Kapitel 6

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Dunkle, schwere Gewitterwolken zogen über die schweigende Metropole dahin. Kaum hatten Jane und Alex das verlassende Gebäude des Northern Clay Hospital gefunden, spürten sie schon die ersten schweren Regentropfen auf ihren Wangen. Alex sah mit verzogener Miene hinauf in das endlose Grau »Wir werden das Unwetter hier abwarten müssen«, erklärte er und wandte sich anschließend einen eingeschlagenem Fenster nahe des Lieferanteneinganges zu. Jane verschränkte fröstelnd die Arme. Eine drückende Schwere lag in der Luft.

 Unruhig glitt ihr Blick suchend über die leeren, dunklen Fenster. Währenddessen nahm Alex einen Stein zur Hand und zerschmetterte die restliche Scheibe, so dass die beiden mühelos in Innere vordringen konnten. Unsicher und folgte Jane ihm in das Innere. Das leise, dünne Heulen des Windes echote in den dämmrigen Gängen wider. Die umgeworfenen Krankenbetten und Rollstühle im Ostflügel erzeugten ein makabres Bild. Sie folgten den verblichenen Schilderungen bis zum Foyer. 

Die Eingangstür war mit Tischen und Regalen notdürftig verbarrikadiert worden. Ein letzter, verzweifelter Versuch sich von den Monstern zu schützen. Jane blätterte ein paar Akten auf dem Empfang durch Denkst du, dass noch irgendwer hier ist?«, fragte sie leise. Alex zuckte belanglos mit den Schultern »So wie es hier aussieht, denke ich nicht«, antwortete er und angelte eine zerknitterte Packung Zigaretten aus einer Manteltasche, die vertaubt am Boden lag. Mit einem zufriedenen Lächeln steckte er sie in die dunkelgrüne Feldtasche. Jane seufzte »Bist du etwa nur hier her mitgekommen, um deinen Vorrat aufzustocken?« 

»Ich bitte dich«, entgegnete er grinsend »Wer würde den erwarten, in einem Krankenhauses, so etwas schlechtes wie Nikotin vorzufinden?«. Jane begann zu lächeln »Touché«. Die beiden folgten der Feuertreppe nach oben. Der erste Stock war mit dem Geräusch von prasselnden Regen erfüllt, der gegen die Fensterscheiben peitschte. »Das wäre guter Stoff für einen Horrorfilm«, bemerkte Alex und stieß Jane leicht in die Seite, die nachdenklich über ihre Schultern nach hinten sah, als ob sie noch jemanden erwarten würde. 

Sie nickte hastig, als sie Alex fragenden Ausdruck bemerkte »Ja...«, sie ließ die Tür zu fallen »Ich habe nur nie einen gesehen, also erwarte keine Beispiel von mir«. Alex kniff die Augen zusammen »Echt jetzt?«, fragte er unglaubwürdig »Du hast noch nie einen Horrorfilm gehen?«. Jane schüttelte den Kopf »Ich war damals, wie das alles hier den Bach runterging, sechs Jahre alt, Alex«, erinnerte sie ihn. Er fuhr sich nachdenklich durch seine schwarzen Haare »Stimmt«, murmelte er »Könnte daran liegen, dass du und Florence wie Zwillinge ausseht«. Sie stöhnte genervt »Nein, dass tun wir nicht, Alex. Ich bin viel größer als sie«, erklärte Jane stur und sah auf das Schild rechts von ihr. 

Das zerkratze metallene Schild schickte dir beiden bis in die oberste Etage, zu den Laboren und Lagerräumen. Kaum berührten Janes abgewetzte Sneaker die oberste Stufe der Treppe, vernahm sie in leises, kaum merkliches Poltern vom anderen Ende des Gangs zu ihnen hinüber. Sie erstarre Augenblick zu Eis »Wir sind hier nicht allein«, flüsterte sie Alex zu. Dieser schüttelte den Kopf »Da war nichts«, raunte er zurück und zog sie weiter. Zittern lugte Jane im vorbeigehen durch jedes kleine Fenster an den Türen. 

Die dunklen Räume lagen verwüstet hinter den verschmierten Scheiben. Schließlich blieben die beiden vor einer Tür mit der Aufschrift »Lager für schmerzhemmende Arzneimittel« stehen. Mit angehaltenem Atem beobachtete Jane wie Alex die Tür aufstieß. 

The Crimson PrinceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt