Prolog

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Hinter zwanzig Meeren,
hinter Hügeln und Bergen,
Hinter Wiesen und Mooren,
hinter Schlössern und Toren,

da liegt ein ganz besond'res Land,
in dem ein wilder Hufschlag klingt,
und wo ein wildes Wiehern singt,
das wird von allen Skjell genannt.

Skjell. Ein Name, der womöglich merkwürdig und fremd in deinen Ohren klingt. Und das ganz zurecht, denn Skjell ist  ist ein Königreich, welches Dir vielleicht auf den ersten Blick sehr ungewöhnlich erscheinen wird. 

Dort gibt es Ritter und Könige, Prinzessinnen und Zauberer, Räuber und Ganoven. Jedoch nicht so, wie es zuerst den Anschein macht. Die edlen Stallungen des Königs, Sättel, Trensen und Halfter, sucht man hier nämlich vergeblich.

Stattdessen ertönt Wiehern aus jeder Ecke. Hier und da schieben sich mächtige Körper, Seite an Seite, über die Weiten des Landes. In ihren Mäulern glänzende Schwerter, die im Sonnenlicht blitzen und die in einem Gewirbel aus Hufen und im Winde wehenden Mähnen klirrend aufeinander treffen. 

Pferde bevölkern dieses Land. Menschen wird man hier nicht finden. Du kannst nach ihnen suchen und wirst dabei hinter sieben Bergen bei den sieben Zwergenponys nicht fündig werden.

Skjell ist ein Ort, an dem die stolzesten und und elegantesten Pferde des Landes zusammen kamen und sich zu Königreichen zusammenschlossen, um den furchterregenden Raubtieren der kargen Wälder zu widerstehen. Sie vermehrten sich und bildeten Dörfer und Städte, die schon bald begannen, mit Gütern und Waren zu handeln. 

Die Herrscher der vier größten Königreiche hatten sich daher dazu entschlossen, ihre Waffen niederzulegen und in Frieden ihre Allianzen zu bilden, um ihr Land zu stärken und ihr Volk zu schützen.

In ihrer Mitte lag das Reich Alvarr, das Größte von allen, angeführt vom gierigsten Hengst Skjells.
Bei Erwähnung des Namens Eirik van Alvarr wird man verärgerte oder gar verschreckte Gesichter bei den Untertanen seines eigenen Volkes vernehmen, denn Eirik war ein äußerst grausamer König, der sich einen Spaß daraus machte, sein Volk auszubeuten und  auf ihre Kosten in  Saus und Braus zu leben.

Seine Starrköpfigkeit und Gier zwang sein Volk Jahr für Jahr dazu, in den kältesten Monaten des Jahres zu hungern und ihre unterernährten Fohlen dank der schlechten Versorgung an das frostige Kaltblut zu verlieren, das Skjell jeden Winter heimsuchte und die Lande mit weißen Hauben und Eis überdeckte.

So sollte es jedoch eines Winters dazu kommen, dass seine Gattin, Mildri van Alvarr, geborene van Alviss, ihm zwei Fohlen gebar. Sie waren Zwillinge, die ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten waren und ihre Güte und ihre Liebe im Herzen trugen. 

Weil Eirik seine Söhne in Hülle und Fülle aufwachsen sehen wollte, verdoppelte er die Steuern des Volkes, welches ohnehin schon harte Verluste bei den Ernten jenes Jahres zu verzeichnen hatte. Dadurch waren die Pferde gezwungen einen Großteil ihrer Vorräte für den Winter an das Königshaus abzugeben und es mit den Resten irgendwie durch den eisigsten Winter seit Jahrzehnten zu schaffen.

Proteste erschütterten das Haus Alvarr bis ins Mark. Die Fürsten hatten alle Hufe voll zu tun, ihr Volk zur Ruhe zu bringen und den Willen des Königs durchzusetzen. In diesem Winter starb ein Drittel des Volkes an Hunger und Schwäche, doch Eirik bereute seine Tat zu keiner Sekunde.

Die Königin, welche stetig an ihren Gemahlen hingeredet hatte, um ihn zum Umdenken zu bewegen, musste nun schmerzlich einsehen, dass ihr Gesuch kein Gehör bei ihm finden und  er ihre Söhne mit derselben Gleichgültigkeit und Kälte heranziehen würde, die sie so sehr an ihm hasste. 

Und so beschloss sie in einer kalten und stürmischen Novembernacht, ihre Kinder an sich zu nehmen und mit ihnen zurück in ihr altes Königreich im Norden des Landes zu ziehen.

In ihrer Not vertraute sie sich dem alten Müller, Bjame, an, welcher in Vergangenheit schon viele Male von Eirik hintergangen und zu Unrecht bestraft worden war. Nach einem von Eirik veranlassten Mühlenbrand waren die fünf Fohlen von ihm und seiner Frau, Laina, umgekommen. Seitdem sann der riesige, kräftige Schecke auf Rache. 

Zusammen mit den Rebellen seiner Volksrevolte veranlasste er eine Eskorte, welche die Königin nach ihrer Flucht aus der Alvarrsburg in den Norden des Landes geleiten würde.

Doch wie so oft im Leben, kam alles anders, als geplant...

BRÜDER - Die Chroniken von SkjellWo Geschichten leben. Entdecke jetzt