Kapitel 1

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Ich erwache davon, dass mir die Sonne durch das kleine Zimmerfenster ins Gesicht scheint.Ich blinzele ein paar mal und brauche einen Blick, um Mary neben mir zu erkennen. Sie liegt zusammen gerollt wie ein Kätzchen neben mir und schläft. Möglichst leise decke ich mich auf und klettere aus meinem Bett. Auf Zehenspitzen  schleiche ich zur Tür und husche hinaus. Dann gehe ich durch den langen, dunklen Hausflur in unsere Küche und meine Nase nimmt sofort den wunderbaren Geruch von Pfannkuchen wahr. Schnell laufe ich zum Küchentisch und setzte mich hin. Plötzlich zieht mich jemand in eine feste Umarmung. Ich zucke zusammen, doch als mir eine lange braune Haarsträhne ins Gesicht fällt, bemerke ich, dass es nur meine Mom ist. Erleichtert schmiege ich mich an sie. Schließlich löst sie sich von mir und gibt mir einen Kuss auf die Stirn. "Guten Morgen, mein Engel", sagt sie dabei sanft. Meine Mom ist der gutmütigste und netteste Mensch auf der Erde: Sie kann einfach niemandem eine Bitte abschlagen.

Vor 3 Jahren hat sie ein kleines verwaistes Mädchen bei uns aufgenommen. Wir haben erst später von Mom erfahren, dass es eine Law war. Sie hatte so starkes Mitleid, dass sie die Law einfach bei uns versteckt hat.

Zum Glück hat niemand etwas gemerkt, sonst wäre Mom jetzt im Gefängnis.

Aber ich schweife ab. Meine Mom setzt sich zu mir an den Tisch und nimmt sich einen der Pfannkuchen. "Hast du gut geschlafen?", fragt sie mich im beiläufigen Ton. "Nicht witklich. Ich habe die Schüsse gehört. Und Mary auch." "Woher weißt du das?", fragt Mom mich besorgt. "Sie hat bei mir im Bett geschlafen, weil sie Angst hatte. Angst vor den Laws." Mom zieht eine Augenbraue hoch und sieht mich an. Gerade als sie den Mund öffnet, um etwas zu sagen, kommen Dad und Mary zur Küchentür herein. "Guten Morgen", sagt Dad betont fröhlich, doch ich erkenne an den dunklen Schatten unter seinen Augen, dass auch er die Schüsse gehört hat. Mary blinzelt uns nur verschlafen an und klettert dann auf ihren Stuhl. Sie angelt sich einen Pfannkuchen und beißt genüsslich hinein. Auch ich nehme mir endlich einen Pfannenkuchen und beginne zu frühstücken.

Das Frühstück verläuft unter Schweigen,  wir sind alle einfach zu geschockt von den Schüssen. Als ich endlich fertig gegessen habe, stehe ich auf, gebe meinen Eltern und Mary einen Abschiedskuss und schultere meinen weißen Schulrucksack. Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass ich spät dran bin. Deshalb verlasse ich zügig das Haus. Dann gehe ich die Straße entlang und betrachte dabei die Häuser, die die Straße säumen. Alle sind weiß gestrichen, haben nur ein Stockwerk und sind komplett gleich aufgebaut. Sogar die Einrichtung ist in jedem Haus gleich. Die Einrichtung der Trams, der Unterschicht, ist natürlich schlichter als die der Skorions oder der Richs. Ich gehöre übrigens zur Unterschicht, den schon erwähnten Trams. Aber ich bin ehrlich gesagt nicht unzufrieden damit, denn auch als Trams führen wir ein ziemlich sorgloses Leben, das System sorgt schließlich für alle. Plötzlich weht mir ein eisiger Wind mir entgegen und lässt mein langes braunes Haar aufwirbeln. Vorsichtig streiche ich es mir zurück, doch als der Wind sie wieder nach vorne holt, binde ich meine Haarw zum Zopf zusammen.

Doch auf einmal werde ich stutzig und halte an. Der Wind hat auf den Gehsteig, der entlang der Straße verläuft, einen Zettel geweht. Neugierig hebe ich den Zettel auf und falte ihn auseinander.

Als ich die Blutrote Schrift auf dem Zettel sehe, packt mich die Angst.  Und das, was mit der Schrift geschrieben ist, macht es nur noch schlimmer. "Du kannst dich nicht ewig verstecken". Panisch drehe ich mich um und versuche heraus zu finden, von woher der Zettel kam. Doch die ganze Straße ist menschenleer.  Ich lasse den Zettel fallen und gehe mit schnellen Schritten weiter, bis ich an der Schule ankomme. Ich betrete das weiße Gebäude der Mittelschule für die Trams und bin gespannt, und wappne mich für alles, was passieren könnte." Der Tag hat schrecklich angefangen also wird er auch schrecklich weitergehen", denke ich. Damit habe ich nicht mal Unrecht.

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