Erinnerung

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 Die tätowierten Finger tippen ungeduldig auf dem mit Leder überzogenem Lenkrad herum. Seine Atmung ist ruhig. Die Augen schauen ins Leere. Seit zehn Minuten wartet der Blauhaarige in seinem schwarzen Leihwagen auf der anderen Seite der Straße. Das rote, blinkende Licht des Geschäfts gegenüber scheint in seinen Wagen. Die Dämmerung bricht langsam herein und das Autoinnere färbt sich von Minute zu Minute roter. Die gelben Augen schielen zu der digitalen Uhr des Corsas. 5pm ist es nun. Er ist sich nicht sicher, was er nun tun soll. Reingehen? Wieder fahren? Dort warten? Und wenn er wartet, dann worauf?

Er weiß es einfach nicht. Er ist sich nicht einmal im Klaren, wieso er überhaupt hergefahren ist. Sein Kopf dreht sich langsam zur Seite. Seine Augen wandern mit und nach zehn Minuten des vor sich hin Starrens, blickt er zum ersten Mal zum Ziel seiner kleinen Reise. In leuchtendem Rot blinken die Worte „Fun House" über dem Eingang. Die Fenster sind mit schwarzer Folie verdunkelt, damit niemand ins Innere des Clubs sehen kann. Zumindest von außen nicht. Am Eingang stehen zwei Schränke vor der Tür. Einen Blonden und einen Schwarzhaarigen. Beide haben lange Haare, die zu einem Pferdeschwanz gebunden sind. Der Blonde trägt einen Pony, der ihm mitten ins Gesicht fällt und die Augen nahezu komplett verdeckt. Sein gepunktetes Hemd ist offen und präsentiert seinen durchtrainierten Oberkörper. Zwei Schlagringe zieren die Hände, die verschränkt vor seiner Brust pranken. Seine Jeans ist hell und hat seitlich Fransen die abstehen. Der andere hat zwei Strähnen offen, die sein Gesicht umranden. Er trägt ein Netzhemd und ein Bauchfreies, gestreiftes Shirt. Dazu eine schwarze, enge Lederhose. Ein Messer ist an seinem Gürtel befestigt. Alles an deren Aussehen schreit danach, dass diese beiden keine seriösen Türsteher sind.

Neben den beiden Männern stehen noch zwei kleinere, schmalere Typen. Zwei recht attraktive Männer. Ebenfalls gut gebaut, aber lange nicht so abschreckend aufgepumpt. Der eine hat schwarze Haare, die gewellt an seinem Gesicht herunterfällt. Sommersprossen zieren seine Wangen. Seine dunklen Augen sehen die neugieren Passanten mit verführerischem Blick an. Er steht Oberkörperfrei auf der Straße, auch wenn die Außentemperatur grade Mal 52° Fahrenheit draußen sind. Auf seinem linken Oberarm hat er eine Tätowierung, die einen Schriftzug aufweist. Von seiner Position aus, kann Law diesen allerdings nicht lesen. Er trägt eine Hautenge Latexhose, die seine muskulösen Beine und seine untere Körperregion gut betont. Dazu schwarze Springerstiefel, die bis unter seine Waden reichen. Der zweite ist etwas größer als der Schwarzhaarige. Er hat grüne, nach oben gegelte Haare und trägt einen violetten Mantel mit Fellüberzug. Er hat ein blaues Tattoo an seinem rechten Auge, welches aus zwei gekrümmten Streifen besteht. Seine Nase und seine Brustwarzen sind gepierced. Ebenfalls ein Tattoo prankt auf seiner Brust. Was das darstellen soll, kann Law nicht erkennen. Er trägt eine gelb-rot karierte Hose und ebenfalls schwarze, Knielange Schuhe. Er flirtet offensichtlicher mit den Passanten. Da ist ein Augenzwinkern das harmloseste.

Law vergräbt seine Hand in seinem dunkelblauen Haar. Was hat er sich bei dieser bescheuerten Idee gedacht? Er sollte den Motor starten, nach Hause gehen und seine Freizeit mit einem Bier und etwas Fernsehen genießen. Er seufzt laut und schüttelt leicht den Kopf. Was ist nur los mit ihm?

Genervt von seiner selbst steigt er aus dem Auto und läuft eleganten Schrittes herüber. Langsam aber Selbstsicher.

„Hey Süßer. Hast du dich endlich entschlossen zu uns rüber zu kommen?" fragt der Grünhaarige frech und zwinkert breit grinsend dem Chirurgen zu. Law blickt kurz in die orange-braunen Augen, die ihn lasziv anstarren, ehe er den Blick wieder abwendet. Innerlich überlegt er, ob er umdrehen und wieder fahren soll, jedoch gibt es für sein Selbstbewusstsein kein Zurück mehr. Vor den beiden freizügig gekleideten Dienstleistern wird er sich nicht die Blöße geben und wieder abhauen. „Komm schon Süßer, wie wäre es mit uns?" er streckt seine Zunge raus und schiebt demonstrativ den Mantel beiseite.

Als Law auch auf die weiteren Anmachsprüche nicht eingeht, lacht der Grünhaarige laut auf. „Spielst du den Unnahbaren? Darauf steh ich."

Law verkneift sich ein verächtliches Schnauben. Stattdessen stellt er sich zwischen die beiden Türsteher und wartet darauf, dass diese einen Ausweis oder ähnliches von ihm sehen wollen. Stattdessen öffnen sie jedoch direkt die Tür und bieten Law an ohne weiteres einzutreten. Von drinnen ertönt laute Musik. Hiphop mit lautem Bass. Ein kurzer schwarzer Gang beleuchtet mit Rotlicht und roten Teppich erstreckt sich vor Law. Unsicher bleibt er kurz stehen. Er ist sich nicht sicher, ob er eintreten soll. Noch hätte er die Chance umzudrehen. Als jedoch der Blonde anstalten macht Law anzuweisen zu gehen oder einzutreten, läuft er gradewegs hinein. Die Türen werden hinter ihm verschlossen. Misstrauisch sieht sich Law um, jedoch gibt es nicht sonderlich viel zu sehen. Vor ihm erstreckt sich ein schwarzer Vorhang, der die Sicht beim Öffnen der Tür beschränken soll. Gesetzliche Vorgabe, zumindest glaubt Law dies. Er streift den Vorhang beiseite und tritt hindurch. Vor ihm erstreckt sich ein ca. 50 Quadratmeter großer Raum mit mehreren Tischen und Stühlen. Auf der rechten Seite erstreckt sich eine Kreisrunde Bühne, mit einem längeren Gang, um die bequemere Sessel mit Beistelltischen gestellt sind. In den hinteren Ecken stehen Sofaecken mit tiefergelegten Tischen. Über den Raum verteilt sitzen mehrere Leute, die sich die Show ansehen. Auf der Bühne tanzt ein blonder Mann an der Stange. Er trägt knappe Ledershorts und auf der Bühne sind weitere Kleidungsstücke verteilt. Auf seiner Brust prankt ein riesiges, blaues Tattoo, welches ein Kreuz mit einer Sichel oder ähnlichem darstellt. Der blonde Mann tanzt lasziv und badet förmlich in dem Geldregen, der auf die Bühne geworfen wird.

An der Bar steht ein blonder Mann mit Kringelbraue, dessen rechtes Auge von seinen Haaren verdeckt wird. Er wirft einen Cocktailmixer in die Luft und fängt diesen geschickt wieder. Law begibt sich leichten Fußes auf die Bar zu und macht es sich auf einem der Hocker bequem.

„Was kann ich für dich tun?" fragt der Blonde und sieht den Blauhaarigen fragend an.

„Einen White Russian." bestellt Law murmelnd. Grade so laut, dass es der Barkeeper verstehen konnte.

„Russe? Ich hatte die Hoffnung, dass ich dein Typ bin." hört der Chirurg plötzlich hinter sich. Er zuckt leicht zusammen, als er einen warmen Atem an seinem Ohr spürt. „Hab ich dich erschreckt?"

Eine wohlige Gänsehaut breitet sich in seinem Nackenbereich aus. Als er seinen Kopf leicht zur Seite legt, entdeckt er die rote Mähne, die ihn Wochenlang verfolgt hat. „Du bist so still... Hab ich dir die Sprache verschlagen?" Law spürt, wie die großen, warmen Hände des Rothaarigen dessen Hüfte umschließen.

Böse knurrt Law. „Wieso plötzlich so aggressiv?" fragt Kid grinsend.

„Du kannst doch sowieso in mir lesen wie in einem offenen Buch, also nimm deine Pfoten weg." knurrt Law weiterhin aggressiv.

Nur widerwillig entfernt der Rothaarige seine Hände. „Wieso kommst du mich besuchen, wenn du mich anscheinend so sehr hasst?"

Kurz stockt Law. Er wüsste es auch gerne. Doch er hat keine Antwort parat. Er dreht sich um und will eigentlich wieder gehen, als er in ein Paar Blutrote Augen sieht, die im Licht der Innenbeleuchtung ihren ganz eigenen Glanz verliehen bekommen. Der Blick des Rotäugigen ist intensiv. Er verschlingt Law förmlich und der sonst so souveräne Chirurg droht sich in dem Blick zu verliehen. Ein Kribbeln durchfährt seinen kompletten Körper. Seine Abwehrhaltung droht komplett in sich zusammenzufallen. Plötzlich kommen wieder die ganzen Erinnerungen hoch über die Nacht im Krankenhaus. Zuerst einzelne Bilder, aber mit der Zeit, und wir reden hier von ein paar Sekunden, spielt sich alles noch einmal wie ein Film in Laws Kopf ab. Als hätte jemand die Nacht gefilmt und würde sie jetzt vor Laws Augen noch einmal Revue passieren lassen. Es würde nur noch das Popcorn fehlen. Das angenehme Kribbeln zieht sich langsam hinunter in Laws untere Gegend. Diese Szenen wieder zu sehen lässt ihn zu seinem Bedauern nicht ganz so kalt wie er gerne hätte. Er kann Kids Blick nicht länger standhalten und seiner wendet sich ab. Kid fängt wieder an zu Grinsen und schiebt seine Hand an Laws Oberschenkel hoch. Kurz zuckt der Chirurg zusammen. Das kann doch nicht sein, dass der Rothaarige mal wieder ahnt, was sich in Laws Kopf abspielt...

Langsam lehnt sich der muskulöse Oberkörper seines Gegenübers nach vorne. Die Halsketten, die Law bis dato nicht aufgefallen sind, klimpern leise durch die Bewegung. Eine angenehme Gänsehaut breitet sich auf Laws Körper aus und fährt wie ein kalter, jedoch angenehmer Schauer seinen Körper hinunter. „Wie es scheint, erinnere nicht nur ich mich an unsere Nacht." flüstert Kid amüsiert in Laws Ohr. „Also wieso machst du es uns beiden so schwer und versuchst es zu verleugnen? Wir sind ganz offensichtlich scharf aufeinander. Wir können jetzt natürlich weiter hier sitzen und uns gegenseitig belügen, als seien wir Teil einer billig produzierten Fernsehserie von E! Universal, bis wir uns irgendwann eingestehen, dass wir doch aufeinander stehen und nach zwei Wochen alles wieder auseinander bricht, weil Betty mitbekommen hat, wie Joe sie belügt... Oder wir benehmen uns nicht wie pubertierende 14 Jährige. Also?"

„Ein Arzt hat sich auch etwas Spaß verdient ohne sich rechtfertigen zu müssen, oder nicht?" murmelt Law grade laut genug, dass Kid es mitbekommt.

„Natürlich hat er das." haucht Kid in Laws Ohr und schiebt seine Hand noch etwas weiter nach oben.

„Also wieso muss ich mich vor dir rechtfertigen, wenn ich herkomme um Spaß zu haben? Und wer hat dir eingebildetem Egozentriker das Sex besessene Hirn so sehr verdreht, dass du dir einbildest, ich würde etwas von dir wollen?" sagt Law plötzlich wieder mit lauterer Stimmlage. Kids Grinsen verschwindet, als Laws Blick sich ändert und er ein schmales Grinsen aufgelegt hat. „Ich bin hier um mich zu amüsieren. Das hier ist doch ein Freudenhaus oder nicht?"

Selbstgefällig auflachend schüttelt Kid den Kopf. „Klar, bedien dich. Jeder, der hier herumläuft, ist zu haben, sofern er nicht grade auf dem Schoß von jemand anders sitzt."

Tief in seinem Inneren atmet Law auf. Er würde es nie zugeben, aber Kid hat ihn ganz schön bedrängt und ihn in die Ecke getrieben, wie eine Katze, die die letzten Sekunden der Maus besiegelt hat.

„Glaub ja nicht, dass ich es nicht bemerke." sagt Kid plötzlich, sodass Laws Erleichterung wieder in leichte Anspannung verfällt. „Spiel ruhig ein wenig herum und stutz dir die Klauen, Tiger. Aber ich werde nicht ewig warten. Ich will nicht, dass du am Ende rumheulst, wenn es zu spät ist." Mit diesen Worten verabschiedet Kid sich und geht gelassen hinter die Bühne, als hätte er Law grade auf ein Kaffeekränzchen eingeladen.

Der Blauhaarige weiß nicht wieso, doch die Worte Kids bleiben ihm im Hals stecken. Ein bitterer Geschmack macht sich in seinem Mund breit, den er versucht mit seinem Getränk herunter zu spülen. Er fasst sich an seinen Kopf und fragt sich, was diese Reaktion in seinem Körper zu bedeuten hat. Noch nie hat er seinen Körper so aus der Fassung erlebt. was macht dieser Rothaarige Teufel nur mit ihm?

Ehe er weiter darüber nachdenken kann, spürt er plötzlich leichten Druck auf seinen Beinen. Überrascht sieht er hoch und sieht, dass sich ein junger Mann auf seinen Schoß gesetzt hat. Verschmitzt grinsend fragt er: „Wieso so alleine hier?"







Hi^^
ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen. Ratet doch mal, wer dieser geheimnisvolle Fremde ist :D Wenn einer von euch richtig rät, dann kriegt er einen virtuellen Keks? XD Keine Ahnung :D Das ist übrigens kein Aufruf zum Review schreiben, ihr könnt mir gerne auch per Email eine Rückmeldung geben usw. Ihr kennt das ja :D
Ich wünsche euch ein schönes Restwochenende und hoffe ich schaffe es bis nächstes WE das neue Kapitel zu schreiben^^
LG und Danke fürs Lesen (schließlich habt ihr bis Kapitel 9 durchgehalten, wenn ihr das hier lesen könnt).

Eure Mini  

Mein Freund der ZuhälterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt