Licht & Dunkel

Gerettet

Ich bin nur noch wenige Meter von ihr entfernt. Ich fange an sie erkennen zu können. Ich bin nicht ganz 180 cm, dann dürfte sie etwas über 170 cm sein, denn sie ist ca einen halben Kopf kleiner als ich. Sie ist schlank, aber mit Kurven an den richtigen Stellen. Zumindest soweit ich das von Hinten sagen kann. Ihre schulterlangen Haare sind rot. Nicht dieses grelle, gefärbte rot, was heute so viele tragen. Nein, echtes, natürliches Kupferrot. Alleine deswegen könnte ich schon schwach werden.

Ich bin nur noch ein paar Schritte von ihr entfernt, als plötzlich die Zeit still zustehen scheint. Sie hat den Kopf nach links gedreht, die Augen weit geöffnet, und ist im Begriff einen Schritt nach vorne zu machen.

Ich schaue nach links und sehe den Grund für ihren Blick. Ein großer Lastwagen rast auf sie zu. Hat sie ihn vorher nicht gesehen? Oder... ist das Absicht?

Mein Körper reagiert von alleine. Mit einem Satz bin ich hinter ihr, greife nach ihrer Hand. Ich ziehe sie zu mir, halte sie fest in meinen Armen und drehe mich mit ihr von der Straße weg. Ich schaue in ihre wunderschönen, aber traurigen, grauen Augen. Eine unausgesprochene Frage liegt in ihnen: "Wieso?" Ich kann nicht anders und küsse sie. Sie wirkt überrascht, steigt aber mit ein.

Die Zeit setzt sich langsam wieder in Gang als sich unsere Lippen voneinander trennen. Noch bevor einer von uns etwas sagen kann, bekomme ich einen heftigen Schlag gegen den Kopf. Die Welt vor meinen Augen verschwimmt.

"Hey! Hey!" höre ich eine Stimme, die einem Engel gehören könnte. "Ist alles OK mit dir?"

Ich öffne vorsichtig meine Augen. Langsam wird die Welt wieder klarer. Ich schaue in ein Gesicht. Es muss wirklich ein Engel sein, der nach mir ruft. Bin ich tot? Aber nein, Moment, dann würde ich wohl nicht hier landen. Dann erkenne ich die Augen. Es ist das Lichtmädchen. Sie stützt mich. Halt, halt, halt. Hatte ich sie nicht gerade vor einem LKW gerettet? Warum stützt sie dann mich? Ich richte mich langsam auf. Autsch! Ein starker Schmerz durchzuckt meinen Schädel. "Was... was ist passiert?" frage ich zögernd und halte mir den Kopf. "Du Idiot!" schreit sie mich an. "Weist du was hätte passieren können? Was hätte passieren sollen? Siehst du, was du davon hast, weil du dich eingemischt hast?" Ich bin verwirrt und kann kaum einen klaren Gedanken formulieren. "Autsch mein Kopf, was ist passiert? Warte. Ich hab dich gerettet. Vor einem LKW, oder? Was war dann?" keuche ich mehr, als das ich spreche. "Ja du hast mich 'gerettet'" entgegnet sie sarkastisch. Also war es doch Absicht. Dieses Mädchen, das erfüllt ist von dem schönsten und hellsten Licht, das ich jemals gesehen habe, wollte sich das Leben nehmen. "Jedenfalls hat DICH dann der Spiegel von dem Laster am Kopf erwischt. Nur weil du scheiß Vollidiot dich unbeding einmischen musstest. Was sollte der Mist eigentlich?" warf sie mir wütend vor.

Ich versuchte meine Gedanken zu sammeln. Ich rette ein Mädchen, werde dabei am Kopf getroffen und dann macht mir das selbe Mädchen Vorwürfe? Was ist denn hier los? Ich versuche mich zu erklären: "Ich... ähm... ich konnte doch dein Licht nicht einfach erlischen lassen."

Sie schaut mich an, als hätte ich sie nicht mehr alle: "Sicher das es dir gut geht? Du hast schon einen recht heftigen Schlag abbekommen. Vielleicht solltest du in ein Krankenhaus?"

Ich halte mir den Kopf und spüre etwas Nasses. Als ich meine Hand ansehe, kann ich Blut an meinen Fingern erkennen. Ich antworte ihr: "Ach Blödsinn! Mir gehts gut! Mach dir keine Sorgen!" Ich löse mich von ihr. Stehe alleine aufrecht da. Und muss mich übergeben. Sofort stützt sie mich wieder: "Nagut. Kein Krankenhaus. Aber du kommst vorerst mit zu mir."

Ich habe nicht die Kraft ihr zu widersprechen, also lasse ich mich mit zu ihr nehmen.

Weiter gehts wie immer im nächsten Teil