All Diese Jahre

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„Müssen wir da wirklich hin gehen?"

„Was meinst du?" Ohne die Augen zu öffnen drehte Harry den Kopf ein wenig, um das Gesicht in die wärmenden Strahlen der Wintersonne halten zu können. Er musste nichts sehen, um zu wissen, wie die Staubkörner darin auf und ab tanzten. Wie das Licht sich auf Dracos hellen Haaren brach. Wie hell seine Augen darin aussahen, dass es beinahe schien, als seien sie durchscheinend. Nach all diesen Jahren war dieser Anblick so vertraut, dass Harry ihn jederzeit heraufbeschwören konnte.

„Die Jubiläumsfeier. Dein Gedächtnis ist mittlerweile wirklich wie ein Schweizer Käse!"

„Haha." Grummelnd setzte Harry sich auf dem Sofa auf und öffnete blinzelnd die Augen. Obwohl es kaum einen Unterschied machte. Alles, was er sah, waren helle und dunkle Flecken mit ein paar verschwommenen Umrissen dazwischen. Blind tastete er nach seiner Brille. Er musste sie hier doch irgendwo-

„Hier, alter Mann. Bevor du dir noch etwas brichst." Draco setzte ihm die Brille auf die Nase, und sofort klärte sich Harrys Sicht. „Ich hab dir doch gesagt, du hättest dir die Augen korrigieren lassen sollen."

„Ach", machte Harry und winkte ab. „Solche Spielereien sind nichts für mich. Und wie du aussiehst, weiß ich auch ohne Brille ganz genau."

„Das will ich doch hoffen. Alter Mann." Dracos Augen funkelten amüsiert, während er sich neben Harry auf das Sofa setzte. „Selbst für dich sollte das genug Zeit gewesen sein, um zu lernen."

Lachend drehte Harry den Kopf und drückte Draco einen Kuss auf die Wange. „Also", wiederholte er dann seine Frage, „wie ist das jetzt mit dem Jubiläum? Ist das nicht immer im Mai? Wir haben Dezember! Und wir sind schon seit Jahren nicht mehr da gewesen!"

„Na wenigstens scheint noch ein bisschen was hängenzubleiben", schnaubte Draco, ehe er Harry erklärte, wieso das Jubiläumskommittee dieses Jahr beschlossen hatte, eine anstatt zwei Feiern abzuhalten. „Ein ganz besonderes Ereignis", nickte er übertrieben und malte mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft. „Und du weißt doch noch, dass der Wiederaufbau im Dezember beendet war, oder?"

„Ich war selbst dabei!"

„Das heißt bei dir nichts, Potter."

„Ach, leck mich", knurrte Harry und stieß Dracos Schulter mit seiner eigenen an.

„Später vielleicht", grinste Draco und wackelte verheißungsvoll mit den Augenbrauen, bevor er wieder aufstand und Harry einen dunklen Gehstock mit kunstvollen Verzierungen reichte. „Auf geht's. Lass uns gucken, ob wir in deinem Kleiderschrank wenigstens ein ordentliches Kleidungsstück ohne Löcher finden."

„Das könnte in der Tat schwierig werden", grinste Harry, für den es nach wie vor kaum eine größere Strafe gab, als Kleidung zu kaufen. Das überließ er lieber Draco. Dieser hatte nicht nur ein größeres Interesse daran, sondern auch ein sehr viel besseres Auge als Harry.

„Na dann los! Worauf wartest du noch?"

Augen rollend erhob Harry sich von seinem Platz und durchquerte das Wohnzimmer in Richtung Flur. Obwohl er sich bei jedem zweiten Schritt auf den Stock stützte, waren seine Bewegungen zielstrebig und sicher. Nach der Razzia damals, als er in das Kreuzfeier mehrerer dunkler Zauberer geraten und schwer verletzt worden war, war Harrys linkes Knie nie wieder richtig geheilt. Es war das Aus seiner Aurorenkarriere gewesen und hatte mehrere Jahre und noch mehr Zuspruch von Draco gebraucht, bis Harry sich mit der neuen Situation arrangiert und zu seinem alten lebensfrohen Ich zurückgefunden hatte. In all diesen Jahren hatte Draco ihm ohne Wenn und Aber zur Seite gestanden. Er hatte mit und für Harry gekämpft. Er hatte seine Hand gehalten und ihm den Kopf gewaschen, wenn es nötig gewesen war.

12 Days Of ChristmasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt