1. Some Things Never Change

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Willows POV:

"Erst kommst du jahrelang nicht nach Hause und dann ist dir deine tote Mutter nicht mehr wert, als ein Strauß Blumen aus dem Supermarkt. Das ist billig, Willow. Einfach billig. ", Macys Augenbrauen schießen gefolgt von ihrem Zeigefinger in die Höhe und sie plustert sich so sehr auf, dass ich befürchte, die Knöpfe ihres roten Kittels, mit der Aufschrift 'Hank's Market', würden mir gleich entgegenfliegen.

Macy hat sich ziemlich verändert. Während sie früher der absolute Vorzeigecheerleader war, hat sie inzwischen ein paar Pfund zugelegt und achtet offenbar nicht mehr allzu penibel auf perfekt gelocktes Haar und makellos aufgetragenen Lidschatten. An einem Finger trägt sie einen schlichten Silberring und ich frage mich, wen sie geheiratet hat.

Wie von allein' fällt mein Blick auf den sündhaft teuren Goldring von Tiffanys, den Evan mir letztes Weihnachten bei Kerzenlicht angesteckt hat.

"Zufälligerweise arbeitest du in diesem Supermarkt und dieser Blumenstrauß kostet sicherlich mehr als deine Plastikfingernägel es getan haben. ", entgegne ich bloß resigniert und kann nicht verhindern auf ihre quietschpinken Krallen zu starren.

Macys Blick nach zu urteilen, hätte sie mir mit diesen vermutlich am Liebsten die Augen ausgekratzt, jedoch verkneift sie sich einen weiteren bissigen Kommentar und drückt mir mit zusammengepressten Lippen mein Rückgeld in die Hand.

Ich lasse die zwei Dollar in den Taschen meines dunklen Burberry-Mantels verschwinden, schnappe mir den Strauß und verlasse ohne ein letztes Wort den Laden. Nur das Geräusch, welches meine Absätze auf dem schmierigen Fliesenboden hinterlassen, verrät noch meine Anwesenheit.

Zu guter Letzt platziere ich noch eine überdimensionale Sonnenbrille auf meiner viel zu schmalen Nase und schreite möglichst eindrucksvoll auf meinen Wagen zu.

Entschlossen mich nicht anzuschnallen, einfach der alten Zeiten wegen, setze ich mich an das Steuer meines schwarzen BMWs und wähle in meiner Playlist 'Toxic' von Britney Spears aus. Voller Gefühl beginne ich den mir gut bekannten Text mitzusingen und passiere die Ausfahrt von Hank's Market.

Und dann schlägt das Karma zu. Vielleicht weil ich bereits viel zu oft das Arschloch in meiner eigenen Geschichte war, vielleicht aber auch einfach, weil ich Willow Edwards bin.

Der Motor, die Autobatterie, der Kühler, oder was auch immer, versagt gerade verflixt noch mal. Mit einem kleinen Rumms kommt der Wagen mitten auf der Straße, mitten in Lakeville zum Stehen. Wie verrückt drehe ich dutzende Male am Zündschlüssel, doch bis auf ein hämisches Knattern, ist nichts zu hören.

Wären wir hier in Boston, würde nun der Stau des Jahrhunderts ausbrechen, doch da wir hier bloß in Lakeville sind (wohlbemerkt an einem Samstag), bleibt meine Panne wohl vorerst unbemerkt.

Dramatisch, doch mindestens genauso berechtigt seufzend steige ich aus und betrachte, meine Hände in die Hüften gestützt, die qualmende Motorhaube. Etwa drei Minuten lang' tue ich so, als bestünde die Chance, dass ich den Wagen womöglich eigenhändig wieder zum Laufen bekomme. Weitere drei Minuten ringe ich mit meinen inneren Selbst, ob ich mir nun wirklich die Blöße geben und diese verdammte Nummer wählen sollte.

Die sechzehnjährige Willow hätte ihres Stolzes wegen, in der Werkstatt im Nachbarort angerufen und zwei Stunden auf den Abschleppdienst gewartet. So entscheide ich, dass ich die zwanzigjährige, verbesserte Willow klüger ist als das.

Seit ich denken konnte, hat Mum die Buchführung dort übernommen und so kenne ich die Telefonnummer besser als meine eigene.

"Dawson's Werkstatt. Wesley Dawson am Apparat, was kann ich für sie tun? ", seine Stimme ist, obgleich sie anders, eben erwachsener klingt als früher, so vertraut, dass mein Atem einen Moment lang stockt und ich zu spüren glaube, wie mein Herz für eine Sekunde aussetzt.

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