Kapitel 9

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Das Haus war wirklich hübsch. Die Fassade war in einem tiefen Orange getaucht, welches mich an einen Sonnenuntergang erinnerte, während die Türen und die Rahmen der Fenster tannengrün gestrichen waren. Es lag etwas abseits der Stadt, aber das gefiel mir vermutlich besonders. Pinien umgaben das Haus und wirkten, wie eine Mauer, die uns Schutz bot. Schutz vor der Grausamkeit der Realität. Mein Blick schweifte zum Wald. Er war nicht weit entfernt, nur eine karge Landschaft lag zwischen uns und unserer einzigsten Hoffnung leben zu können. Die alten Laternen waren erleuchtet, aber spendeten gleichzeitig kaum Licht. Es wirkte alles irgendwo heruntergekommen. Trotzdem gefiel es mir. Vermutlich weil ich das irgendwo auch war. Heruntergekommen. Ethan schmunzelte, als er das Funkeln in meinen Augen sah. Die Röte kroch meinen Hals hinauf, während er kopfschüttelnd die Tür öffnete. Woher er den Schlüssel hatte wusste ich nicht. Aber es überraschte mich nicht. Unser Rudel war wohlhabend. Mehr als das. Aber das mussten wir auch sein. Es hatte seinen Grund, warum wir seit Jahrhunderten als Mythos galten.

Die Einrichtung war dunkel und in die Jahre gekommen, was nicht zuletzt an dem Holz lag, das überall verarbeitet wurde. Eigendlich das Gegenstück der Fassade. Die Küche lag offen zum Wohnbereich, welcher italienischen Charme versprühte, wenn auch alten. Es gab noch zwei weitere Schlafräume und ein kleines Bad. Die Schlafräume waren klein und wirkten auf den ersten Eindruck vielleicht erdrückend, aber ich fühlte mich wohl.
                            

*

Mein Blick heftete sich an die Decke. Ich fand einfach keinen Schlaf. Irgendwas machte mich nervös, es machte meinen Wolf nervös. Dieser Ort, der eigendlich war, wie jeder andere und doch besonders schien. Besonders, auf die Art mich nur einer faszinierte. Ich schloss meine Augen. Abermals versuchte ich mir die Stimme in Erinnerung zu rufen. Seine Stimme. Aber wie zu oft konnte ich mich einfach nicht erinnern. Es war frustrierend, denn ich wusste wer er war, auch wenn ich sein Gesicht nicht kannte. Ich kannte ihn, ohne ihn jemals begegnet zu sein. Langsam fraß mich dieses Wissen auf. Es machte mich verrückt. Je öfter ich versuchte die Erinnerung zu greifen, desto weiter entfernt schien sie mir. Ich seufzte. War das der Preis den ich zahlen musste, um der wundersamen Nacht zu entkommen? Verrückt zu werden? Kaum einen klaren Gedanken zu fassen, wenn es um ihn ging. Den einen, welchen ich mir schon als kleines Mädchen erträumte. Ihn. Meinen Seelenverwandten. Meinen Mate.

Müde schleiften meine Füße über die zerkratzten Dielen. Ich fühlte mich ausgelaugt. Noch immer nagte diese Anspannung an mir, aber ich versuchte sie zu ignorieren. Ethan stand am Fenster und blickte in den Wald hinaus. Seine Schultern gestrafft und der Rücken durchgebogen. Ich pustete mir eine Strähne aus dem Gesicht. „Bist du bereit?" fragte er mich, während sein Blick über die Schultern den meinen fand. „Nein" Seine Mundwinkel zuckten. „Ich auch nicht" Ich stellte mich neben ihn. Der Wald hatte etwas mysthisches an sich. Ich hoffte inständig, dass dies nicht nur so wirkte. Ich hob den Blick. Er wirkte besorgt. „Du spürst es auch, oder?" Erwartungvoll blickte ich ihn an. Er nahm einen tiefen Atemzug.

„Ja" ich legte den Kopf schief. „Was ist es?" Er schwieg einige Augenblicke. „Wir sind nicht allein" Mir stockte der Atem. „Ein Rudel ist hier" Meine Augen weiteten sich. Das war unser Todesurteil. „Glaubst du sie wissen, dass wir hier sind?"fragte ich zögerlich. Sein Blick wurde grimmiger, meine Hoffnung immer kleiner. „Ich weiß es" Meine Hoffnung lag in Scherben. Meine Lider flatterten. „Warum leben wir noch?"hauchte ich gebrochen. Sein Kiefer mahlte und die Muskeln spannten sich unter seinem Shirt. „Keine Ahnung"

Mate - 'Auf ewig die deine' Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt