Veikkos Herz schlug ihm bis zum Hals, als er Kjartan und Liam folgte, die ihn aus Kilgrim in Richtung des Waldes führten. Wieso hatte er nicht einfach den Mund halten können? Es ging um seine Freunde, aber womöglich hatte er tatsächlich zu voreilig gehandelt.
»Mann, Veikko! Bart ist der Anführer der Bärenkrallen!«, schnaubte Liam entsetzt. »Was hast du dir dabei gedacht? Die hassen uns!«
Das war in der Tat eine gute Frage. Veikko wusste selbst nicht, wie er darauf antworten sollte, ohne sich wie einen vollkommenen Idioten darzustellen.
»Der Typ macht dich platt!«, ergänzte Kjartan die Bedenken seines Freundes, bevor er mit einem Hasenhüpfer über einen winzigen Bach hopste, der vor ihren Hufen lag.
Veikkos Ohren schwangen beleidigt nach hinten, als er seine Freunde so laut denken hörte. »Vielen Dank für euer Vertrauen!«
Er konnte es nicht leiden, wenn man ihm weniger zumutete, als das, zu was er sich selbst fähig fühlte. Es war sein elender Stolz, der ihn zu solchen Taten trieb und um nichts in der Welt würde er jetzt einen Rückzieher machen. Klar würde Bjame ihm den Kopf für diese Tat abreißen, andererseits hätte er wohl genauso gehandelt. Und wer könnte es ihm verübeln? Dieser Bart war ein Rüpel und ein Raudi. Er hackte mit seinem Gefolge vollkommen grundlos auf Pferden herum, die sich nicht wehren konnten und das nur, um sich mächtig zu fühlen.
Im Grunde genommen war er keinen Deut besser, als Eirik!
»Es ist nicht, dass wir glauben, dass du das nicht schaffst«, Besorgnis schwang in Liams Ton mit. »Wir denken nur, dass du womöglich-«
»Nicht das Zeug dazu hast, ihn zu schlagen«, japste Kjartan dem Kaltblutfohlen ins Wort. Liam kniff die Augen zusammen und warf dem Schecken einen äußerst mahnenden Seitenblick zu.
»Du denkst wohl auch nur von Feld bis Salat, oder Kjartan?«
Der gescheckte Junghengst atmete tief ein und blähte vor Beschämung seine Backen auf, ehe er die Luft zischend wieder durch seine Zähne entweichen ließ. Er hatte offenbar nicht bemerkt, dass Liam versucht hatte, die Situation mit seinen Worten etwas zu beruhigen.
»Soll er nur versuchen, mir was anzuhaben«, Veikkos Stimme war nunmehr ein Murren, als er seinen Freunden voraus eine seichte Anhöhe hinaufstieg. »Ich habe ja nicht vor, mich mit ihm zu prügeln.«
»Bist du dir da sicher?«, schnaubte Kjartan besorgt. »Denn ich glaube, dass er es genau so verstanden hat.«
»Wenn er nicht vollkommen hirnlos ist, wird er sich nicht mit Bjames Sohn anlegen.«
Liam und Kjartan brachen darauf augenblicklich in schallendes Gelächter aus. Überrascht wandte sich Veikko um, nur um zusehen zu müssen, wie seine Freunde sich über ihn lustig machten.
»Bart ist vielleicht der schlauste Hengst der Bärenkrallen«, kicherte der Schecke laut, ehe Liam seinen Satz ergänzte. »Aber bei denen ist das ungefähr vergleichbar damit, der größte aller Zwerge zu sein. Viele Muskeln, wenig Hirn. Wenn du die Wahl hast, suche dir ein Duell aus, in dem du dein Köpfchen einsetzen kannst.«
Das klang logisch. Veikko hatte schon bemerkt, dass Bart offenbar nicht die hellste Kerze am Kronleuchter zu sein schien. Aber er würde schon einen Weg finden, ihn zu schlagen.
Seine Freunde trieben ihn weiter, in den Wald hinter Kilgrim hinein, bis sie in einer sumpfigen, leicht nebligen Senke ankamen. Hier roch es mufflig nach Pilzen, nassem Moos, feuchtem Gestein und Erde und das gespenstische Hämmern eines Spechtes hallte von irgendwoher aus dem Wald.
»Brr, hier ist es immer so gruselig«, japste Liam. Ein Schauer erfasste ihn, woraufhin er sich schüttelte, um das schreckliche Gefühl loszuwerden, dass sie beobachtet wurden. Veikko spürte es auch. Laina hatte ihm oft erzählt, dass hier im Wald Bären, Wölfe und Räuber lauerten und nur darauf warteten, dass Fohlen sich ganz allein hineinwagten und dass schon viele unartige Fohlen hier in den Wäldern verschwunden seien.
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BRÜDER - Die Chroniken von Skjell
Fantasy(Cover nicht final) ACHTUNG!: Diese Geschichte ist formuliert als eine Art Fabel, in der alle Charaktere als Pferde dargestellt sind. Ihr Verhalten ist sehr stark vermenschlicht und könnte in einer anderen Version auch auf Menschen umgeschrieben wer...