Türchen 7

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"Kannst du mal bitte aufhören, mir in die Seite zu pieksen, als würdest du mir ein Loch in den Bauch stechen wollen?", fauchte ich die Hexe neben mir an.

Postwendend blickte sie mich kläglich an. "Was?", ranzte ich ungeniert.
Augenblicklich schlug sie theatralisch ihre Hände über ihrem Kopf zusammen und seufzte.

"Ich habe mit einer Wahrscheinlichkeit von 86,94% ein T in dem Aufsatz!", jammerte sie und ich meinte sogar, es in ihren Augen verdächtig glänzen zu sehen, die mich unter ihren Armen hervor treudoof anblickten.

Genervt starrte ich die Nervensäge, auch bekannt als Astoria Greengrass, an. Sie würde doch eh wieder ein Ohnegleichen oder so bekommen, wobei ich mich bestenfalls mit einem Mies vergnügen könnte. Wenn ich Glück hatte, mit einem Annehmbar.

Eine Weile versank ich in einer  pathetischen Welle des Selbstmitleides. Konnte ich nicht einmal so gut sein wie Toria? Ich warf ihr kurz einen Blick zu, bevor ich den Blick wieder resigniert auf die Tischplatte heftete.
Professor Binns zog mich mit seiner einschläfernden Stimme wieder ans Land der Realität.
Welch Ironie.

"Der Notenschnitt Ihres Aufsatzes ist erheblich schlecht", drang dessen Stimme zu mir durch.
"Mein Aufsatz hat den bestimmt herabgesenkt!", jaulte die Slytherin neben mir, wie es eine Katze mit großen Schmerzen nie gekonnt hätte.
Ein Wunder, dass unser werter Lehrer von dem Schauspiel hier nichts mitbekam.

Bevor sie weiter lamentieren konnte, wie schrecklich sie doch war und wie gravierend ihre (eigentlich nicht vorhandenen) 818 Fehler doch waren, rief unser Lehrer die Schüler der Reihe nach auf, damit diese ihre Arbeiten abholen konnten.
Das allerdings so monoton, dass ich fast einschlief.

"Tracey Davis!"
Schwerfällig ächzend erhob ich mich, sodass ich aus dem Augenwinkel bemerkte, wie meine schwarzhaarige Sitznachbarin meinem Stuhl einen skeptischen Stuhl zuwarf. Vermutlich, weil sie vermutete, der Laut wäre von diesem.

Erwartungsvoll nahm ich das von mir mit großer Schrift (damit es wie mehr wirkte) beschriebene Pergament an und war nicht im geringsten verwundert, dass mir ein fettes T regelrecht ins Auge sprang.
Ohne jegliche Emotionen packte ich den Aufsatz weg und mit ihm auch mein restliches Geschichtezeug. War ja super gelaufen.

Kurz nach mir wurde auch Astoria vorgerufen, was ich erst bemerkte, als sie wild rumhüpfend neben mir stand. "Ich habe ein Ohnegleichen!", kreischte sie mit größter Euphorie in mein Ohr und ich verzog mein Gesicht.

"Und ich habe gleich einen Gehörschaden!", keifte ich in gleicher Lautstärke, doch ihre gute Laune ging nicht von dannen, sondern hatte sich anscheinend in ihr eingenistet.

Das sollte auch den restlichen Tag so bleiben. Offenbar hatte sich die positive Stimmung in ihr so heimisch gemacht, sodass ich fast dachte, dass sie sich auch mit der Zeit vermehren konnte.

1, 2, 3, 4. 5, 6, 7. Wütend spießte ich die Erbsen von meinem Teller auf die Spitzen der Gabel und stellte mir dabei vor, sie wären Teile meines Geschichte-der-Zauberei-Aufsatzes.

"Traaaceeey", raunte mir Astoria mit geheimnisvoller Stimme zu. Meine armen Ohren mussten heute ganz schön leiden. "Du hast Mundgeruch", versetzte ich gelangweilt, während ich nicht von meiner Beschäftigung abwich. 12, 13, 14.

"Jetzt bleib doch mal ernst!", beschwerte sie sich.
"Du-weißt-schon-wer 2.0 starrt dich an"
Eindringlich sah sie mich an.
Ruckartig fuhr mein Kopf hoch und ich starrte direkt in die Richtung, wo sich der Hufflepuff-Tisch befand. Direkt in seine Augen, die mich unverholen musterten.
"Jetzt hast du mich vom aufgespießte-Erbsen-zählen abgebracht", protestierte ich leise, war jedoch nicht ganz bei der Sache.

Du weißt schon wer 2.0 war keinesfalls ein Klon von Voldemort, sondern ein ganz normaler Schüler. Göttlich normal.

Den Namen gaben wir ihm, weil er den seltsamen Drang dazu hatte, mich anzustarren, als hätte er nichts besseres zu tun und wir demzufolge oft von ihm sprachen, ich aber nicht wollte, dass jede Puddinghexe gleich wusste, um wen es ging.

"Welche Farbe?"

"Grün. Geht in ein düsterwaldgrün über.", kam es schmatzend als Antwort.

Als sie vor 4 Monaten damit kam, dass mich Draco mit einem dunkelrotem Blick angestarrt hatte, war ich vorerst ziemlich verwundert gewesen.
Hatte er sich rote Kontaktlinsen angeschafft?

Erst Wochen später hatte ich verstanden, dass Astoria Greengrass eine imaginäre Farbskala hatte, auf der sie die Blicke anderer beurteilen konnte.
Richtig dunkles rot hieß, dass der Schauende einen Mordgedankenblick aufgelegt hatte.
Dunkelstes grün bedeutete, dass der Blickende abnormal viel Liebe in seinen Blick gelegt hatte.

Draco hatte mich übrigens so angesehen, weil ich versehentlich mit einem Löffel etwas Rührei in seine Haare katapultiert hatte. Aber das war eine andere Geschichte.

Als ich wieder zum Tisch der Dachse sah und bemerkte, wie mich der hochgewachsene, nebenbei bemerkt göttlich aussehende Junge immer noch anstarrte, fasste ich einen Entschluss.
Wobei Nein, er sieht absolut nicht gut aus.
Aber dieses kupfer-bronze-braune Haar sah gar nicht so schlecht aus, wie es ihm leicht ins Gesicht fiel.
Nein, Tracey, er sieht nicht gut aus!

Verdammt, doch, das tat er.
Aber dennoch..
So schnell ich meinen Entschluss vorhin gefasst hatte, verwarf ich ihn wieder.

"Er ist eine Flasche", grunzte ich, nachdem ich mich - ungern - von ihm angewandt hatte.

"Du bist der passende Deckel dazu", zwinkerte Toria mir schelmisch grinsend zu.
Paralysiert taxierte ich sie.
"Nein.", kam es dann entschieden von mir.

"Pass auf", sagte sie, während sie sich leicht vorbeugte und ihre offenen Haare fast in der Suppe vor ihr landeten.
"Wir wetten. Du fragst ihn, ob ihr mal zusammen essen geht oder so. Wenn er ja sagt, verkuppelst du mich mit Draco."
Zufrieden grinsend lehnte sie sich leicht zurück.

Kurz grinste auch ich, denn meine Verkuppel-Talente waren wahrhaft nicht übel. Doch dann zweifelte ich.
"Und was springt für mich dabei raus? Vor allem, wenn er absagt?"

"Das tut er nicht", versicherte mir meine Freundin mit einer solchen Ernsthaftigkeit, dass ich es ihr beinahe abgekauft hätte.
"Aber wenn doch.. bekommst du 12 selbst gebackene Kuchen", sagte sie nach kurzem Zögern und sofort leuchteten meine Augen auf. Damit hatte sie mich.

Begeistert willigte ich ein, denn ein Kuchen von ihr war glatt Gold wert. Ich hoffte fast, dass Cedric nein sagen würde.

Selbstbewusst baute ich mich vor ihm auf.
"Hallo", lächelte ich.
Kurz blickte er auf, nickte mir zu und aß dann seelenruhig weiter. Langsam zerriss meine Geduld. War das sein ernst?
"Gehst du mal mit mir aus", entfuhr es mir genervt und erschrocken presste ich eine Hand auf meinen Mund. Verdammt!

Welcher Hufflepuff mochte schon muffige Slytherins? Vor allem, wie könnte so ein Typ wie Cedric Diggory sowas wie mich mögen?

"Erde an Tracey Davis!"
Wild fuchtelte Cedric mit seinen Händen vor meinem Gesicht herum, sodass ich mich wunderte, dass er mir noch kein Auge ausgestochen hatte.
Verwundert und fragend zugleich sah ich ihn an.
"Du warst abwesend", ließ er zerknirscht verlauten.

"Und?", fragte ich zögerlich.
Verwirrt öffnete er den Mund, bevor er ihn wieder schloss, um dann zu der Antwort anzusetzen.
Sah nicht unbedingt intelligent aus, aber er war ja auch kein Ravenclaw.

"Gerne würde ich", lächelte er.
Erleichtert umarmte ich ihn kurz, was wohl eine Kurzschlussreaktion war. (sonst hätte ich das nie gemacht.)

Doch dann fiel mir was wirklich Drastisches ein.
Schade.
Keine 12 Kuchen für mich.

Hallo :)
Leider etwas verspätet kommt nun das 7. Türchen.
Allerliebste Grüße,
Keks

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