf das Schwert achtgeben. Ich kann das nicht alles in Thomas' und Nathans Hände legen..."

Ich fasste all meinen Mut und klopfte an. Es kam mir nicht richtig vor, sie weiter zu belauschen, und ich wollte sie lieber fragen, wenn ich ihr gegenüberstand.

Es herrschte für einen Moment Stille, ehe die Tür aufschwang und ich Felicies warme Stimme hörte. „Jane, komm rein."

Auf dem ersten Blick sah alles normal aus, außer dass Felicie sich offenbar gerade von James abgewandt hatte. Mein Lehrer stand mit finsterem Gesicht mitten im Raum. Er sah aus, als hätte er tagelang kein Auge zugemacht. Dunkle Ringe lagen unter seinen verwirrend hellblauen Augen und der Mantel, den er trug, war unordentlich und an einigen Stellen eingerissen. Seine hohen Stiefel, die er schon in Manchester getragen haben, waren schlammverkrustet, als hätte er sich durch eine wilde Landschaft gekämpft. Wo zur Hölle war er gewesen?

Aber noch etwas stimmte offenbar nicht. Einige der gemütlichen Sessel, die sonst immer herumstanden, waren verschwunden. Felicies Bücherregale waren leergeräumt, die persönlichen Gegenstände vom Schreibtisch verschwunden. Ich konnte es nicht fassen. Sie würde tatsächlich gehen. Warum? Wer würde die Schule leiten? Eins war klar - Felicie würde nie freiwillig ihre Stelle einfach so verlassen. Sie liebte diesen Job. 

„Ich wollte dich sprechen, weil die Ratsversammlung zu einem Ergebnis gekommen ist", sagte Felicie und sprach ganz normal, als wäre sie nicht im Begriff, dieses Zimmer zu verlassen. Ich starrte sie stumm an und konnte nicht glauben, dass sie so ... normal... bleiben konnte. Als wäre das nichts weiter als ein Punkt ihrer Tagesordnung. Natürlich musste sie innerlich aufgewühlt sein. Manchmal hätte ich es echt lieber, wenn die Magier ihre ständigen Masken fallen lassen würden und mir zeigen würden, was sie wirklich fühlten. Aber in einer Welt, in der jeder zu jedem Zeitpunkt die Gefühle und Gedanken eines anderen aus den Augen ablesen konnten, war das gefährlich. Irgendwie spielte sich alles bei den Magiern auf einer anderen Ebene ab. Verdammt, ich war ja schon selbst dazu übergegangen, jeden genau zu beobachten, um dessen Gefühle abzulesen. Ohne dass ich es richtig mitbekommen hatte.