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,,Warum wolltest du nicht mitfahren? " reißt mich eine Stimme aus den Gedanken. Einer der Typen aus dem Café. Ich antwortete nicht. Ich habe Angst. Zu viel Angst. Ich fange leicht an zu zittern. ,,Du redest wohl nicht gerne was?" fragt er, dessen Namen ich noch nicht weiß. Ich war immer noch skeptisch. Vielleicht war es nur eine Masche um mich zum Mitfahren zu kriegen. Ich nickte leicht ängstlich, um seine Frage zu beantworten. ,,Du, ist nicht schlimm... Sag mal, ist dir kalt? Magst du vielleicht meine Jacke?" ohne auf eine Antwort von mir zu warten, zieht er seine Jacke aus und legt sie mir über die Schultern. Ich fühle mich geborgen und doch frei. Vielleicht will er wirklich nichts Böses. Nein Larissa, schlag dir das aus dem Kopf. Du wirst wieder klein und naiv. Meine innere Stimme hat Recht. Ich werde wieder naiv und gutgläubig. Diese Gutgläubigkeit hat mich schon oft verletzt. Zu oft. Ich schaue zögernd zu ihm hoch. Seine eisblauen Augen liegen auf dem Wasser. Sie leuchten im Dunkeln leicht. Er schaut mich an und lächelt leicht. Ich schaue weg und werde rot. Ein Klingeln reißt mich aus den Gedanken. Ich nehme ab und sofort höre ich die wütende Stimme meines 'Vaters' die mir ins Ohr schreit. Ich sehe ihn nicht als meinen Vater, eher als meinen Erzeuger, bei dem ich wohne, nichts weiter. ,, WO VERDAMMT NOCHMAL BIST DU?" fragt er. Ich ahne schon, was gleich auf mich zukommt. Er ist sauer und das wird böse enden. ,,G-gleich zu z-zuhause." antworte ich leise. Sofort legt er auf. Ich springe auf und laufe schnell in Richtung 'zuhause'. Ich hatte mich dort noch nie geborgen oder gar wohl gefühlt, es war mir immer schon fremd gewesen, genauso wie die Menschen dort. Eigentlich könnte ich ausziehen, doch meine Angst ist zu groß vor den Konsequenzen, die es mit sich tragen würde. Ich stehe nun vor meiner Haustüre und versuche so leise wie möglich den Schlüssel hinein zu stecken und die Tür zu öffnen. ,,Da bist du ja!" ruft mein 'Vater' erfreut. Er kommt auf mich zu und klatscht mir eine. Eigentlich bin ich stark. Eigentlich tut es nicht weh. Eigentlich würde ich nicht immer weinen. Aber eigentlich wünsche ich in diesem Moment nie geboren worden zu sein. Vielleicht müsste ich diesen Schmerz und diese Erniedrigung nicht ertragen und vielleicht wäre mein Leben anders verlaufen. Wäre ich bloß nie geboren worden. Ich laufe wieder durch die Gassen zu dem Café. Meine Kapuze weit ins Gesicht gezogen und mit, vor Schmerz verzogenem Gesicht, einen Arm um meinen Bauch geschlungen. Mein Unterleib schmerzt tierisch. Die Jacke, von dem Typen, dessen Namen ich immer noch nicht weiß, habe ich mit mir. Ich habe gestern vergessen, sie abzulegen und wieder zu geben. Die Tür zum Café drücke ich schwungvoll auf und trete an die Theke. ,,Das übliche?" fragt die Kellnerin. Ich nicke. Die Praktikantin von gestern schien nicht da zu sein. Ich zucke mit den Schultern und setze mich an den gleichen Platz wie gestern. Einen Tisch weiter unterhalten sich zwei, sehr stark geschminkte, Mädchen. Ich wette sie sehe ohne Tonnen Make-up viel besser aus. Aber mich fragt ja niemand. Sie sind wahrscheinlich beide Verfallene des Systems, unserer Gesellschaft, unserem Albtraum. ,,Bitteschön" die Kellnerin stellt einen Eiskaffee auf den Tisch und verschwindet wieder. Ich nehme einen Schluck des Getränks. Ich merke, wie es mir den Rachen hinunter in den Bauch läuft. Ich trinke jeden Tag Eiskaffee. Denn jeden Tag sitze ich hier, beobachte die Menschen, die ein und aus gehen. Die Menschen, die bedienen und die Menschen, die sich im Hinterhof herumtreiben. Denn das Schönste was es gibt, ist es, Menschen zu beobachten, ohne, dass sie es wissen.

Systems ~ Jeder Ist Ein Teil Des GanzenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt