Chapter 3

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Mein Wecker riss mich aus meinem schönen Traum. Im Gegensatz zu der Nacht davor, hatte ich jetzt wirklich etwas Schönes geträumt. Kurz darauf kam auch schon mein Dad ins Zimmer und riss die Vorhänge auf, damit ich "seinen" schönen Garten bewundern konnte.

Wohl oder übel musste ich irgendwann sowieso aufstehen, deshalb beschloss ich, es gleich hinter mich zu bringen. Ich tappste zum Kleiderschrank, auf dessen Türen ein großer Spiegel war und zog mir eine kurze Shorts, ein weites,weißes Top und ein Kapuzensweatshirt heraus.

Gleichzeitig mit Luke öffnete ich meine Zimmertür. Wir sahen uns an. Keiner sagte "Guten Morgen". Wir wussten worauf das hinauslaufen würde. Ehe ich bis drei zählen konnte, war er losgesprintet, oder sollte ich eher geflogen sagen? Jedenfalls stand er jetzt vor der Badezimmertür und grinste mich an. Aber nicht mit mir. Ich sprintete nämlich ebenfalls los, wobei ich erwähnen sollte, dass ich irgendwie über meine eigenen Füße gestolpert sein muss, denn in einem Moment war ich hoch in der Luft und im Nächsten lag ich auf dem Boden.

Mein Bruder schloss pfeifend die Tür hinter sich und drehte seine Musik auf. Sympathy for the Devil von the Rolling Stones. Ätzend wenn ein Lied so häufig in Dauerschleife läuft. Jetzt hatte mir diese schlechte Kopie von Bruder doch tatsächlich meinen Morgen verdorben. Warum kann ich keine niedliche, kleine Schwester haben, die mir jeden Tag sagt, wie lieb sie mich hat? Wahrscheinlich das gute, altbekannte Karma. Oder Schicksal. Beide haben etwas gegen mich.

Also ging ich in mein Zimmer, zog mich an, knotete meine Haare zu einem unordentlichen Dutt und schminkte mich dezent. Also im Grunde nur Concealer und Labello.

Und welche Schuhe zieht man an so einem Tag an, wo man eigentlich schon weiß, wie bescheuert er wird? An dem man nicht zu schüchtern und angepasst, aber auch nicht aufgesetzt selbstbewusst wirken will? Richtig! Seine Lieblingssneakers. Also stellte ich meine Stan Smiths und meine schon fertiggepackte Tasche zur Haustür. Ich drehte mich einmal um die eigene Achse und bewunderte die Eingangshalle erneut. Es würde ewig dauern, bis ich mich hieran gewöhnen würde. Nachdem mein skeptischer Blick erneut an dem glatten Marmorboden hängen geblieben war, hörte ich wie oben Musik und Wasser abgestellt wurden und mein Bruder in sein Zimmer schlurfte. Und da heißt es immer, Mädchen würden lange im Bad brauchen.

Als ich gerade dabei war, mein Nutella Toast zu verschlingen, klingelte es an der Tür. "Abby!" Schrie ich und rannte zur Tür, weil ich dachte, dass mich Abby so wie jeden Tag zur Schule abholen würde und wie immer etwas zu pünktlich war.

Voller Euphorie riss ich die Tür auf. Dass es gar nicht Abby sein konnte, die in Philadelphia war, wurde mir spätestens dann bewusst, als ich in ein paar leuchtend grüne Augen blickte.

"Hi, ich bin Jason".

Ein zwei Köpfe größerer, gutaussehender und durchtrainierter Junge stand vor mir. Dann wurden mir zwei Sachen bewusst und ich stellte mir zwei Fragen.

Erstens: Ich habe den Mund voller Nutella und grinse wie ein dämliches Honigkuchenpferd und zweitens: Er sieht seeeehr gut aus. Wobei ich ja schon in der 4. Klasse mit dem arroganten Josh die Erfahrung gemacht habe, dass es auf die inneren Werte ankommt. Die erste Frage, die sich mir stellte war, woher kommt dieser Kerl? Zweitens, Was will er von mir? Drittens: Sehe ich gerade sehr schlimm aus? Viertens: Woher hat der eigentlich meine Adresse? Und so weiter...

Ich stand also vollkommen verdattert im Türrahmen, die Hand lässig an der Tür abgestützt. Ihr könnt euch sicher denken, WIE lässig.

Ok, cool bleiben, Lucia

Sei mutig, mach schon, quengelte eine innere Stimme.

"He..Hey.." brachte ich mutig heraus. Ja klar sehr mutig, so wie immer.

"Woher kommst du?" Fragte ich schließlich. Innerlich hätte ich meine Hand gegen den Kopf klatschen können. Woher kommst du? Wie dumm klang das denn?!

Jason stimmte mir da wohl offensichtlich zu, denn erst lachte er ein warmes, herzhaftes Lachen und dann guckte er mich amüsiert an.

Scheiße, scheiße, scheiße warum bin ich so ungeschickt in sowas?

"Ich meinte eher, warum du hier bist, wo du wohnst, was du wi.."

"Schon klar." Unterbrach er meinen Redefluss.

"Also, ich bin hier, weil ich dich abholen möchte, um zur Schule zu gehen, ich wohne direkt nebenan und ich wollte fragen, ob ich kurz reinkommen dürfte." Er hielt mir seine ölverschmierten Hände vor die Nase.
"Ich hab den Fehler gemacht und vorhin noch an meinem Motorrad rumgeschraubt, um dich damit ganz gentleman-like abzuholen".

Awww, wie süß kann man denn bitte sein?
Vollkommen in Trance sagte ich:"Klar, das Badezimmer ist zweite Tür, links, Herr Nachbar".

Er grinste mich an, zog seine Schuhe aus und verschwand im Bad.

Herr Nachbar? Ernsthaft? Ich donnerte meinen Kopf leicht mehrmals gegen die Wand.

"Wusstest du, dass davon Gehirnzellen absterben können?" Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er aus dem Bad gekommen war.

Diese hellgrauen Nebelschwaden in der Luft machten mir ebenfalls Angst. Was ist mit diesem Haus bloß los?

Bevor ich wieder irgendetwas Dämliches antworten konnte, redete er einfach weiter.

"Schön wohnt ihr hier, total individuell. Ist dein Bruder auch da?"

Aua, mein Gehirn kommt bei diesem schönen Anblick nicht mit.

"Ähh, was?" Woher kannte er bitte meinen Bruder?

Meine Mutter kam in ihrem Seidenmorgenmantel in die Eingangshalle und umarmte Jason herzlich.

Haaach... Warte, umarmte ihn? Was läuft hier eigentlich?

"Mom?" Ich warf ihr einen fragenden Blick zu.

"Ihr kennt euch bereits?" Die Augen meiner Mutter weiteten sich kurz, ehe sie mir antwortete.

"Ja, das ist Jason Nolan ! Wir sind mit seinen Eltern befreundet. Hatte ich vergessen zu erwähnen, dass er dich heute morgen abholen kommen wollte, Schätzchen? "

Mit seinen Eltern befreundet? Seit wann das denn? Ich wechselte einen überraschten Blick mit Jason.

"Ähm ja? Irgendwie schon, Mom."

"Das tut mir leid, also Jason, Lust auf ein Glas Orangensaft mit vielen Eiswürfeln, wie früher?"

"Sehr gerne. Schön, dass Sie sich daran noch erinnern können, Mrs. Parker."

Meine Mutter legte ihm ein Arm um die Schulter. "Sag einfach Amber, sonst fühl ich mich so alt."

Ahahahahaha, Mom du bist ja sooo sympathisch. Vor allem das künstliche Lachen am Ende.

Kurz bevor sie den Raum verließen, rief meine Mutter noch nach meinem Bruder und ließ mich damit vollkommen überfordert zurück.

Wieso hatte ich von Jason noch nie gehört, wenn er doch so "bekannt" in meiner Familie war?

Ich musste unbedingt mehr über diesen Jungen herausfinden. Gesagt, getan. Ich schielte zu seinen Schuhen. Teure Sneakers. Was war bloß los mit mir, dass ich jetzt schon Miss Marple spielte?

Ich folgte den Anderen, zu denen inzwischen auch Luke gestoßen war.

Genau vor meinen Augen passierte es.

"Hey Jason, lange nicht gesehen"

"Hey Bro."

Mit diesen Worten schlugen sie ein und umarmten sich. Also eben diese typische Männer-Umarmung. Komisch dabei war nur, dass bei der Berührung ihrer beiden Körper, silberne Funken und schwarzer Nebel entstanden.

Heute mal 1130 Wörter.
Was haltet ihr von Jason? Ich bin mir bei ihm nicht so ganz sicher...

Dark DifferentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt