2. When We First Met

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Willows POV:

Schon seltsam. Eines Tages stand man vor einem Menschen, von dem man nicht wusste, dass man ihn mal lieben würde. Man hatte keine Ahnung, dass dieser Mensch einen mal nackt sehen, geschweige denn Gegenstand eines jeden Gedanken sein würde.

So ging es mir auch an diesem einen Samstagabend, der wie jeder andere zu sein schien und doch die Ausnahme war, auch wenn ich das damals noch nicht wusste.

Wie so oft hatte ich mich aus meinem Zimmer geschlichen und war auf dem Motorrad eines zwielichtigen Typen, wie Mum sie gerne zu bezeichnen pflegte, davongefahren. Eigentlich war er nicht zwielichtig, sondern nur ein Typ aus der Jahrgangsstufe über mir, der meinen Hintern süß fand und mich deshalb zu dieser Party mitnahm. In dem kurzen, schwarzen Lederrock ,den ich trug, konnte ihm das wohl auch niemand verübeln.

Seit wir das Haus, deren Besitzer ich nur namentlich kannte, betreten hatten und zu etwas zu trinken gekommen waren, hatte ich den Typ mit den viel zu engen Hosen jedoch nicht mehr zu Gesicht bekommen. Das war auch nicht allzu tragisch, immerhin hatte ich meine beste Freundin Kennedy an meiner Seite. Ich mochte es eigentlich nicht, Dinge zu benennen, doch Kennedy war wirklich meine beste Freundin. Anders konnte man das nicht beschreiben. Deshalb blickte sie mich jetzt auch schon wieder so besorgt an.

"Warum sagst du deiner Mum nicht einfach, wohin du gehst? Sie macht dir doch keine Vorschriften. Sie ist immer erst dazu gezwungen, dich in die Schranken zu weisen, weil du ihr nichts anderes übrig lässt. ", Kennedy hatte ihre Stirn in Falten gelegt und wie sie mich anblickte, wusste ich, dass sie natürlich Recht hatte. Das hatte sie ärgerlich oft.

Doch das hinderte mich nicht daran, grinsend den Kopf zu schütteln und mit dem selben Atemzug, mit dem ich den Zigarettenrauch ausblies, zu nuscheln: "Weil es so doch viel mehr Spaß macht."

Kennedy schüttelte bloß den Kopf über mich, sodass für einen Moment ihre ausgeblichenen, türkisen Haare durch die Luft wirbelten. Kurz darauf zog sie Toby, ihr Freund auf seinen Schoß und ich beschloss zur Toilette zu gehen.

Meine Klappe war größer als es meinem Ego gut tat und ich redete eine Menge, besonders wenn es mich in Schwierigkeiten brachte. Doch nur weil ich viel redete, bedeutete das nicht, dass ich sprach. Menschen waren noch nie mein Ding gewesen. Dementsprechend erwartete ich auch nicht, dass Wesley Dawson eines Tages mein Ding sein würde.

Doch mit diesem einen Mal war ein Waldbrand von unglaublicher Gewalt entzündet. Spiritus hätte in meiner Nase kitzeln sollen, als ich diese Badezimmertür öffnete. Doch weil man, wie bereits erwähnt, nicht ahnte, wenn man diesem einen Menschen gegenüberstand, blickte ich den Jungen mit dem blutunterlaufenden Auge und der aufgeplatzten Lippe bloß argwöhnisch an. Er hatte sich auf das Waschbecken gestützt und sah mich schwer atmend durch den Spiegel hindurch an.

So wirklich betrachtet hatte ich ihn noch nie zuvor. Wie ihm einige Strähnen seines braunen Haars ins Gesicht hingen, war er wirklich schön anzusehen. Der Junge, dessen Vater die städtische Autowerkstatt gehörte, ließ tendenziell eher seine Fäuste sprechen, als alles andere. Auch gerade fiel ihm offenbar nichts ein, was er sagen könnte. Stattdessen spülte er seine verletzten Handknöchel mit Wasser ab.

"Ich muss auf's Klo.", stellte ich fest und wies ihn mit einer eigentlich eindeutigen Geste an, das Badezimmer zu verlassen.

Wesley entgegnete jedoch lediglich forsch: "Dann geh doch."

Er verzog keine Miene, doch das herausfordernde Funkeln seiner Augen ließ mich die Tür schließen. Sicherlich erwartete er nicht, dass ich wirklich tat, was er soeben gesagt hatte. Also ging ich in der Erwartung, er würde endlich verschwinden, auf die Toilette zu und lockerte die Schnalle meines Rocks. Er lugte nicht mal zu mir herüber, machte keinerlei Anstalten, gehen zu wollen. Da stand ich nun, nicht wissend, was ich tun sollte.

"Mal im Ernst, hau ab!", platzte es ungeduldig aus mir heraus. Eigentlich musste ich gar nichts so dringend, aber ich hatte einfach gern' das letzte Wort. Willend, ihn einfach niederzustarren, baute ich mich vor ihm auf. Ich war wirklich nicht klein, aber im Gegensatz zu Wesley war ich auch nicht groß. Dieser blinzelte mir nun wieder einfach nichtssagend entgegen. Mein Blick wanderte auf seine Lippen und auf einmal fragten sich meine Hormone, ob er wohl gut küsste.

Seine Stimme, die mir eigentlich immer noch fremd war, aber trotzdem nicht so klang, durchbrach meine wirren Gedanken schließlich.

"Du solltest nicht Rauchen. Rauchen ist dumm und du bist nicht dumm.", meinte er plötzlich und meine Fanatsien bezüglich seiner Lippen nahmen ein Ende. Eigentlich rauchte ich auch nicht. Nur auf Parties. Fragend, oder eher verwirrt blickte ich ihn mit schief gelegtem Kopf an.

"Dein Atem riecht nach Rauch und wir haben so viele Kurse zusammen, dass ich weiß, wie intelligent du eigentlich bist.", entgegnete er schlicht und ließ mich ein bisschen staunen. So viel hatte ich Wesley Dawson noch nie sagen gehört. Vorher hatte ich mich zwar auch noch nie mit ihm unterhalten, aber wie er zuvor erwähnte, hatten wir einige Kurse in der Schule zusammen. Wenn die Lehrer ihn ansprachen, dann sagte er meistens nichts, was offenbar nicht zwangsläufig bedeutete, dass er die Antworten nicht kannte.

Das war der Moment, in dem ich bemerkte, dass Wesley sich lieber seinen Teil dachte. Er beobachtete und zog seine eigenen Schlüsse. Nur weil Menschen ihre Gedanken nicht teilten, hieß das nicht, dass sie sich keine machten.

Empört schüttelte ich den Kopf, als ich wieder zu mir kam: "Immerhin bin ich schlau genug, mir keine Ratschläge von Typen geben zu lassen, die jedes Wochenende in eine andere Schlägerei verwickelt sind."

Zum ersten Mal an diesem Abend, vielleicht auch überhaupt, sah ich Wesley lächeln. Schon wieder sagte er nichts, aber er lächelte. Er lächelte ein Lächeln, das mir noch unzählige Male den Magen umdrehen würde. Mir wurde bewusst, dass wir einander ein wenig zu nah waren und so trat ich einen Schritt zurück, um sein lädiertes Gesicht besser betrachten zu können.

Er war schön, aber nicht auf diese einfältige, gewöhnliche Weise. Seine Kanten forderten ihre Betrachter dazu auf, nach ihrer Schönheit zu suchen und sie schließlich zu finden.

Wir schauten einander noch eine Weile an, auf der Suche nach einem plausiblen Grund, zu bleiben, noch länger so zu verweilen. Damals wussten wir nunmal noch nicht, dass sich soeben alles für immer geändert hatte.

Als es dann langsam peinlich wurde, ging er schließlich und ließ mich in dem hässlich gefliesten Bad allein. In meinem Kopf schwirrten eine Menge Fragen herum und selbst nachdem ich mir ein wenig kaltes Wasser ins Gesicht geklatscht hatte, wurden meine Gedanken weder weniger, noch leiser. Vielleicht redete ich deshalb immer so viel. Dann konnte sich da oben erst gar nicht so viel anstauen.

Fest entschlossen, heute Abend nicht betrunken zu werden, denn ich fühlte mich bereits betrunken genug, ging ich wieder hinunter und wurde von lauter, grausiger Musik, feierwütigen Teenagern und dem Geruch einer Menge, für Minderjährige illegaler Substanzen, in Empfang genommen. Immer wieder trafen sich unsere Blicke, flüchtig und vermeintlich unabsichtlich.

In dieser Nacht träumte ich zum ersten Mal von Wesley Dawson.

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