Aufeinandertreffen

505 36 13
                                    

 Lachend hebt Rocinante sein Wasserglas und setzt es an den Mund an. Law ist es noch immer Schleierhaft, was grade passiert. Sein verhasster Schwarm, den er am Liebsten bei dem Aufeinandertreffen mit seinen Eltern losgeworden wäre, versteht sich nicht nur blendend mit seinem Dad, er scheint sich zudem auch noch auf perfide Art und Weise bei ihm einzuschleimen indem er ‚lustige' Geschichten aus seinem Alltag in seinem Puff erzählt. Dass Rocinante dabei so gelassen auf Kids beruf reagiert scheint Law einerseits zu freuen und andererseits gar nicht in den Kram zu passen. Er hatte eher gehofft, dass der blonde empört reagiere, wenn Kid von seinem Job als Zuhälter berichtet. Stattdessen lässt der Rothaarige es so wirken, als sei es ein normaler, langweiliger Bürojob, indem ihm kleine Missgeschicke passieren mit seiner Finanzübersicht oder wie er Fehler bei seiner Steuererklärung gemacht hat. Das ganze kommt Law so skurril vor, dass er nicht weiß, wie er darauf reagieren soll.

„Alles gut bei dir?"

Leicht aufgeschreckt sieht Law links von sich und blickt leicht irritiert in das Gesicht des Rothaarigen, der sich eine Gabel voll mit Salat in den Mund schiebt. „Ja alles gut, was soll denn sein?" versucht der Blauhaarige so neutral wie möglich zu antworten und stochert wieder in seinem Essen herum, als sei nichts gewesen. Dabei erwischt er einen Speckstreifen aus dem Kartoffelsalat und führt dieses zu seinem Mund.

„Du bist nur so ruhig." merkt Kid an, nachdem er das Essen im Mund vorbildlich herunter geschluckt hat.

„Und?" fragt Law so ruhig es geht ohne ertappt oder aggressiv zu wirken.

„Naja... Ich bin jetzt kein Experte, was erste Dates angeht, aber eigentlich sind diese doch dazu da, um sich kennen zu lernen..."

Law zuckt lediglich die Schulter und widmet sich wieder eher lustlos seinem Essen zu.

„Ich merke schon..." gibt Kid leicht frustriert von sich und legt die Gabel nieder. Irritiert sieht Law wieder neben sich. „Ich bedanke mich herzlich für das leckere Essen." sagt er in einem höflichen Ton zu Rocinante, der sichtlich enttäuscht über Kids plötzliche Aufbruchsstimmung wirkt.

„Wieso willst du schon gehen? Doffy ist noch nicht gekommen..." versucht er ein Argument zu finden, um Kid zu halten, da der Blonde hofft, dass Law währenddessen vielleicht noch auftaut.

„Ich bedauere es auch sehr ihn nicht kennen lernen zu dürfen, aber ich denke an dieser Stelle verfehlt dieses Treffen seinen eigentlichen Sinn. Wenn du willst kannst du mich vormittags mal besuchen, dann zeige ich dir meinen Arbeitsplatz."

„Sehr gerne." erwidert Rocinante noch enttäuschter als zuvor.

Beide stehen zusammen auf, jedoch hebt Kid direkt die Hände für eine beschwichtigende Geste. „Bleib ruhig sitzen und iss in Ruhe zu Ende. Ich finde alleine heraus." Lächelnd geht Kid um den Tisch herum auf den Flur zu und zieht sich dort seine zuvor geputzten Schuhe an.

Vorwurfsvoll blickt Rocinante zu seinem Adoptivsohn herüber.

„Was denn?" fragt dieser direkt ertappt wie sich ein kleines Schuldgefühl in ihm ausbreitet.

„Du hast extra dieses Essen organisiert um ihn besser kennen zu lernen und zeigst dann keinerlei Interesse. Für ein hochintelligentes Kind was das eine ziemlich dumme Aktion mein guter."

Genervt rollt Law mit den Augen, ehe er aufsteht und Kid in den Flur folgt. „Was soll das jetzt?" fragt der Chirurg leicht aufgebracht, noch immer verwirrt von seiner doppeldeutigen Gefühlswelt.

„Das gleiche könnte ich dich fragen." erwidert Kid, der hockend seine Schnürsenkel bindet.

Law rollt die Augen und stellt sich mit verschränkten Armen an die Wand gelehnt neben Kid hin. „Ist das jetzt dein Ernst? Meinst du nicht, dass du etwas übertreibst?"

Der Rothaarige steht auf und hebt eine Augenbraue mit skeptischem Blick auf Law gerichtet.

„Du stalkst mich über Wochen und jetzt gibst du auf. Toller Charakter."

Verächtlich schnaubend sieht er sarkastisch amüsiert lächelnd auf den Kleineren herab. „Bisher hast du auch immer angebissen und Interesse gezeigt. Aber anscheinend habe ich doch weniger Eindruck hinterlassen habe, als gedacht. Ich weiß eben, wo meine Grenzen sind. Wenn du keine Lust hast mich kennen zu lernen, habe ich besseres zu tun, als meine Zeit zu verschwenden. Ich weiß, du bist stark selbst von dir überzeugt, aber es gibt viele Fische im Meer und du bist nicht der einzig attraktive Mann in ganz New York."

Als Law dabei die leuchtenden, roten Augen erblickt, durchschaut er sofort die Masche des Rothaarigen. Er wusste sofort, dass dies nur zu seiner Masche gehört sich für Law interessanter zu machen, indem er ihm bewusst werden lässt, dass der Tätowierte nicht das einzige Objekt der Begierde ist. Aber das schlimmste an der Sache ist, dass es funktioniert. Obwohl Law objektiv an die Sache rangeht und die Tour genau durchschaut, breitet sich in ihm die Eifersucht aus. Dieses unbehagliche Gefühl, dass in ihm aufschreit, wenn er auch nur daran denkt, dass Kid jemand anderes als ihn begehren könnte.

Als Kid sein Werk vollenden möchte und dabei ist sich zu verabschieden indem er dem Gelbäugigen distanziert die Hand hinhält, greift Law reflexartig nach dessen Arm und umklammert statt der Hand dessen Handgelenk. Innerlich könnte er sich schon wieder dafür Ohrfeigen, doch sein Verlangen Kid dazubehalten ist in diesem Moment größer, als jeder rationale Gedanke.

Er macht grade den Mund auf um dem Rothaarigen beschämt mitzuteilen, dass er doch bleiben solle, als die Haustür aufgeht und ein großer, blonder Mann in den Flur eintritt. Überrascht sehen beide Männer auf, da lässt Law sofort Kids Handgelenk los, um keinen falschen Eindruck zu hinterlassen.

„Stör ich?" fragt Doflamingo kritisch und sieht missmutig auf die sich vor ihm abspielende Szenerie.

„Nein gar nicht, Sir. Ich wollte grade..." fängt Kid an zu erklären und will nach seinem Jackett greifen, als sich der Blonde abermals zu Wort meldet. „Schuhe aus. Du gehst nirgendwo hin." Der scharfe Ton in seiner Stimme lässt Law leicht zusammen zucken.

Kid hebt die Augenbraue abermals kritisch, tut dann aber wie ihm geheißen. Er lässt das Jackett hängen und öffnet wieder seine Schnürsenkel, um die Schuhe schnell von seinen Füßen zu streifen. Mit Law voraus betritt er wieder das Esszimmer, nicht ohne den bohrenden Blick in seinem Rücken zu spüren. Ihm überkommt ein ungutes Gefühl, als würde ihm jede Sekunde ein Messer in den Rücken gestochen werden.

Auch Rocinante bemerkt sofort die kühle Stimmung und sieht vorwurfsvoll zu seinem Bruder hoch. Derjenige ignoriert den Blick jedoch gekonnt und bohrt seinen Blick stattdessen durch Kids Pupillen, als wolle er diese mit Laserstrahlen durchbohren. Zwar kann Kid dies nicht durch die spiegelnden Gläser von Doflamingos Sonnenbrille nicht erkennen, jedoch ist er sich sicher, dass dessen Blick auf ihm liegt und so erwidert er den Blick ohne ihn abzuwenden.

So sitzen sie zu viert am Tisch ohne dass jemand ein Wort spricht. Rocinante nervt der Stimmungswandel und da er nicht bei der Bad Cop Nummer mitmachen will, fährt er mit dem Essen fort, bevor das essen schlecht wird. Nach ein paar Minuten tut Law es ihm gleich. Nicht weil er Hunger gehabt hätte, aber weil die Stille ihn nervös macht und er versucht sich durch das Essen ein wenig abzulenken. Auch von den noch immer aufkeimenden Eifersuchtsgefühlen.

Irgendwann ergreift Kid das Wort: „Und? Wie war die Arbeit?" fragt der Rothaarige.

Doflamingo schnaubt jedoch lediglich verächtlich und versucht erst gar nicht auf den Versuch eines Gesprächs einzugehen. Stattdessen packt er sich selber Essen auf den Teller und fängt an Fleisch zu essen.

Kid versucht nicht noch einen Versuch, stattdessen isst auch er seinen Salat weiter.

„Wieso isst er kein Fleisch?" fragt Doflamingo kalt an Law gerichtet.

Rocinante rollt genervt mit den Augen. „Er sitzt direkt vor dir." faucht er gereizt, jedoch antwortet Law knapp, dass Kid veganer sei.

Ein weiteres, verächtliches Schnauben ertönt aus Doffys Kehle.

Amüsiert fängt Kid abschätzig an zu kichern und erregt somit die Aufmerksamkeit aller am Tisch sitzenden. Vergnügt grinst auch Rocinante. „Immerhin kann er Kontra geben."

Kurz hält Doflamingo inne. Dass die Stimmung auch zwischen den Brüdern gespannt ist, würde selbst ein Blinder mit Krückstock bemerken.

Daraufhin fährt er mit dem essen fort.

Nach weiteren Minuten des Schweigens ergreift wieder Kid das Wort. „Welches Problem hast du mit mir?" fragt Kid provozierend und Duzt Doflamingo ganz bewusst.

Wieder hält Doflamingo sofort inne. Er lässt Messer und Gabel sinken. Auf dessen Stirn pocht eine Ader deutlich hervor, die Kid erschreckend an sich selbst erinnert.

„Fangen wir damit an, dass du nicht nur deine Nutten an irgendwelche Freier verkaufst, sondern es auch noch wagst dich an meinem Sohn zu vergreifen!"

Überrascht sieht Kid sein Gegenüber an ehe sein Blick zu Law rüber wandert und er selber eine Ader auf seiner Stirn pochend spürt. „Was darf ich hören?" fragt er Law nun selbst leicht gereizt und durchbohrt nun Law mit seinem Blick.

„Was?!" fragt Law unverständnisvoll.

„Nutten? Freier? Was hast du erzählt, was ich mache?"

Law zuckt mit der Schulter. „Ich hab erzählt, dass du Zuhälter bist."

Ruhig atmet Kid tief ein und aus. „Dein ernst?!"

„Was soll das Theater?" mischt sich Doflamingo ein.

„Zuerst will ich mal klarstellen, dass ich kein Zuhälter bin, sondern ein Bordell betreibe. Mein Geschäft ist gewerblich angemeldet, meine Mitarbeiter bekommen nicht nur gutes Gehalt sondern sind auch mit einer Krankenversicherung geschützt und haben eine Zahnersatzversicherung. Und was deinen unschuldigen Sohn angeht: Ich habe nichts gegen seinen Willen gemacht! Ich bin kein Vergewaltiger!"

Doflamingo donnert mit seiner Faust auf den Tisch und wird nun lauter. „ich verbiete dir den Umgang mit meinem Sohn!"

Kid lacht hämisch auf. „Dein Sohn ist erwachsen und wenn er mit mir ficken will, dann besorg ich es ihm liebend gerne."

Law ist viel zu geschockt um etwas darauf zu antworten. Die Situation eskaliert schneller, als das er oder Rocinante reagieren könnte. Doflamingo steht ruckartig auf und packt Kid am Kragen. Dieser tut das Gleiche und ehe jemand eingreifen kann schlagen sich die beiden gegenseitig ins Gesicht. Bei Kid ertönt ein dumpfes Keuchen, während bei Doflamingo die Nase gefährlich knackst.

Ehe die Situation weiter eskaliert, fängt Rocinante lauthals an beide Männer zurechtzuweisen. „Ihr hört jetzt auf! Ihr seid keine kleinen Kinder mehr sondern erwachsene Männer! Ich dulde in diesem Haus keine Gewalt von keinem von euch!"

Stille kehrt zwischen den restlichen Beteiligten ein. „Kid, es tut mir leid, aber ich muss dich bitten zu gehen. Wenn etwas Gras über die Sache gewachsen ist und ihr beide gelernt habt, normal miteinander umzugehen, dann kannst du gerne wiederkommen.

Kid fasst sich mit leicht schmerzverzerrtem Gesicht sein Auge und nickt. „Kann ich verstehen." erklärt er. Er rappelt sich auf und geht in den Flur. Ohne ein Wort zu sagen steht auch Law auf und verschwindet in der Küche. Im Hintergrund hört er wie seine Eltern anfangen sich lauthals zu streiten. Schnell holt er aus dem Tiefkühlfach eine Packung Erbsen und geht in den Flur zu Kid.

„Sorry." murmelt er und hält dem Rothaarigen die Erbsen hin. Dieser sieht auf und nimmt „Danke" murmelnd die Packung an. Dabei hält er sofort die Erbsen an sein Auge und seufzt erholt auf, als die erholsame Kälte sein Gesicht erreicht.

„Ich wollte nicht, dass es so ausartet." sagt er Schuldbewusst.

Kid lächelt leicht. „Sorry."

Law sieht überrascht zu Kid runter.

„Wegen deines Vaters. Also einem deiner Väter."

Law lacht heiser auf. „Ich denke ihr seid quitt."

Kid steht auf, während Law die Tür öffnet. Zu zweit gehen sie raus und Law schließt diese hinter sich.

„Was wird das?" fragt Kid leicht irritiert.

„Ich begleite dich raus. Das Mindeste was ich tun kann... Wenn wir uns schon nicht mehr wiedersehen."

Überrascht blickt Kid auf. „Wie kommst du denn auf den Scheiß?"

Überrascht sieht der Tätowierte auf.

„Meine Fresse, ich hab dir dein Auto zur Arbeit gebracht, damit ich dich wiedersehen kann. Denkst du wirklich, dass ich dann wegen so einer Lappalie abhaue?"

Law zuckt leicht mit den Schultern, sieht jedoch mit leicht geröteten Wangen weg.

Kid nimmt mit seiner freien Hand Laws Kinn sanft in die Hand und zieht dessen Gesicht in seine Richtung. Dem Blauhaarigen stockt der Atem, als sich ihre Gesichter beinahe berühren. „Ruf mich an, wenn du Zeit für ein zweites Date hast." murmelt er süffisant Law zu, ehe er ihn loslässt und ohne eine weitere Berührung die Treppen runter geht.

Der Blauhaarige kann es kaum glauben. Hätte Kid ihn jetzt geküsst, dann hätte er nichts dagegen gesagt. Er hätte sich weder beschwert noch gewehrt. Umso überraschter ist er, dass Kid tatsächlich sein Versprechen hält. Beim Einsteigen ins Auto zwinkert Kid ihm noch einmal zu und mit einem leichten Lächeln betritt Law wieder sein Elternhaus.  

Mein Freund der ZuhälterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt