„Ich wünschte, ich könnte dich verstehen."

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Er sah ihr herausfordernd ins Gesicht, und Kira wurde klar, dass Intef bei weitem nicht dumm war.

Anscheinend glaubte er weder daran, dass sie Hethiterin, noch Babylonierin war, also beschloss sie, ihre Lüge über Bord zu werfen und entgegnete vage: „Von sehr, sehr weit weg. Aber ich bin kein Feind, ehrlich nicht."

Triumphierend stellte sie fest, wie er ihr zu glauben schien und sich merklich entspannte.

Kira nutzte die Gelegenheit, um der Sache mit den Hethitern etwas näher auf den Grund zu gehen.

„...Davon mal abgesehen, weiß ich um ehrlich zu sein nicht wirklich, wer Hethiter überhaupt sind."

„Hethiter nennen wir das Volk aus dem Osten, dem sich Ägypten schon seit Jahrzehnten als Feind gegenüber sieht. Unser Pharao, Amenhotep, bemüht sich allerdings um ein friedliches Verhältnis mit unseren Nachbarländern, so hat er vor kurzem erst eine Prinzessin aus Mitanni und eine aus Babylonien geheiratet."

Mit Blick auf Kira, die interessiert zugehört hatte, fügte er hinzu: „...du scheinst wirklich wenig zu wissen."

Gekränkt über diese Bemerkung zog diese ihre Augenbrauen zusammen.

Zu ihrer Überraschung schien er dies zu bemerken, denn er setzte etwas sanfter hinzu: „Wenn es irgendetwas gibt, was du über Ägypten wissen willst, kannst du mich gern fragen."

Kira hatte den Eindruck, dass er feinfühliger war, als sie für jemanden aus der Vergangenheit angenommen hatte, und schenkte ihm ein beschwichtigendes Lächeln. „Danke."

Es schien, als wollte er noch etwas sagen, aber seine kleine Schwester, die die beiden Jugendlichen die ganze Zeit mit großen Augen beobachtet hatte, rief plötzlich: „Flechtest du mit ein buntes Band in den Zopf?"

Überrascht über die unerwartete Bitte sah sie das Mädchen an, und wie sie das so saß, mit ihren mit Kohle umrandeten Rehaugen und den leicht rosa Wangen, konnte Kira einfach nicht Nein sagen.

„Gerne. Hast du denn schon eins, was ich dir reinflechten soll?"

Eifrig nickte sie und rannte aus dem Raum. Einige Sekunden später kam sie wieder und hatte mehrere verschiedenfarbige Bänder in der Hand, von denen sie erklärte, dass sie sie alle schön finde, und dass Kira entscheiden solle, welches ihr am besten stünde.

Sie entschied sich für ein dunkelblaues und begann, es dem Mädchen in ihre Haare zu flechten, allerdings bemerkte sie, wie Intef sie dabei keine Sekunde lang aus den Augen ließ, und ihr wurde klar, dass er sich wahrscheinlich nicht mit einem einfachen „Ich komme von sehr weit weg" zufrieden geben würde.

Wenn sie ehrlich war, konnte sie es ihm auch nicht verübeln. Was würde sie über eine Person denken, die seltsame Klamotten trug, nicht aussah wie die einheimischen Leute und rein gar nichts über ihre Umgebung wusste?

Insgeheim nahm sie sich vor, ihre neue „Gastfamilie" davon zu überzeugen, dass sie ihnen friedlich gesinnt war.

Sie würde lernen, sich anzupassen und würde einen Weg finden, wieder in ihre eigene Zeit zurückzukehren. Selbst wenn es das Letzte war, was sie tat.


Entgegen ihrer Erwartung verliefen die ersten zwei Woche ohne Probleme.

Kiras Alltag war nun nicht mehr durch zur Schule gehen, Hausaufgaben machen und zum Tanzunterricht zu gehen definiert, sondern durch Kochen, das Haus aufräumen, sich um die Pflanzen auf der Dachterrasse und um die Haustiere zu kümmern, die sich gleich an ihrem ersten Abend in ihr Zimmer geschlichen hatten um gekrault zu werden.

Time Traveler - Durch den heißen WüstensandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt