dear stupid!

Prolog

d e a r s t u p i d !
___________________

Seit knapp einer Stunde suche ich eine perfekte Stelle, um das perfekte Foto zu schießen. Ich habe schon an den verschiedensten Orten in New York fotografiert, aber am  Jacqueline Kennedy Onassis Reservoir kam noch nie ein Bild zustande.

Tagsüber ist hier mehr los, als abends, wo die Sonne schon untergegangen und die Laternen das einzige Licht sind.

Moms Stimme höre ich in meinem Kopf, die mir sagt, ich bin lebensmüde und möchte vergewaltigt werden. New York mag ich einfach viel lieber, wenn es dunkel ist.

Ich hänge mir meine Tasche quer über die Brust und umschließe meine Kamera. Noch bevor ich beginne, meinen Job zu machen, schaue ich mich um, und stelle fest, dass kaum einer hier ist.

Menschen sind mir sowieso suspekt.

Meine Kamera in meinen Händen schaue ich noch einmal geradeaus und hebe die Kamera dann schließlich hoch.

Es ist das perfekte Foto. Inmitten des Bildes das Wasser, die Skyline der Upper West Side, die Spiegelung der Gebäude im Wasser und die weiße Beschichtung auf den Bäumen und Büschen.

Gerade als ich meinen Finger auf den Auslöser lege und das Foto schieße, taucht eine Figur im Bild auf und bleibt stehen. Ich senke meine Kamera und starre den Typen an, der seinen Kaffeebecher an seinen Mund hebt und einen Schluck nimmt.

Obwohl mein Kopf sagt, ich sollte eine Szene machen, dafür, dass er mir ins Bild gelaufen ist, kann ich meine Augen einfach nicht von ihm nehmen.

Es dauert keine zehn Sekunden, bis er weiterläuft und ich ihm hinterherschaue. Als er schon mehrere Meter entfernt ist und so langsam aus meinem Blickfeld verschwindet, schüttle ich meinen Kopf und bringe mich selbst wieder zurück in die Gegenwart.

In mir weiß ich, was mich gleich erwarten wird, wenn ich das Bild zu sehen bekomme, aber das will ich nicht glauben. Ich will nicht richtig liegen. Nicht bei diesem perfekten Foto.

Mein Inneres jedoch hat recht behalten.

Auf meinem perfekten Foto, ist der Fremde zu sehen, der die Upper West Side mit seinem Dasein in den Schatten rückt.

Und mein perfektes Foto wurde durch den Fremden noch perfekter.