Prolog : The last day I saw you, sister

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Die Kirchblüten fielen langsam und lautlos auf den Boden des hoshidischen Schlosses, Shrasagi.
Der Silberhaarige stand mit gespannten Bogen und voller Konzentration im Garten des Schlosses. Einige Meter von ihm entfernt ragte eine weiße aus Holz und Stroh angefertigte Zielscheibe.
Sein Bogen, das Legendäre Fujin Yumi seiner Mutter, hatte er aus dem Thronsaal „ausgeliehen".
Der Junge wollte unbedingt besser werden. Mit normalen Yumis zu trainieren reichte ihm schon lange nicht mehr.
„Ich möchte besser werden. Ich möchte wie Mutter den Fujin Yumi meisten. Ich möchte besser als Nii-chan werden."
Mit voller Konzentration brachte der junge Bogenschütze den Bogen zum leuchten. Eine blau, grün-silberne Sehne aus reinster Energie bildete sich zwischen den Bogen.
Für einen kurzen Moment schloss der Junge die Augen und atmete tief durch.
„Ich muss mich konzentrieren. Ich habe noch nie mit dem Fujin Yumi geschlossen."
Als er schließlich die Augen wieder öffnete, lächelte der Silberhaarige zufrieden.
Ein Pfeil aus genauso blau, grün-silbernen Licht hatte sich im Bogen gebildet.
„Geschafft! Jetzt muss ich nur noch treffen."
Erneut atmete der silberhaarige Junge tief ein und aus und bemühte sich seine zitternden Finger und Arme zum Schweigen zu bringen.
„Ich darf jetzt nicht versagen. Ich will nicht für immer der ewige Zweite bleiben."
Schritt für Schritt spannte der Junge mit den nussbraunen Augen die leuchtende Sehne und betrachtete die Mitte der Zielscheibe.
Wenige Sekunden später nahm er nach und nach seine Finger von diese, so dass die Sehne aus seiner Hand rutschte.
Der Junge sah den Pfeil, der lautlos durch die Luft flog, mit leuchtenden Augen nach.
Dann hörte er wenig später den Aufschlag auf das Stroh der Zielscheibe.
Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen sprang der Silberhaarige von einem Glücksgefühl überwältigt in die Luft.
„Treffer! Das muss ich gleich nochm-."
„Wow! Das ist Klasse, Nii-chan!"
Der junge Silberhaarige zuckte bei der quiekenden Stimme seiner ein Jahr älteren Schwester zusammen.
Langsam drehte sich der Braunäugige in ihre Richtung, um jedoch festzustellen, dass das junge Mädchen auf ihn zu raste.
Mit geweiteten Blick schritt er einige Schritte zurück und ermahnte seine Schwester: „Kamui, bleib stehen, sonst könntest du stolpern und--"
Doch die Weißhaarige ließ sich nicht von ihm abbringen und setzte zum Sprung an. Bevor auch nur der Silberhaarige seinen Satz beenden konnte, riss die Rotäugige ihn zu Boden.
Schmerzhaft stieß der Junge beim Fall auf einen der Steine, die den Weg von den Blumenfeldern abgrenzten.
Mit einem Brummen packte er sich den schmerzenden Hinterkopf und sah seine Schwester wütend an.
„Was hat sie sich nur dabei wieder gedacht?"
Der Silberhaarige wollte sie anschreien, aber dann bemerkte er das glückliche Lachen und ihr breites, so unschuldiges Lächeln.
„Ha, das war echt lustig. Und du bist so talentiert, Takumi."
Bei ihren Worten musste auch Takumi lächeln und errötete durch das Lob leicht.
„Wie kann ich ihr bloß böse sein?"
Als der Junge bemerkte, dass sich ein merkwürdiges, ihm unbekanntes, Gefühl in ihm ausbreitete, stieß er das Mädchen von sich und drehte sein Gesicht von ihr Weg.
„K-könntest du bitte von mir runter gehen, Kamui?" brachte er stockend von sich.
Verwirrt blinzelte Kamui zweimal, bevor sie sich entschuldigend erhob: „E-es tut mir Leid, Nii-chan."
Wie eine Dienerin des Schlosses verbeugte sie sich entschuldigend vor ihn, als er aufstand und sich den Staub von seiner royalen Kleidung klopfte.
„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. E-es ist doch nichts passiert," entgegnete der Jüngere und hob den Fujin Yumi, der mit zu Boden gefallen war, auf und beäugte ihn kritisch.
„Er hat keinen Kratzer abbekommen. Zum Glück."
Nach einiger Zeit des Schweigens begann die Ältere zu sprechen: „Sag, Nii-chan, warum hast du Mutters Bogen? Ist es dir so wichtig genauso wie Vater, Ryoma und Hinoka in die Schlacht zu ziehen?"
Überrascht drehte er sich zu der Weißhaarigen, die zu Boden sah und wie ein schüchternes Mädchen ihren linken Arm mit ihrer rechten Hand umklammerte.
„Was soll ich ihr nur darauf antworten."
Nach einiger Zeit des Überlegens öffnete Takumi den Mund: „Ähm...nun es ist--"
Jedoch wurde er zu seiner Erleichterung von einer jungen Stimme unterbrochen: „My Lady!"
Verwirrt blickten die beiden Geschwister umher, um herauszufinden von wo die Stimme kam.
Kurz schloss Takumi die Augen.
„Ich muss mich verhört haben."
Dann öffnete er sie wieder und schreckte zurück.
Vor ihm war ein grünhaariger Junge mit lilafarbenen Schal aufgetaucht und schnaufte vor Anstrengung, während er sich auf seinen Knien abstützte.
Der Silberhaarige erkannte den Jungen, der erst seid kurzer Zeit mit seinem Zwillingsbruder im Schloss wohnte, sofort.
„Der Getreue meiner Schwester."
Fürsorglich legte Kamui eine Hand auf die Schulter ihres Getreuen: „Was gibt es, Kaze? Du bist ja völlig außer Atem."
Der Grünhaarige richtete seine indigofarbigen Augen auf seine Herrin und begann immer noch außer Atem zu sprechen: „Ich habe Sie überall gesucht, My Lady. Euer Vater wünscht euch zu sehen."
„Vater?" entfuhr es den Geschwistern gleichzeitig.
„Korrekt. Sumeragi wünscht, dass du ihn nach Cheve begleitest, Kamui," antwortete der Junge und erhob sich, so dass er in die Augen der Geschwister sehen konnte.
Mit vor Überraschung geweiteten Augen schaute die Rotäugige ihren Getreuen an: „Das ist eine Überraschung. Er hat mich noch nie mitgenommen."
„Dann kann ich bestimmt auch mitkommen!" rief der Braunäugige und hob anerkennend das Kinn.
„Das wirst du nicht, kleiner Bruder."
Als der Junge die neu aufgekommene Stimme bemerkte, drehte er sich zu ihr. Seine beiden älteren Geschwister standen wenige Meter von ihnen entfernt auf der Schlossterrasse.
Hinoka hatte schon ihre Rüstung angelegt, genauso wie Ryoma, von dem die Stimme gekommen war.
„Ryoma!" rief Kamui und winkte ihm zu.
„Kommst du, Schwester?" fragte Ryoma und ignorierte seinen kleineren Bruder.
„Warum darf ich nicht mit?" fragte Takumi schließlich als er seiner Schwester hinterher sah, die sich auf den Weg zu ihren älteren Geschwistern gemacht hatte.
„Weil du noch zu jung bist," brachte Hinoka hervor und streifte die Klinge ihrer Lanze mit ihrer rechten Hand.
„Kamui ist gerade mal ein Jahr älter!" rief der Silberhaarige empört.
„Du hast noch nicht so viel Trainingserfolge gehabt," warf Ryoma ein und blickte auf sein Schwert.
Der junge Braunäugige sah schweigend zu Boden. Er erinnerte sich stets an die verlorenen Schwertkampfstunden mit seinem Bruder. Aus diesem Grund übte er ja auch das Bogenschießen.
„Beim nächsten Mal vielleicht," sagte die Weißhaarige aufmunternd als sie Hinoka und Ryoma erreicht hatte, „es wird mich auch freuen mit dir zusammen zu kämpfen, Takumi. Also streng dich an!"
Bei ihren Worte musste der Junge sofort wieder Lächeln und mit selbstbewusster Stimme sprach er: „Das werde ich! Beim nächsten Mal bin ich dabei!"
Kurz nickte Kamui, bevor sie Hinoka und Ryoma folgte.
Einen Moment später setzte sich auch Kaze in Bewegung. Doch im letzten Moment packte Takumi ihn am Arm: „ Kaze, kannst du mir ein Gefallen tun?"
Verwirrt blickte der Indigoäugige zurück und nickte: „Natürlich, My Lord, Takumi."
„Ich möchte, dass du Kamui für mich beschützt."
„Natürlich. Das gehört zu meinen Aufgaben," warf Kaze lächelnd ein.
„Versprech es mir einfach."
Der junge Ninja nickte noch einmal, bevor er sich aus dem Griff des Silberhaarigen befreite und Richtung Terrasse ging.
„Hoffentlich geht auch wirklich alles gut."

Einige Tage waren seid dem Aufbruch seiner Geschwister vergangen. Gelangweilt saß Takumi auf den Stufen zum Schlossgarten und beobachtete ein junges Mädchen mit dunkelblauen Haaren, die im Schlossgarten mit einer Holzlanze trainierte.
Der Silberhaarige konnte sich immer noch nicht damit abfinden, dass er nicht mit nach Cheve durfte. Zu seinem Bedauern, entschied seine Mutter auch noch, dass er einen Getreuen haben musste.
Seufzend betrachtete er die Speerkämpferin im Garten.
„Sie ist es geworden. Was hatte ich schon für eine andere Wahl, viele standen nicht gerade zur Auswahl."
Takumi erschauderte als er das wütende Gesicht des jungen Mädchens gesehen hatte, als er angefangen hatte über Nohr zu reden.
Plötzlich hielt die Blauäugige inne und blickte zur Schlossmauer.
„My Lord, ich glaube hier ist noch jemand. Oder eher gesagt, da kommt jemand."
„Was?!"
Aus seinen Gedanken gerissen, stand der Prinz Hoshidos auf und trat zu seiner Getreuen.
Oboro streckte die Hand aus und deutete auf einen Schatten, der sich den Beiden näherte.
Takumis Augen weiteten sich vor Glück als er den jungen Ninja erkannte.
Ein Stück lief der Braunäugige den Getreuen seiner Schwester entgegen.
„Kaze, ihr seid wieder da!"
Doch Kaze nickte einfach nur stumm und sah niedergeschlagen zu Boden.
Völlig von seinen Glücksgefühlen übermannt ignorierte Takumi das Verhalten des Grünhaarigen: „Das ist toll! Dann kann ich später etwas mit Schwester unternehmen."
Doch Kaze schüttelte einfach nur den Kopf und biss sich auf die Lippen.
Als Oboro das sah, legte sie Takumi eine Hand auf die Schulter, bevor sie weiter zu Kaze trat: „My Lord, ich glaube du solltest deine Freude gerade mal bremsen und ihm zuhören."
Verwirrt blickte der Silberhaarige seine Getreue an, bevor er den Getreuen seiner älteren Schwester musterte.
„Was ist mit Kaze den los? Er sollte doch glücklich sein, wieder zurück im Schloss zu sein."
„Kaze, was ist los?" fragte Takumi jetzt zögerlich.
Doch der junge Ninja schüttelte weiterhin den Kopf und nuschelte in seinen Schal hinein: „E-es ist schrecklich."
Jetzt kriegte es der junge Prinz mit der Angst zu tun: „Was ist schrecklich? Rede bitte lauter."
„König Sumeragi...er...i-ist," begann der Grünhaarige.
„Was ist mit Vater?" bohrte der Braunhaarige weiter.
„Sumeragi ist Tod," brachte Kaze schließlich hervor und brach auf seine Knie zusammen.
Takumis Augen weiteten sich.
„V-vater ist Tod."
„A-außerdem..."
„Noch etwas?"
„Kamui...sie..." erneut stockte der junge Getreue.
„Was ist mit meiner Schwester?" fragte der Braunäugige und bemerkte, dass die Trauer ihn ihm in etwas anderes umschlug. Nicht nur Sorge machte sich ihn dem Jungen breit, auch Wut, die er noch kontrollieren konnte.
„My Lady wurde von Nohr entführt!" brachte er schließlich hervor, bevor der Grünäugige in Tränen ausbrach.
Diese Nachricht brachte Takumis Fass vor Wut und entsetzen zum überlaufen.
„Warum hast du sie nicht beschützt?!" fauchte der Silberhaarige, während er Kaze am Kragen gepackt hatte und ihm seine Faust ins Gesicht geschlagen hatte, „ich hatte dich doch um was gebeten!"
„E-es t-tut mir Leid, T-takumi. E-es ist meine Schuld," mit halb geschlossenen, verweinten Augen blickte er den Braunäugigen an.
„Was bist du nur für ein Getreuer?!" knurrte Takumi weiter, während er ihn auf den Boden fallen ließ.
Mit vor Schrecken geweiteten Augen blickte Oboro von ihrem Herren zu Kaze, der sich die Wange hielt, während er auf den Boden saß und die Tränen zurückhielt.
„My Lord," brachte das junge Mädchen kaum hörbar heraus.
„Ich hasse diesen nohrischen Abschaum! Ich hasse ihn!" fauchte Takumi und drehte sich mit vor Wut blitzenden Augen um.  

Fire Emblem Fates Wish of revengeWhere stories live. Discover now