7. Snow Globe -Moments

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Willow's POV:

„Da sind meine beiden Mädels ja schon.", euphorisch klatscht Sebastian in die Hände und springt von dem hölzernen Barhocker auf, um mich fest in seine Arme zu schließen.

Also lasse ich mich grinsend von meinem besten Freund zerquetschen und sehe zu, wie Kennedy amüsiert über meine Laute des Schmerzes lacht.

Als die Leute um uns herum beginnen, uns seltsam anzuschauen, hält Seb mich eine Armlänge von sich weg und mustert mich: „Heute siehst du viel besser aus."

‚Heute' ist ja auch nicht die Beerdigung meiner Mum. Doch diesen Kommentar verkneife ich mir gewissenhaft und lächle einfach nickend.

In diesem Moment wird mir bewusst, wie sehr ich meine Freunde hier eigentlich die ganze Zeit über vermisse. Sie besuchten mich einige Male in Boston und wir schrieben und skypten regelmäßig, aber das hier ist einfach etwas anderes. Deshalb drücke ich einen Moment lang Sebastian's Hände in den meinen, bevor ich sie loslasse.

Erst dann erkenne ich, neben wem Sebastian da am Tresen saß, bevor wir zur Tür reinkamen. Wesley sieht gleich gelöster aus, in dem rot karierten Hemd, das er trägt und mit dem Bier in seiner Hand. Es ist nicht nur der leichte Bartschatten, der ihn älter wirken lässt, als den Wesley in meiner Erinnerung, als meinen Wesley.

Kennedy begrüßt ihn freundlich lächelnd, während ich bloß verhalten nickte. Das hält Sebastian jedoch nicht davon ab, ihm auf den Rücken zu klopfen und grinsend seinen unsagbar dummen Vorschlag zu äußern: „Wesley und ich haben uns gerade unterhalten. Es ist sicher kein Problem, wenn er sich unserer kleinen Truppe anschließt."

Und so kommt es, dass wir einige Minuten mit Getränken in unserer Hand, in einer der Sitznischen sitzen, Wesley genau gegenüber von mir. Und um ihn herum, diese mir nur zu bekannte, Unantastbarkeit, die er mit sich schleppt, wie einen unsichtbaren Schutzschild. Das leise Zupfen einer verstimmten Gitarre und das gedämpfte warme Licht der kleinen Laternen auf den hölzernen Tischen geben mir trotzdessen das Gefühl einer gewissen Sicherheit.

„Hast du heute einen Schwerverbrecher hinter Gitter gebracht? In Lakeville gibt es schließlich so viele davon.", frage ich amüsiert und lege grinsend meinen Kopf schief, um Seb in seiner Polizei-Uniform zu betrachten.

Meiner Meinung nach ist es immer noch surreal, dass ausgerechnet Seb in die Fußstapfen seines Vaters getreten und Polizist geworden ist. Früher bezeichnete er den Job seines Dads als Fluch. Heute sitzt er an diesem Tisch, in seiner stattlichen Uniform, so als wäre es das Normalste auf der Welt. Irgendwie hat jeder von uns seinen Platz in dieser gefunden, auch wenn es früher nicht gerade danach aussah. Selbst aus mir ist was geworden.

Mit seiner Antwort reißt der Blonde mich aus meinen fast schon melancholischen Gedanken, auch wenn ich damit hätte rechnen sollen, dass er mir antwortet, wenn ich ihn trieze: „Nein, ich habe die Gauner nämlich schon alle beseitigt, weil ich so gut bin."

Lachend erhebt Kennedy ihr Weinglas und sieht uns auffordernd durch ihre grauen Augen an: „Auf alte Freundschaften und Officer Nimmersatt, der Lakeville vor dem Bösen hütet!"

Wir alle heben halbherzig ebenfalls unsere Gläser und stimmen ein, als wir sie vorsichtig aneinander klirren lassen, wenn auch ich mich dabei etwas befangen von Wesley's kaum merklicher Anwesenheit fühle. Ganz ähnlich schreitet der Abend auch fort. Kennedy und Sebastian erhalten das Gespräch mit ihrem zwanglosen Geplauder über alles außer die Vergangenheit und tote Mütter, aufrecht, während Wesley und ich nur die nötigste Interaktion an den Tag legen und uns an einen Drink nach dem anderen klammern. Deshalb wundert es mich auch nicht, als ich zwei Stunden später bemerke, dass meine Glieder langsam immer schwerer werden.

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