hölle

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- Yasha -

Ich habe keine Ahnung, wohin Zion will. Die Höhle, in der wir uns den Tag über versteckt haben, ist doch eigentlich ganz in Ordnung. Aber Zion muss es besser wissen. Ich vertraue ihm, nicht nur, weil er der Ältere von uns beiden ist. Das Gebüsch am Eingang der Höhle lasse ich in Flammen aufgehen und verlasse anschließend mit Zion den Schutz der Höhle. Die Nacht ist bereits eingebrochen und die eisig kalte Winterluft schlägt mir ins Gesicht. Aus einem Reflex heraus, schlinge ich meine Arme um den Oberkörper. Es ist so kalt, dass mein Atem sichtbar wird, doch ich bemerke erst jetzt, warum Zion unbedingt flüchten will. In weiter Ferne, ganz leise, höre ich schreie, Lärm, einmal klingt es so, als würde Stein zerbarsten.

»Was... ist das?«, frage ich und folge Zion eilig.

»Verkraftest du die Wahrheit, Yasha?«, entgegnet er mir und bleibt stehen, bevor er mich ansieht.

Mit großen Augen starre ich ihn an und beginne zu blinzeln, während kleine Nebelwölkchen vor meinem Mund aufsteigen und wieder verblassen.

»Ich... Ich nehme an, dass ich sie verkrafte.«

Zion wendet seinen Blick von mir ab, bevor er sich an mir vorbei drängt und in die Richtung sieht, in welcher sich das Schloss befindet. Ich drehe mich um, sehe ebenfalls in diese Richtung und kneife die Augen zusammen, in der Hoffnung im Dunkeln ein wenig mehr zu erkennen. Und dann sehe ich es auch. Der Himmel scheint erhellt zu sein, wirkt als würde dort hinten die Sonne aufgehen. Aber ich bin mir sicher, dass es mitten in der Nacht ist, auch wenn ich überhaupt kein Zeitgefühl besitze. Das Schloss muss in Flammen stehen.

»Im Schloss bricht die Hölle aus.«, sagt Zion auf einmal und sieht mich an - nicht ein Wölkchen bildet sich vor seinem Mund, »Azra lässt es in Grund und Boden versinken.«

»Was soll das heißen? Und was um Himmels Willen ist ein Azra

»Nicht was, Yasha. Wer

Ich kann Zion nicht ganz folgen und blinzle daher erneut. Bevor ich aber meine Frage stellen kann, hebt  er schon die Hand und bedeutet mir zu schweigen. Ich presse meine Lippen aufeinander, halte den Atem an, während Zion angestrengt zu lauschen scheint. Wenig später schüttelt er den Kopf und ich atme wieder.

»Und wer ist Azra?«

Meine Neugier scheint mich beinahe zu zerfressen. Irgendwo habe ich den Namen schon gehört, aber ich kann mich einfach nicht daran entsinnen. Zion sieht mich an, bevor er seinen Gehrock auszieht und mir über die Schultern hängt.

»Sie ist eine bösartige Kreatur. Manche sagen, sie sei ein Mischwesen.«

Ich muss ernüchternd feststellen, dass mich Zions Gehrock kaum mehr wärmt, als mein eigener. Aber mir fällt kein Zauber ein, ohne dass ich selbst in Flammen aufgehen würde. Während ich darüber nachdenke, dämmert mir aber langsam woher ich den Namen kenne.

»Die alten Märchen von meinem Großvater!«, stoße ich aus und sehe Zion an, welcher auf meine Worte hin ein wenig nickt.

»Er hat sie früher auf dem Marktplatz erzählt. Erinnerst du dich?«, erwidert er nun und zieht mich am Oberarm mit sich, während er weiter spricht,  »Ich war immer fasziniert von seinen Märchen und den Geschichten über seine Reisen.«

Natürlich folge ich ihm, sehe mich um und muss mir eingestehen, dass ich im Dunkeln viel zu wenig erkennen kann.

»Ich dachte immer, sie seien frei erfunden.«, sage ich nun und sehe hinter mich als mich das Gefühl beschleicht, dass uns jemand beobachten würde.

»Das dachte ich auch. Bis ich dieses Monster im Wald gesehen hatte.«

»Welches genau?«

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