Ein Fantastischer Abend

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(Harry, Ron, Hermine & Hagrid)



Es war ein ungewöhnlich stürmischer Winterabend. Der Wind jagte die Wolken über den Himmel, heulte schauerlich um die Schlossmauern und wirbelte den Schnee in großen Böen über das Land, ehe er ihn in vielen kleinen Schneewehen wieder fallen ließ. Dabei waren die Temperaturen weit unter Null gefallen, so dass Mensch und Tier sich in Häusern und Höhlen verkrochen, um den beißenden Kräften der Natur zu entkommen. Nur zwei einsame Gestalten trotzten hartnäckig Wind und Wetter und stapften unbeirrt durch den kniehohen Schnee.

„Na komm schon, Fang", redete Hagrid seinem Saurüden gut zu und rückte den großen Sack auf seiner Schulter zurecht. „Wir brauchen nich' lange. Wir müss'n nur 'n paar Sachen verteilen und dann können wa' wieder ins Warme."

Wie erwartet winselte Fang nur mitleiderregend und schüttelte den Kopf, so dass seine großen Ohren nur so flatterten und Hagrid ein tiefes Lachen von sich gab. „Nich' nur feige, sondern auch noch verweichlicht", murmelte er, kraulte den Hund aber gleichzeitig am Kopf. Obwohl er nie eine große Hilfe gewesen war, wollte Hagrid Fang nicht mehr missen. Der Hund war jetzt schon seit so vielen Jahren an seiner Seite, dass er sich ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen konnte. Er war an seiner Seite gewesen, als er das erste Mal in die Hütte auf den Hogwarts-Ländereien gezogen war, und auch, als er sie nach der Schlacht von Hogwarts wieder hatte aufbauen müssen. Er hatte Hagrids Tränen getrocknet, als er um Lily und James geweint hatte und als er nach Dumbledores Tod um seine Zukunft gebangt hatte. Fang hatte ihn auf unzählige Streifzüge in den Verbotenen Wald begleitet und dafür immer wieder seine eigene Angst überwunden. Eigentlich war er also, trotz seiner großen Feigheit, ein ziemlich mutiger Hund.

Leise summend schritt Hagrid durch die ersten Bäume des Waldes hindurch. Augenblicklich ließ der Wind nach, doch die schneidende Kälte biss ihm weiterhin fest in die Nase. Der Rest von ihm war so gut eingepackt, dass ihm die Temperaturen nichts anhaben konnten. Auf dem Kopf saß eine große Fellmütze, die Charlie Weasley ihm bei seinem letzten Besuch aus Rumänien mitgebracht hatte. Über seinem langen Biberfell-Mantel trug er eine Weste, die er einem fahrenden Händler abgekauft hatte, als er Olympe vor ein paar Jahren in Cannes besucht hatte. Die Handschuhe aus Drachenleder mit eingewebtem Wärmezauber waren ein Geschenk von Harry gewesen und die Stiefel schließlich hatten an seinem ersten Tag als Wildhüter ganz plötzlich in seiner Hütte gestanden. Hagrid wusste bis heute nicht, von wem sie stammten, doch sie leisteten ihm auch nach so vielen Jahren noch so gute Dienste, dass er stark Albus Dumbledore im Verdacht hatte.

„Verschlagener alter Mann", gluckste Hagrid bei dem Gedanken vergnügt und hielt inne, als er seinen ersten Zwischenstopp erreicht hatte. „So, dann woll'n wa' mal", murmelte er, während er den Sack von seinem Rücken wuchtete und begann, darin zu wühlen. „Ah, da isses ja!" Triumphierend zog Hagrid eine große Box daraus hervor und begann augenblicklich damit, die großen Fleischstücke darin in die Bäume zu hängen und auf den Boden vor sich zu werfen.

Lange musste er nicht warten, dann hörte Hagrid die ersten Schritte im Schnee, und gleich darauf spürte er eine kalte Pferdeschnauze an seiner Wange.

„'Allo Tenebrus", begrüßte Hagrid den mittlerweile in die Jahre gekommenen Thestral und rieb mit festem Druck über seine knöcherne Stirn. „Das is' mal 'n richtiges Winterwetter, hm?"

Der Hengst schnaubte und schlug einmal kurz mit seinen ledrigen Flügeln.

„Ja, da hast'e Recht", lachte Hagrid und gab dem Tier einen Klaps auf die Kuppe. „Frohe Weihnacht'n, alter Mann", wünschte er dann, bevor er seinen Sack wieder über die Schulter warf und weiter zog.

12 Days Of ChristmasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt