Weiter atmen

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23.Okt.17


Ich muss ausgesehen haben wie ein Irrer als ich Tränen überströmt und kurzatmig in das Büro meines besten Freundes, Manfred, gehetzt kam. „Mani..du..du musst mir helfen!!".

Schnell durchquerte ich den kleinen ordentlichen Raum und schmiss mich vor den großen Schreibtisch, hinter dem Mani saß, auf die Knie. „Du musst mir helfen, sie-" schrie ich fast doch wurde von der wie immer ruhigen Stimme meines Freundes unterbrochen. „was ist passiert, Theo?". Mein Herz schlug mir bis um Hals und mein Kopf schien zu zerbersten. „Sie haben Amy. Sie...sie haben sie mir einfach weg-".

Ein Hustenanfall erfasste mich. Die Luft wurde plötzlich wie Beton. Er lastete auf meiner Brust und das Atmen fiel mir zunehmend schwer. Vor meinen Augen tauchten schwarze Punkte auf. Mani hockte jetzt genau vor mir und packte meinen Arm und schüttelte mich leicht. Sein Blick war kalt wie Eis, wie immer wenn er angestrengt nachdachte. „ Theo du musst dich beruhigen! Hast du dein Spray dabei?". Mit Mühe versuchte ich mich auf meine Atmung zu konzentrieren während ich mit ausgelaugter Stimme antwortete: „Ich...Keine...Nein".

Er fluchte leise und sah über mich hinweg und redete irgendwas von „...Krankenhaus...schnell...". Als ich mich umdrehte, besser gesagt herum rollte, da ich anscheinend schon komplett ausgebreitet auf dem Boden lag sah ich Marianne, seine Frau. Ihre Augen waren so rot wie ihre fein säuberlich hochgesteckten Haare, sie müssen sich gestritten haben, schon wieder. Ich hatte sie gar nicht bemerkt als ich hereingekommen war.

Marianne stand nun mit ihrem Handy fest an ihr Ohr gedrückt mitten im Raum und redete panisch auf jemanden ein, auf den Arzt schätze ich, während Fred mir mit einem Papphefter frische Luft zu fächelte. In der Hoffnung mir würde dies etwas helfen.

Nicht wirklich.

Die schwarzen Punkte in meinem Sichtfeld wurden immer größer und ich bekam immer mehr das Gefühl zu treiben. In einem Meer aus Moor. Es zog mich immer tiefer und nahm mir alles, sogar die Luft um atmen.

Werde ich sterben? Eher unwahrscheinlich. Marianne hatte zu früh nach Rettung gerufen und so ein kleiner Asthmaanfall ist, mehr oder weniger leicht zu stoppen. Dachte ich.

Dies wahr in meinen fast 28 Jahren nicht mein erster Anfall. Doch so schlimm wahr es noch nie.

Als vorhin unangekündigt Beamte und Leute vom Jugendamt an meine Tür klopften um Amy mit zunehmen habe ich alles um mich herum vergessen. Einschließlich meiner Medikamente.

Ich hörte Sirenen.

Keine Minute später wahren die Rettungsärzte angekommen und mit Ihnen eine ganze Horde von nutzlos glotzenden Zuschauern. Fred machte den Ärzten Platz und ging zu Marianne ,die an der Wand lehnte und weinte. Wegen mir? Genauso unwahrscheinlich wie mein Tot. Meine Retter versuchten mit mir Kontakt aufzunehmen. Doch ich war wie gelähmt. Konnte mich weder selbstständig bewegen, weder sprechen. Wegen dem Anfall oder durch den Schock und vor Angst um meine Tochter wusste ich nicht. Sie leuchteten mit kleinen Taschenlampen in meinen Augen nur um zu realisieren das mein Gehirn noch nicht - vollends – hinüber war.

Alles um mich herum verschwamm ineinander.

Wach bleiben,Weiter atmen um Amy zu retten. Weiter...atmen...

Die Sanitäter beschlossen mich so schnell wie möglich auf einer Trage hinaus zu bringen.

Und im nächsten Moment lag ich auch schon im Krankenwagen und nur wenige Sekunden später auch schon im „Notfallhaus" ,ein kleiner Anbau des kleinen runtergekommenen Krankenhauses unserer Stadt...Doch ich bekam fast nichts mehr davon mit. Meine Augen, die ich zu Befehl Aller mühsam offen gehalten hatte, klappten zu. Die Dunkelheit holte mich ein, verschlang mich im Ganzen und ich versuchte einfach weiter zu atmen. Für sie.

Wie Tequila ohne Zitrone, doch mit jeder Menge SalzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt