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Unwohl blendete ich alles um mich herum aus. So bekam ich nicht mit, dass Azra mich angesprochen hatte. Erst als Raphael mir leicht an den Haaren zog, sah ich wieder auf. „Wir müssen langsam los." Verwundert blickte ich ihn an. „Wohin?" Als sich sein Blick verdunkelte, zog sich mein Magen zusammen. Ich stand auf und sofort stand Seylen neben mir. „Ich...gib mir etwas Zeit." Zitternd führte Seylen mich aus dem Raum und ich konnte sehen wie Raphael Azra zurückhielt als sie mir folgen wollte. Als die Türen zum Saal hinter mir zu fielen, drehte sich mir der Magen um und ich hielt mir meine Hand vor den Mund. „Hier entlang." Seylen führte mich durch einen Gang. <<Fünf Minuten hast du. Dann werde ich dir folgen. >> Raphaels Stimme klang angespannt. Ich betrat ein Raum und sah mir suchend um. „Hinten..." Bevor Seylen zu Ende sprechen konnte, lehnte ich bereits über der Toilette und übergab mich. Erschöpft wischte ich mir den Mund mit einem Handtuch ab und stand auf. Mein Körper zitterte noch leicht, doch es ging mir etwas besser. Ich betätigte die Toilettenspülung und wusch mir den Mund aus. Tief durchatmend trat ich wieder zu Seylen. Sie stand neben der Tür und hielt mir ein Glas hin. Drin war eine violette Flüssigkeit. Vorsichtig nahm ich das Glas an und roch dran. Es hatte einen sanften Geruch. Ich nahm einen Schluck davon und bemerkte wie sich meine Speiseröhre und mein Magen beruhigten. Langsam trank ich das Glas komplett aus und gab es ihr wieder, als es leer war. „Danke." Sie lächelte mich an. <<Eine Minute. >><<Mir geht es gut. >> Beruhigte ich ihn. <<Ich würde dir das gerne ersparen- >><<Ich werde damit schon zurechtkommen >>, unterbrach ich ihn und ging wieder aus dem Raum. Eine kleine dunkelrote Echse filzte auf mich zu und kletterte an meinem Kleid zu meinem Hals hoch. Hinter dieser her kam Syman. Dieser fixierte die Echse und runzelte die Stirn. <<Dein Stellvertreter mag Elias nicht besonders, habe ich das Gefühl. >><<Er weiß nur nicht, wie er diesen einteilen soll. >> Ich nahm Elias unter Protest von meiner Schulter herunter und legte sie Syman stattdessen auf die Schulter. Er verharrte in seiner Position und betrachtete Elias Herausfordernd. Dessen Reaktion war es, sich an seinen Hals zu schmiegen, um ihn dann über den Hals zu lecken. Das Gesicht von Syman war einfach unbeschreiblich. Er hätte Eilas bestimmt in Stücke zerrissen wenn er könnte. Doch er hob ihn nur vorsichtig hoch und gab ihn mir zurück. Dabei versuchte er mich nicht zu berühren und ich war ihm dankbar dafür. „Wir sollten aufbrechen ", sagte er dann an mich gewandt. Ich nickte Angespannt und folgte ihm. Hoffentlich würde es schnell vorbei sein. <<Ich habe mit Melchior gesprochen. Dein Vater wird nur kurz in den Raum geführt werden und dann in seiner Zelle auf sein Urteil warten. >> Mir wurde warm ums Herz, doch dieses Gefühl verschwand wieder schnell. <<Ich will ihm nicht diese Genugtuung geben, dass ich mich vor ihm verstecke. Er soll im Raum bleiben. >> Raphael schottete sich wieder von mir ab. Ich hielt meinen Atem an und wartete. Als er sich nach mehreren Sekunden wieder zeigte, schloss ich kurz meine Augen. <<So soll es sein. Aber wenn es zu schmerzhaft wird, wird er gehen. Mehr kann ich dir nicht geben. Weiter verhandele ich nicht. >><<Das reicht mir schon. >> Elias schmieg sich an meinen Nacken. Seine Wärme beruhigte mich und ich trat durch die Türe. Der Raum war gefüllt mit Engeln und auch im Schatten konnte ich Wesen erkennen. Aber meine größte Aufmerksamkeit wurde auf meinem Vater gelenkt. Er stand in der Mitte des Raumes. Hinter ihm stand ein Männlicher Engel. Auf seinem Rücken waren zwei Schwerter. Es beruhigte mich etwas und dennoch war ich angespannt. Als das Königspaar durch einen weiteren Eingang in den Raum kamen, erhoben sich alle und neigten ihre Köpfe. Der König ließ einige Sekunden verstreichen, ehe er sprach. „Wir sind heute, an diesem Tag zusammen gekommen, um das Urteil dieses Menschen zu fällen." Ein leises Raunen ging durch die Menge, welches aber wieder verstummte als der König weiter Sprach. „Ihm wird vorgeworfen, dass Höchste unserer Gesetzte gebrochen zu haben." Die Menge wurde Laut und ich verspannte mich noch mehr. „Er hat seine Tochter Jahrelang misshandelt." Die Menge schwieg und ein Mann erhob sich. „Wie kann unser Gesetzt gebrochen worden sein? Unter den Menschen leben keine Engel." „Das Stimmt. Doch sie ist kein gewöhnlicher Engel." Der König sah zu mir und lächelte mir aufmunternd zu. Eine warme Hand legte sich in meinen Rücken und ohne die leise Vorwarnung von Raphael, wäre ich wohl zusammen gebrochen. <<Geh zu ihm. Ich werde direkt hinter dir sein. >> Ich atmete tief durch und lief auf den König zu. Die Menge verfolgte mich. Nur das Geräusch meiner Absätze auf den Marmor erklang, sonst war es totenstill in dem Raum. Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, wie mein Vater den Kopf hoch und zu mir aufsah. Sein Blick war erzürnt. Ich sah weg. Der König hielt mir seine Hand hin. Panisch wollte ich zurückweichen, doch Raphael legte mir seine Hand zwischen meine Flügel. <<Alles ist gut. Er wird dir nichts tun. Er möchte, dass du neben ihm stehst. >> Mit Raphaels zusprachen, legte ich meine Hand in die des Königs und trat die Stufe nach oben. Sofort ließ er mich wieder los und lächelte mich endschuldigend an. Ich atmete tief durch und nickte ihm zu. „Wie ihr sehen könnt, unterscheidet sie sich von uns. Ihr wurde eine Bestimmung zugeschrieben und jeder unter Euch kennt ihre Bestimmung." Die Menge wurde laut und als ich meine Flügel etwas ausbreitete, um sie zu entspannen, verstummten die Gespräche wieder. Die Türen öffneten sich erneut und einige der Erzengel betraten den Raum. Sie nickten dem Königspaar zu und verbeugten sich leicht vor mir. Unter ihnen befand sich auch Zadkiel und Metatron. Raphael jedoch blieb neben mir stehen und hatte seinen rechten Flügel, leicht ausgestreckt. Michael, Uriel, Raziel und Esila vervollständigten die Gruppe. Esila starrte mich giftig an. Ich senkte den Kopf etwas. Neben mir schnaufte Raphael und auch Elias schnaufte leise. „Einer dieser Erzengel, wird sich ihrer Erinnerungen bemächtigen und das Urteil fällen. Durch den Blut Eid wird diesem verboten, darüber zu sprechen was er gesehen hat. Sollte dieser Gebrochen werden. Stirbt die Person." Ich hob den Kopf wieder an und sah nach Raphael. Der König wandte sich zu mir und zeigte auf die Gruppe. „Triff deine Entscheidung." <<Wenn du nicht möchtest das ich es wisse, würde ich nicht Zadkiel nehmen. Wir haben eine Verbindung zu einander, die über den Blut Eid hinausgeht. Einer der Gründe warum du ihn auch Wahrnehmen kannst. >> Ich sah erstaunt zu Raphael. Dieser lächelte mich an. <<Aber es bricht dir das Herz, wenn du es nicht sein wirst. Das tut mir leid, aber ich- >><<Ich kann verstehen warum du es mir nicht Zeigen möchtest und ich werde dich nicht drängen. Nicht in diesem Thema. >> Ein Kloss bildete sich in meinem Hals. <<Ich danke dir. >> Ich streifte seinen Flügel, mit dem meinem und sah wieder zur Gruppe. „Das Urteil soll Metatron fällen ", erklärte ich laut. Meine Stimme klang stark, obwohl ich gerade zerbrach. „So soll es sein." Der König neigte seinen Kopf kurz und die anderen Erzengel, außer Metatron verschwanden wieder. Sie flogen zu den anderen Engeln. <<Es wird nicht lange dauern und du wirst nichts merken. Aber du musst dich ihm öffnen. >> Raphaels Hand wanderte über meinen Rücken. <<Du wirst das schaffen. >> Ich nickte, trat zum Geländer und Sprang herunter. Mit meinen Flügeln bremste ich mich ab und ging auf Metatron zu. In einer fließenden Bewegung schnitt er sich sein Handgelenk etwas auf und hielt mir den Dolch hin. Ich nahm ihn entgegen, zog den Stoff meines Kleides etwas hoch und schnitt mir ins Handgelenk. Mein Schnitt war um einiges tiefer als geplant und Raphael verspannte sich. Metatron nahm den Dolch wieder an sich und griff vorsichtig nach meinem Handgelenk. Er legte seinen Schnitt über den meinen und sprach einige Worte in Latein. „Hiermit besiegel ich den Blut Eid mit meinem Blut. Solange wie ich lebe, werde ich über Jasmins Geschichte nichts erzählen. Sollte ich meinen Eid brechen, soll mich der Tot holen." Ich nickte. „Ich nehme deinen Eid an und besiegel ihn Vollendens mit meinem Blut." Metatron ließ mein Handgelenk los und ich zog es zu mir. Der Schnitt hatte sich in eine weiß-rote Narbe verwandelt. Ich sah zu Metatron. Er zeigte mir seine. Sie hatte sich in ein Dunkles Rot verfärbt. „Der Blut Eid ist besiegelt." Ich atmete tief durch und öffnete meinen Geist für ihn. Ich schloss meine Augen und konzentrierte mich ihn offen zu lassen, damit Metatron das sehen konnte, was er musste. Mehrere Sekunden vergingen, als ich ihn spüren konnte. Wie ein leises Rauschen breitete er sich in meinem Geist aus und erforschte ihn. Elias wies ihn dabei. Ich wusste nicht wie lange er sich in meinem Geist befand, doch plötzlich war das Rauschen verschwunden. „Schuldig. Er wird der höchsten Strafe verwiesen." Metatrons Stimme kochte vor unterdrücktem Zorn und auch Raphaels Zorn konnte ich spüren. Selbst durch die Schilder von Elias. Sein Zorn nahm mir meine Luft zum Atmen. <<Raphael... >> Selbst mein Gedanke klang außer Atem. Sofort schottete er sich weitestgehend ab. <<Entschuldige. >> Er erschien an meiner Seite. „Komm." Er führte mich aus dem Raum und brachte mich von dem Raum weg. Ich hörte noch die schreie, ehe die Türen zufielen. Ohne einen Gedanken, daran zu verschwenden, folgte ich Raphael. „Ich würde dir gerne etwas zeigen, aber du bist nicht angemessen dazu bekleidet." Ich hob eine Augenbraue und sah ihn an. „Was möchtest du mir den zeigen?" Er schüttelte lächelnd den Kopf und hielt mir die Zimmer Tür auf. Seylen empfing uns. „Das verrate ich dir noch nicht." Er nickte Seylen zu und ging wieder aus dem Zimmer. Ich seufzte und ging auf Seylen zu. Diese half mir mich wieder um zu ziehen. Sie steckte mich in ein schwarzes Kleid was sich eng an meinen Körper schmieg. Es teilte sich vor mir wenn ich einen Schritt machte und hatte eine weiß-blaue Verzierung an dem unteren Saum. Das Kleid hatte einen Hohen Kragen und lange Ärmel. Der Rücken war mit einem Tattoo ähnlichem Stoff geschmückt. Auch um meine Flügel herum befand sich der Stoff. Seylen ließ meine Haare wie sie waren. Das Kleid war atemberaubend. Ich strich den Stoff glatt und nahm die Kette entgegen. Sie hing etwa auf Brusthöhe und auch hier war ein roter Kristall eingearbeitet. Ich trat aus der Tür und erblickte Raphael. Auch er hatte sich umgezogen. Er trug einen schwarzen Anzug und ein weißes Hemd. Ich biss mir auf die Lippen und erwiderte schüchtern sein lächeln. „Das Kleid steht dir hervorragend." „Ich..." Mir entfielen meine Worte und ich schüttelte einfach nur meinen Kopf. „Du siehst auch gut aus", murmelte ich leise. „Komm, wir müssen aufbrechen." Ich hob meinen Kopf wieder und folgte ihn. Er ging in den Garten und flog langsam nach oben. Ich beobachtete ihn etwas, ehe ich ihm anmutig folgte. „Wohin fliegen wir?" „Das ist ein Geheimnis, Amate." Ich biss mir auf die Unterlippe und ignorierte Elias. Dieser wackelte mit seinen Augenbrauen und fing dann an zu lachen. Ich verdrehte nur meine Augen und flog Raphael weiter hinterher. Er führte mich etwas vom Schloss weg. Die Landschaft unter uns erblühte in zarten Farben und Lichter. Sie führten immer weiter aus der Stadt heraus, einen kleinen Fluss entlang. Dieser wurde immer breiter. Als ich diesem folgte, entdeckte ich einen wunderschönen See. Dieser war beleuchtete und strahlte aus seinen tiefen. Verwundert flog ich etwas schneller und setzte vor Raphael zur Landung an. Am Ufer ließ ich mich auf die Knie sinken und starrte das Wasser an. Es leuchtete in einem warmen Blau. Raphael setzte neben mir zur Landung an und das Wasser kräuselte sich leicht. Auch andere Engel landeten um den See herum. Nach dem ich etwas über die Menge gekuckt hatte, sah ich auch das Königspaar und die anderen Erzengel. Verwundert sah ich wieder zu Raphael. Er hatte sich neben mich gekniet und hielt eine Hand ins Wasser. Als er die Hand wieder herausnahm, saß eine kleine Elfe auf seiner Hand und lachte vergnügt. Sie formte eine kleine Wasserblase und ließ diese in kleine tropfen zerplatzen. Raphael neigte seinen Kopf. Die Elfe küsste seine Stirn und sprang wieder ins Wasser. „Was war das?", hauchte ich und betrachtete Raphael. Auch er schien von innen heraus zu leuchten. Ich konnte auch andere Engel erkennen, die mit einem Mal von innen heraus leuchteten. „Die Wasserelfen schenken uns einmal alle Tausendjahre ihren Frieden." Verwirrt sah ich wieder aus Wasser. „Ihren Frieden?" „Körperlichen und Physischen Frieden. So kann man es einigermaßen beschreiben. Für jede Person ist es jedoch etwas anders. Bei mir war es jeher der Frieden." Raphael lächelte mich an. „Versuch du es auch." Etwas nervös tauchte ich meine Hand ins Wasser. Allerdings geschah auch nach mehreren Minuten nichts. Ich zog meine Hand wieder zurück, als diese umklammert wurde. Erschrocken von der plötzlichen Berührung, hielt ich inne.

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