Kapitel 11: Eine schwerwiegende Entscheidung

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Am Tag meiner Entscheidung wachte ich mit einer Endgültigkeit auf früh morgens auf, die es mir unmöglich machte, wieder einzuschlafen. Ich wusste, dass dieser Tag mein weiteres Leben bestimmen würde. Meine Entscheidung stand fest. Vielleicht stand sie schon fest, seit ich die Stadt zum ersten Mal betreten hatte. Nichts von alldem, was ich gesehen oder gehört hatte, hatte mich davon abbringen können. Im Gegenteil, es hatte mich in meiner Entscheidung nur weiter bestärkt. Ich wusste, was ich zu tun hatte. Warum also war ich so angespannt?

Ich stieg aus dem Bett und sah mich in dem Zimmer um, welches mir in den letzten zwei Wochen vertraut geworden war. Ich würde hier einziehen. Ash sagte, es sei so gut wie sicher, dass sie meine Patin werden würde, und ich war froh darüber. So konnte ich hier wohnen bleiben und Ash war mir wirklich ans Herz gewachsen.

Was mich traurig machte, war die Trennung von meiner Familie. Ich würde sie besuchen können, natürlich, aber nur sonntags. Ich würde nicht wirklich für meine Geschwister da sein können. Und Mum und Dad werden nicht wirklich wissen, was ich in der magischen Welt trieb.

Aber trotzdem hatte ich mich einfach nicht gegen meine Magie entscheiden können. Nicht, nachdem ich die immense Macht gespürt hatte, und nachdem ich den Ruf dieser magischen Welt gehört hatte. Ab heute würde ich eine von ihnen sein.

Ich ging hinunter. Zu meiner Überraschung war Ash schon wach und strahlte, als sie mich sah. „Wie geht es dir?"

„Gut", sagte ich ein wenig tonlos. Trotz meiner Entschlossenheit fühlte ich mich ein wenig schwach auf den Beinen, einfach, weil mir die Bedeutung meiner Entscheidung vollauf bewusst war.

Sie schob mir mein Frühstück hin. „Ich weiß, wie schwierig die Entscheidung für dich sein muss, Jane", sagte sie sanft. „Aber ich muss dir sagen, wie froh ich bin, dass du bleibst. Du bist für diese Welt wie geschaffen."

„Danke", murmelte ich und würgte ein paar Bissen Toast in mich hinein. „Wie geht es dann eigentlich weiter?", fragte ich sie.

„Im Juni beginnen die Aufnahmeprüfungen. Du solltest schauen, wo du dich bewirbst."

„Ich würde es gerne mit Fairchild probieren", sagte ich zögernd und Ashleys Strahlen wurde noch breiter. „Eine gute Idee, aber du solltest vorsichtshalber auch ein paar andere Schulen auf deiner Liste haben. Die Montgomery-School ist ebenfalls nicht schlecht und kommt noch am ehesten an Fairchild heran. Und sie ist ebenfalls in Alenta."

„Das ist gut. Ich will nicht unbedingt in eine andere Stadt." Es gab nicht nur die magische Insel Antarya mit ihren drei größeren Städten, sondern weitere Gebiete mit Magierstädten. Ein Tal in den Rocky Mountains. Ein Gebiet in den sibirischen Steppen, und noch mehrere Städte in den Einöden auf dem australischen Kontinent. Ash hatte mir versprochen, dass wir sie alle mit dem Portal bereisen würden. Aber ich glaubte nicht, dass mir irgendein Gebiet so sehr ans Herz wachsen würde wie die Hauptstadt mit ihren Bergen und dem Meer vor der Haustür.

Später machten wir uns auf den Weg. Der Himmel war grau bewölkt und immer wieder peitschten uns Sturmböen vom Meer entgegen. Ashley plauderte gut gelaunt mit mir, aber ich war ein wenig schweigsam, weil ich verdammt aufgeregt war. Warum eigentlich? Vielleicht spürte ich die Bedeutung dieses einen Augenblicks.

Diese Entscheidung war nicht rückgängig zu machen.

Ich würde es bereuen, von meiner Familie, von meinen Freunden getrennt zu leben. Aber ich wusste, dass ich noch viel mehr bereuen würde, wenn ich mich gegen meine Magie entschied. Die schier unendliche Anzahl an Möglichkeiten, die sich in dieser Welt boten, konnte ich nicht ablehnen. Ich hatte in diesen zwei Wochen nur einen klitzekleinen Einblick bekommen, und selbst dieser Einblick reichte mir.

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