Erkenntnis

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Cale setzte sich in den großen Stuhl hinter dem großen Glasschreibtisch, der direkt vor der Fensterfront stand. Mit einer Handbewegung deutete er mir, dass ich mich auf den Stuhl setzten sollte, der ihm direkt gegenüber stand. Dann holte er eine kleine Fernbedienung aus einer der Schubladen hervor und drückte auf einen Knopf. Augenblicklich fuhren mehre Rollläden vor die Fenster. In einem der Bücherregale verwandelte sich ein Bild mit einem anderen Knopfdruck in einen Flachbildfernseher und eine große Karte erschien auf ihm. Es war eine Weltkarte und mehrere Länder waren rot markiert worden. Darunter auch England und Kanada. 

Cale stand wieder auf und ging zu dem Fernseher: "Diese Karte zeigt alle Länder, die ebenfalls einen Bombenangriff unterlagen. Claire, dein Land war nicht das einzigste, aber dafür das erste. Augenblicklich danach kam Kanada und erst ein paar Stunden später folgten Libyen, Island, Japan und Neuseeland. Sie alle hat es nicht so schwer erwischt. Es waren nur kleine Dörfer betroffen und es sind auch kaum Menschen ums Leben gekommen. Anderes war es dagegen in England und Kanada. Hier wurden direkt die Königshäuser angegriffen und beide sind nur knapp dem Tod entkommen." Es war ein großer Haufen Information, der mir in dem Moment aufgetischt wurde und fast hätte ich wieder die Fassung verloren, aber das konnte ich mir jetzt nich leisten. 

Stattdessen stellte ich etwas schockierendes fest: "Die Königshäuser der Länder sind alle miteinander befreundet!" 

Cale stimmte mir zu: "Ganz genau. Und Kanada und England verbindet schon seit längerem eine innigere Freundschaft und das nicht nur zwischen uns beiden." Ich lief rot an, fing mich aber sofort wieder: "Und wer hasst uns alle so sehr, dass er so etwas tun würde." 

Cale erklärte: "Zuerst dachte ich, dass es Mason gewesen ist. Aber dann dachte ich an Noah und dass er so etwas niemals zulassen würde. Also war nur noch eine Person übrig, die es jedoch mehr auf dich als auf mich abgesehen hatte..."

"Jan." rief ich ihm ins Wort. 

Er nickte: "Slowenien hat vor ein paar Tagen seinen König und seine Königin verloren und damit wurde Jan gekrönt." 

Schockiert sah ich ihn an: "Du glaubst doch nicht etwa... Er hat doch nicht..."

Betrübt blickte er zurück: "Oh doch. Er hat seine Familie ermordet, nur um König zu werden. Ich bezweifle jedoch, dass er es nur wegen dir getan hat, obwohl du eine wichtige Rolle in seinem Vorhaben gespielt haben musst. Claire, er will dir alles wegnehmen was dir gehört und was du liebst und achtest." 

Bevor er weiterreden konnte kam ein Angestellter des Bürokomplexes herein. Er beugte sich zu Cale und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Cale's Blick erhärtete sich und er ballte seine Fäuste. Nach kurzer Zeit verschwand der Angestellte auch schon wieder. Cale ging zu seinem Computer, dann sah er mich eindringlich an: "Mein Verdacht hat sich soeben bestätigt. Es wurde bewiesen, dass die Bomben aus Slowenien kommen." Weiter kam er nicht. Es sah so aus, als würde er gegen irgendetwas ankämpfen. Und dann, ohne jedes Wort verließ er das Büro. Ich lief ihm etwas verwirrt hinterher und folgte ihm in den Fahrstuhl. 

Wir fuhren schweigend nach unten. Ich wagte es nicht ihn zu fragen was los sei, denn er machte mir irgendwie Angst. Wir fuhren in eine Tiefgarage in der eine große Limousine stand. Wir stiegen ein und fuhren in ein Krankenhaus. Auch dort fuhren wir mit einem Fahrstuhl in den obersten Stock. Ich wollte mit Cale gehen, doch er befahl mir im Wartesaal zu bleiben. Ich setzte mich auf einen der Stühle und wartete brav. So wie er es mir gesagt hatte. Doch nach einer halben Stunde war er immer noch nicht zurück. 

Ich ging zu einem der Ärzte, die wie wild durch die Gegend liefen und fragte, was denn los sei. Er sah mich verwirrt an: "Wussten sie es etwa noch nicht? Bei dem Attentat auf das Königshaus wurde das Königspaar schwer verletzt und beide liegen seit dem unter dem OP-Tisch. Die Ärzte müssen am offenen Herzen operieren, da die Bombensplitter sehr weit vorgedrungen sind." 

Mir stockte der Atem. Das war also der Grund für Cale' s merkwürdiges Verhalten in den letzten Stunden. Er wollte mich im Wald nur beschützen und er hat nicht geredet, weil er nicht an das Unglück denken wollte, das seiner Familie widerfahren ist. Der Arzt wollte schon wieder weiterlaufen, doch ich hielt ihm am Arm fest: "In welchem Zimmer liegen sie?" Er zögerte erst, doch als ich den Druck um seinen Arm verstärkte antwortete er mir: "213"

So schnell ich konnte lief ich den Gang des Krankenhauses entlang und suchte das Zimmer 213. Ich erkannte es an den vielen Menschenmassen, die mit gesenktem Kopf vor der Tür standen. Ich ahnte das schlimmste. Langsam öffnete ich die Tür und wurde sofort von Cale angeschrien:"Raus!" Aber anstatt auf ihn zu hören ging ich in das Zimmer. Ich schloss die Tür hinter mir und ging hinter den großen Vorhang, hinter dem Die Familie war. Cale saß zwischen zwei Betten. Mit dem Kopf auf den Schoß des rechten Bettes. Des Bettes in dem der König lag. Seine Augen waren geschlossen und die Maschinen, die seinen Puls zeigen sollte zeigte einen Strich. Trotz des Striches hörte ich ein Piepen, das einen Pulsschlag vermuten ließ. Es kam von dem anderen Bett von dem auch ein leises Schluchzen ausging. In diesem Bett lag die Königin von Kanada, die sich an den Rücken von Cale kuschelte und leise vor sich hin schluchzte. Beide nahmen meine Gegenwart nicht wirklich war. 

In mir staute sich augenblicklich eine Wut zusammen, die ich in diesem Zimmer jedoch nicht zum Ausdruck bringen würde. Stattdessen ging ich zu Cale und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Dann machte ich zuerst vor dem König einen Knicks und danach vor der Königin. Diese sah mich lächelnd an. Sie wusste offenbar, was ich vorhatte.

Clair Maos - die Geschichte einer KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt