Vertrauen

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Als sie schließlich wieder Zuhause ankamen, war es bereits Nachmittag, die Sonne stand nicht mehr im Zenit und flutete die Stadt in ein weiches orangenes Licht. Die ganzen Lebensmittel, die sie durch das Bewerfen des Mannes verloren hatten, wieder neu einzukaufen, dauerte länger als geplant und zog ihren Trip in die Länge.

Als sie durch die Haustür traten und die schweren Bambuskörbe abstellten, bemerkte Kira zu ihrer Überraschung, dass Kija mit verschränkten Armen und grimmigem Gesichtsausdruck auf der Treppe, die nach oben führte, saß, ganz so, als habe sie sich die gesamte Zeit nicht von der Stelle gerührt.

„Das hat aber lange gedauert." schmollte sie.

Mit einem verschmitzten Grinsen sahen Kira und Intef sich an.

„Wir wurden etwas aufgehalten." schmunzelte er.

Seine Brüder schienen mittlerweile auch von ihrem Unterricht zurück gekehrt zu sein, denn auch sie kamen die Treppe herunter und wollten wissen, was denn so lange gedauert habe.

Neugierig löcherten sie die beiden mit Fragen, jedoch ignorierte Intef dies und wies sie an, ihnen zu helfen, die Körbe in die Küche zu tragen.

So schleppten sie den Einkauf in die Küche, Kija saß weiterhin trotzig auf der Treppe, und füllten die wackligen Holzregale an den Wänden mit allem, was sie neu erstanden hatten.

Als sie fertig waren, stand Kija nun mit verschränkten Armen in der Tür und erklärte eiserner Stimme, dass Intef schon den ganzen Vormittag mit Kira verbracht habe, und dass jetzt sie an der Reihe war, mit ihr zu spielen.

Eigensinnig nahm sie ihr liebgewonnenes neues Kindermädchen bei der Hand und zog die aus der Küche, die verdutzten Gesichtsausdrücke ihrer Brüder ignorierend.

Die wollen nie mit mir spielen. Du bist auch ein Mädchen, also spielen wir jetzt." bestimmte sie und zog Kira die Treppe hinauf in ihr Zimmer.

Dort lagen überall auf dem Boden verstreut die unterschiedlichsten Spielzeuge, Kira hatte Mühe, nicht aus versehen auf einen der vielen Kreisel, Bälle und Holzfiguren zu treten.

Als die beiden sich ans Bett gelehnt auf den Boden setzten – für Kira war es immer noch umständlich, in einem bodenlangen Leinenkleid herumzulaufen – zog Kija mit verschwörerischem Lächeln einen bemalten Holzkasten darunter hervor und flüsterte Kira zu: „Das hat meiner Mutter gehört."

Kira warf ihr einen fragenden Blick zu, daraufhin fragte sie, immer noch flüsternd, als ginge es um Staatsgeheimnisse: „Du kannst doch Senet spielen? Bei euch Hethitern gibt es das Spiel doch auch, oder?"

Kira musste sich wirklich zusammen reißen, nicht die Augen zu verdrehen. Dass Ahmose sie für hethitisch hielt, schien in dieser Familie zum Running Gag geworden zu sein.

„Nein, aber du kannst es mir ja beibringen." flüsterte sie zurück.

Zufrieden baute Kija das Spiel auf, zog aus dem Inneren des Kastens Wurfhölzer und Spielsteine heraus, stellte sie auf die Oberseite des Kastens, der mit seinen abwechselnd schwarz und weiß bemalten Feldern das Spielfeld darstellte.

So verbrachten die beiden endlos Zeit mit dem Spiel, welches Kija Kira voller Elan und ganz in ihrem Element beigebracht hatte.

Nach einigen Spieldurchläufen hatte Kira den Dreh heraus, schaffte es sogar ein paar mal, zu gewinnen und musste zugeben, dass es ihr mehr Spaß machte, als sie von einem Spiel, dass mehrere tausend Jahre alt war, erwartet hätte.

Kira genoss es, zusammen mit Kija Zeit zu verbringen. Als Einzelkind hatte sie sich immer eine kleine Schwester gewünscht, auch wenn nach der frühen Scheidung ihrer Eltern wenig Hoffnung darauf bestand.

Time Traveler - Durch den heißen WüstensandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt