Dark Different

Chapter 8

Jason schob mich langsam Richtung Tür und versuchte dabei die Anderen davon abzuhalten, den Notarzt zu rufen. Dennoch war mir klar, dass er das nicht schaffen würde.
Ryder Jackson schwebte in Lebensgefahr, wenn er nicht schon tot war und seine Freunde würden alles dafür tun, um ihn zu retten. Das wurde mir bereits bewusst, als sie sich teilweise schreiend oder weinend, oder einfach panisch um ihn gekniet hatten.

Jason geriet so langsam in Panik und aus irgendeinem Grund hatte ich das Bedürfnis, ihm zuzureden, dass alles gut werden würde und er sich auf mich verlassen konnte.
Er hatte mich verletzt, sowohl physisch als auch psychisch, aber obwohl ich ihn kaum kannte, mochte ich ihn auf Anhieb. Und was macht man in so einem Moment, wie diesem? Richtig, man vergisst für einen kurzen Moment die Vergangenheit und konzentriert sich auf die Gegenwart. Und in der Gegenwart mochte und schätzte ich Jason.

"Hey...Jason, du musst dich beruhigen."
Er schnaubte kurz auf. Höchstwahrscheinlich hatte er sich den ersten Schultag mit mir nicht so kompliziert vorgestellt. "...Ich weiß, das klingt bescheuert, aber es ist wichtig, um eine neutrale Sicht auf die Dinge zu bekommen". Besänftigend legte ich meine Hand auf seinen Oberarm.
"Lia, du verstehst das nicht. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass du Ryder getötet hast. Ich kann dir nicht sagen wie und warum, ehrlich gesagt auch nicht, seit wann du diese Fähigkeiten beherrscht, aber wir müssen Ryder auf unsere Weise helfen."

"Auf unsere Weise? Warum bedeutet er dir eigentlich so viel?"
Es interessierte mich, unabhängig davon, dass man in diesem Fall jeder Person helfen würde, warum ihm Ryder so Wichtig zu sein schien.
"Ryder und ich...Das also..." Er schaute auf seine Hände und tippte unruhig mit der Fußspitze auf den Boden. Ein kleines, zierliches Mädchen kam in den Flur gestürmt und schrie: "Er hat keinen Puls mehr! Seit 5 Minuten... Jason!!! Hilf uns.."
Erschrocken wirbelte ich herum. Seit 5 Minuten? Das Mädchen hatte verheulte Augen und klammerte sich nun an Jasons Arm. Warum war sie so schnell? Sie stand doch eben noch im Türrahmen?!

Bevor ich mir meinen Kopf darüber zerbrechen konnte, erklärte mir Jason, stichwortartig, was zu tun war. Und es klang alles Andere als realistisch.
Ich hatte die einfache Aufgabe zugeteilt bekommen, während Jason die Anderen aus dem Raum führte, meiner Hand einen Schnitt zuzufügen, das Blut zu einem riesigen L auf Ryders Stirn zu tropfen, um danach einen äußerst mysteriösen Satz zu murmeln und anschließend seinen Puls zu bewachen. Ganz normal, nh? Genau, Lucia. Und danach verwandelst du dich in einen Pegasus und fliegst ins Wolkenreich, wie in einem Barbie Film. Tja, meine innere Stimme halt.

Leider blieb mir nichts anderes übrig, als diesem verrückten Plan zu folgen.
Nachdem Jason den Anderen gesagt hatte, dass ich nebenbei eine Sanitäter-Ausbildung machte und wir Ryder helfen würden, hatte ich erstaunlicherweise das Klassenzimmer für mich alleine.
Ich kniete mich neben ihm auf den Boden und legte eine Hand an seine Wange. Warum musste mir so etwas an meinem ersten Schultag hier passieren?

Karma und Schicksal, verachten dich beide erinnerte mich meine innere Stimme und ich krempelte meine Ärmel hoch. Den kleinen silbernen Dolch, den Jason mir gegeben hatte, in der Hand haltend, betrachtete ich meine linke Hand.
Jason glaubte doch nicht ernsthaft, dass das klappen würde?
Da ich Rechtshänder war, würde ein Schnitt an der linken Hand nicht schlimm sein, aber eben auch nicht schön. Ich atmete tief durch.
Was überlege ich eigentlich so lange? Wenn es eine Chance gibt, Ryder zu retten, musste ich sie nutzen.
In diesem Moment war ich so unglaublich wütend auf mich. Wo war meine Hilfsbereitschaft, mein Beschützerinstikt und meine Empathie geblieben?
Ich packte die glänzend polierte Klinge fester und fuhr sie mit mäßigen Druck über meine Handinnenfläche. Was ist, wenn dadurch irgendwelche wichtigen Muskeln, Blutgefäße oder Sehnen verletzt wurden? Klappe.