Chapter 11

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Ich genoss die kühle Luft und klammerte mich an Jasons Oberkörper. Eine Welle der Erleichterung überströmte mich, als wir ohne großes Aufsehen zu erregen, Ryders Motorrad "entführt" hatten.

Jason hatte seither so ein dämliches Grinsen auf den Lippen, was mir so langsam Sorgen machte. Woher er die zwei Motorradhelme so schnell her hatte, fragte ich erst gar nicht. Immerhin war er immer noch ein Verrückter, der mir meinen Unterarm blutig zerfleischt hatte.

Auf dem Motorrad zu reden, war durch den Wind im Prinzip unmöglich, weshalb ich mich auf die vorbeiziehenden Häuser und Felder konzentrierte. Sobald wir die "Innenstadt" verlassen hatten, sorgten warme Sonnenstrahlen, die sonst immer von den hohen Häusern verdeckt wurden und bunte Blumen, für eine traumhafte Atmosphäre.

Wir ließen den Alltag los und entspannten uns, zumindest so weit man sich als Fahrer des Motorrads, wie Jason, entspannen konnte. Durch die benebelnde Sommerluft, nahm keiner von uns den auf uns zu kommenden und Slalom-fahrenden LKW wahr. Als sich mein Blick wieder auf Jason und somit auch auf die Straße richtete, ließ die Angst mein Herz schneller schlagen und mein Verstand mir Kopfschmerzen verursachen. Uns trennten nur noch wenige Meter von dem LKW, welcher nicht vorhaben zu schien, auszuweichen.

Jason reagierte ebenfalls nicht und unter Panik haute ich auf seinen Rücken und damit auf die glatte Lederjacke, die er trug. Während mein einer Arm von dem glatten Material abruschte und sich dadurch mein anderer Arm umso mehr um Jasons Hüfte klammerte, drehte er seinen Kopf zu mir und klappte sein Visir hoch. Genau in diesem Moment spürte ich den Wiederstand des LKW's. Wo war Jason nur mit seinen Gedanken, beziehungsweise seinen Augen gewesen?

Dann passierten zwei Dinge gleichzeitig:
Ich dachte, das hier wäre mein Tod. Mit jungen 16 Jahren und einem pastellrosanen Helm und dem schrecklichsten ersten Schultag in Gedanken.
Und:
Jason riss das Lenkrad, obwohl wir eigentlich bereits mit dem LKW zusammen gestoßen waren, zur Seite und schleuderte uns somit von der Fahrbahn. Außer einem Aufschrei, einem Knall und einem stechenden Schmerz nahm ich nichts mehr wahr.

"Liaaa! Lia!!! Luciaaaa!" Brüllte jemand meinen Namen. Ich konnte dunkle Schemen wahrnehmen, die sich schlussendlich zu einer breitschultrigen Gestalt zusammen fügten. Langsam erhob ich mich und rieb meine Schläfen. Ich konnte das hier nicht überlebt haben und er auch nicht, das war einfach unmöglich. Jason schloss mich direkt in seine Arme und mein Blick schweifte die gegenüber liegende Straßenseite.

"W..Wie geht es de...m Fahrer?" Schwerschluckend umklammerte ich Jasons Hand.
"Das weiß ich selber noch nicht, du bist sehr schnell wieder zu Bewusstsein gekommen, weshalb ich ihn noch nicht überprüft habe."
Ich kniff meine Augen zusammen. Er sprach zu schnell. Ich konnte ihm nicht folgen.
"Ich bin so froh, dass es dir gut geht. Es ist eine typische Gabe von Erzengeln."
Er half mir auf die Beine und wir schenkten Ryders Motorrad unsere Aufmerksamkeit. Hoffentlich bringt er uns nicht um.
Dann ließ ich die letzten Worte von Jason nochmals durch mein Gehirn laufen. Erzengel. Erzengel?! Dieses eine Wort schnürrte mir die Kehle zu.
"Aber..?"
"Lia, du musst jetzt unbedingt deine Kräfte einsetzen. Wenn wir die Polizei oder den Notarzt rufen, werden sie schnell darauf aufmerksam werden, dass wir überlebt haben und das dürfen sie nicht, hast du mich verstanden?"
Wie in Trance nickte ich und stolperte in Richtung des LKW's hinüber. Der Wagen war durch eine Notbremsung zur Seite gekippt und jegliche Öle liefen aus dem Wageninneren.

Durch die Windschutzscheibe, war der Mann geschleudert und anschließend auf einem Stück Feld zum Liegen gekommen. Ich kniete mich vor ihn.
Wäre ich doch bloß nicht mit dieser Tour einverstanden gewesen.
Hätte ich doch bloß nicht Ryder fast umgebracht.

Ich bemerkte ein paar Tränen, die sich einen Weg über mein Gesicht bahnten. Als ich sie wegwischte, klebte eine rote Substanz an meinen Fingern. Blut.
Jason gab mir eine Scherbe der Außenspiegel und ich begutachtete mein Gesicht.

Aus meinen Augen strömte keine Tränenflüssigkeit, sondern Blut. Geschockt drehte ich mich zu Jason, der mich traurig ansah.
"Du, Lucia, weinst selten und aufgrund deiner Indentität als Erzengel, weinst du gleichzeitig für alle Menschen und Lebewesen der Welt."
Ungläubig sah ich ihn an.
"Wenn du Schmerz, Trauer oder Ähnliches empfindest, dann steckt in deinen Tränen, jede einzelne Träne der Anderen. Deshalb bestehen deine Tränen aus Blut."

Leider ein viiiiieeel zu spätes Kapitel. Ich hoffe, es gefällt euch trotzdem.🌟

Dark DifferentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt