Kapitel 13

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Mikes Sicht
Vorsichtig hebe ich Jannik vom Boden hoch und laufe mit ihm im Arm hinter Mark her. Jannik legt seinen Kopf vorsichtig auf meiner Brust ab und nach einiger Zeit schläft er erschöpft ein. Warum er wohl so traurig ist? Wir laufen wieder die alte Treppe nach oben und befinden uns in der leeren Fabrikhalle, wo von den Männer zum Glück keine Spur ist. Als wir am Auto ankommen lege ich Jannik vorsichtig auf der Rückbank ab, sodass er nicht aufwacht. Ich setze mich auf die Fahrerseite, woraufhin Mark mich sofort aufgebracht anschaut.

"Dass ist mein Wagen, also darf ich auch fahren.", protestiert er.

"Ich will aber nicht bei irgendeinem Autounfall sterben und somit auch das Leben anderer Menschen in Gefahr bringen."

"Nur weil ich ausversehen in den Busch gefahren bin, heißt das nicht, dass ich kein Auto fahren kann.", entgegnet Mark.

"Is ja nicht so, dass du jeden zweiten Tag irgendwo gegen fährst." Er wirft mir einen wütenden Blick zu, aber gibt sich schließlich geschlagen und steigt auf der Beifahrerseite ein. Ich fahre bis zu Marks Haus und verabschiede mich von ihm. Jannik schläft immernoch, weshalb ich ihn hochnehme und bis nach Hause trage. Meine Schwester macht die Tür auf und schaut uns verwirrt an. Sie weiß glaub ich nicht mal, dass wir weg waren.

"Erzähl ich dir später, ist eine lange Geschichte.", sag ich nur und verschwinde in dem Zimmer, welches meine Sis mir hergerichtet  hat. Vorsichtig lege ich Jannik auf dem Bett ab und decke ihn sorgfältig zu. Ich gehe in die Küche und mache ihm einen Tee. Nachdem ich die Tasse neber Jannik auf dem Nachttisch abgestellt habe, gehe ich zu dem Zimmer meiner Schwester und klopfe an die Tür. Kurzdarauf ertönt ein herein, woraufhin ich in den Raum gehe.

"Ich brauch Klamotten für Jannik, meine sind ihm viel zu Groß." Sie steht von ihrem Bett auf und fängt an in ihrem Kleiderschrank rumzuwühlen.

"Hab hier eine schwarze Jeans und einen Kapuzenpullover der passen könnte, aber der ist rosa."

"Nicht schlimm." Ich schnappe mir die Klamotten und gehe wieder zurück zu Jannik. Dieser sitzt aufrecht im Bett und starrt mit einem leeren Blick an die Decke. An seinen roten Augen kann ich erkennen, dass er bis vor kurzem noch geweint hat. Ich lasse mich neber ihm nieder und beobachte ihn.

"Willst du mir sagen, was passiert ist?" Er schüttelt unsicher den Kopf.

"Trink erstmal was." Ich halte ihm den mittlerweile lauwarmen Tee hin, welchen er kraftlos entgegen nimmt. Vorsichtig nippt er an der Tasse und stellt sie wieder neben sich ab.

"Hat dir irgendeiner der Männer was schlimmes angetan?", frage ich ihn schließlich.

"Mir nicht aber meiner..." Mitten im Satz hält er inne und bricht wieder in Tränen aus. Ich ziehe seinen schmalen Körper zu mir und drücke den total aufgelösten Junge an mich.

"Wem hat er etwas angetan?", frage ich, als sich wieder ein wenig beruhigt hat.

"Die haben meine Schwester umgebracht." Omg, nein. Ich lege lege meine Arme wieder um ihn und streiche vorsichtig  über seinen Rücken. Erst will er mich wegdrücken, aber legt dann schließlich seinen Kopf auf meiner Schulter ab.

"Alles wird gut.", versuche ich ihn zu beruhigen.

"Nichts wird gut, meine Schwester ist tot und dass wird sie auch für immer sein. Ich bin an allem Schuld, ich bin ein Nichtsnuts.", schreit er aufgebracht und stumpt mich von ihm weg. Jannik rennt aus dem Zimmer und knallt die Tür hinter sich zu. Überfordert stürme ich ihm hinterher, aber als ich aus dem Raum draußen bin, höre ich unten schon die Haustür zufliegen. Ich wusste garnicht, dass er so schnell rennen kann. Ich verlasse ebenfalls das Haus, aber von Jannik ist dort keine Spur mehr. Als ob ich jetzt bei strömendem Regen zu Mark gehen muss, um zu fragen, wo der kleine hin ist. Genervt mache ich mich auf den Weg und stoppe kurz am Friedhof, wo jemand total aufgelöst vor einem Grab liegt und weint. Es ist bestimmt schlimm einen geliebten Menschen zu verlieren. Die Person auf dem Friedhof sieht noch ziemlich klein aus, von der Größe her würde ich sie auf 12 Jahre schätzen. Ich gehe auf diese Person zu und erschrecke, als ich erkenne, dass diese Person Jannik ist. Was macht er denn hier?

"Geh weg.", schreit Jannik wütend, als er mich bemerkt. Seine kompletten Klamotten sind vom Regen durchweicht und ich sehe wie er zittert. Vorsichtig laufe ich auf ihn zu und lasse mich neber Jannik auf dem Boden nieder. Er schaut mich kalt an und ich meine Tränen zu erkennen, die seine Wangen  runter laufen, aber es könnten auch nur Regentropfen sein.

"Was machst du hier?", frage ich ihn verwirrt.

"Das geht dich nichts an.", sagt er mit einer brüchigen Stimme. Er starrt auf den Grabstein vor sich und ignoriert mich. Vielleicht wurde hier jemand begraben, der ihm wichtig war, aber wieso ausgerechnet hier und nicht bei ihm Zuhause auf irgendeinem Friedhof? Dass Dorf hier ist klein, es gibt nichts besonderes und die Leute sind auch nicht gerade die nettesten, also wieso sollte ausgerechnet hier, irgendwo im nirgendwo, jemand den Jannik kennt beerdigt worden sein? Eher unwahrscheinlich.

Der Sohn des Entführers//BxB//abgeschlossen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt