Kapitel 4

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Die dunkle Stimme hinter mir fuhr durch  meinen ganzen Körper und lies mich erzittern. Meine Nackenhaare stellten sich auf, als ich, wie in Zeitlupe, meinen Rollstuhl drehte und versuchte zu erkennen, wer gesprochen hatte. Auf dem ersten Blick konnte ich nichts erkennen und wollte mir schon einreden, ich hätte mir die Stimme nur eingebildet, als plötzlich 3 schwarze Gestalten auf mich zukamen. Ich kniff meine Augen ein bisschen enger zusammen, um mehr erkennen zu können, während ich mit der linken Hand blind in meiner Tasche rumwühlte, mit der Hoffnung, mein Handy zu finden. Ein raues Lachen ertönte und mein Herzschlag wurde noch schneller. „Mason, leuchte mal mit dem Feuerzeug“. Ein Rascheln ertönte, dann ein Klicken und Sekunden später konnte ich endlich erkennen wer vor mir stand.                                                                                                                            

3 große und gutgebaute Typen mit schwarzen Lederjacken starrten mich an. Der linke von ihnen, der ein Feuerzeug in der Hand hielt, wurde von dem Licht erhellt und ich konnte grüne, abwertende Augen erkennen, die mich anfunkelten. Von den anderen zwei konnte ich nicht viel erkennen, weil die Flamme wirklich spärlich war. Aber auch ohne in ihre Gesichter zu schauen, wusste ich, dass ich ziemlich schnell hier wegkommen sollte, sonst sähe es nicht gut aus für mich. Fast seufzte ich erleichtert auf, als meine Finger in der Handtasche das kühle Metall meines Handys ertasteten. Vielleicht könnte ich es schaffen, einen kurzen Blick nach unten zu werfen, um die Nummer meiner Mutter zu wählen… „Hör auf, dein Handy zu suchen. Du hast keine Chance gegen uns, dass weißt du auch“ Die dunkle Stimme erklang wieder und endlich konnte ich sie zu einen der Jungs zuordnen. Denn während er sprach, ließ er sich das Feuerzeug von dem anderen Jungen geben und trat einen Schritt auf mich zu. Der Schatten, der von der Kerze auf seine Wangenknochen fiel, machte ihn nur noch gefährlicher, als er schon so aussah. Aber auch noch wunderschöner. Mir stockte kurz der Atem, als ich sein Gesicht erblickte. Er hatte braune, dunkle Augen, die sich gerade etwas zusammenkniffen und seine Haare guckten aus einer Cap heraus, die er sich falsch rum auf den Kopf gesetzt hatte. Obwohl er ziemlich groß und muskelbepackt aussah, hatte er ein schmales Gesicht und ließ ihn so ein bisschen kindlich und unschuldig aussehen, fast sogar verletzbar.  „Hey. Wir reden mit dir“. Seine Stimme riss mich wieder aus den Gedanken und ich erinnerte mich daran, wo ich mich befand und vor allem mit wem. Erschrocken und auch wütend darüber, dass sie meinen Plan durchschaut hatten, räusperte ich mich ein paar Mal, bevor ich meine Stimme erhob. „Was wollt ihr?“ Ich war erstaunt, wie sicher und energisch meine Stimme klang, obwohl es im Inneren von mir viel anders aus sah. Alles in mir schrie, aufzustehen und wegzurennen, aber das konnte ich nun mal nicht. Nun traten auch die anderen zwei Jungs nach vorne und ich konnte den Rechten von ihnen kurz mustern, wobei mir seine strahlend blaue Augen auffielen, außerdem starrte er nicht so böse wie die anderen zwei. „Nun ja.. Vielleicht ein bisschen Spaß“, lachte der Linke und lachte mich anzüglich an. Angewidert und nun richtig ängstlich verzog ich das Gesicht. „Ist das euer Ernst? Ihr wollt ein Mädchen im Rollstuhl vergewaltigen, die sich nicht wehren kann?“ Die Jungs wechselten einen kurzen Blick. „Was hast du denn so in deiner Tasche?“, fragte der Mittlere wieder und riss mir die Handtasche aus meinen Händen. Dabei streiften mich kurz seine Finger und ein wohliges Gefühl durschoss mich. Hör auf damit, Ashley, schimpfte ich mit mir selber. Das ist ein potentieller Vergewaltigter. „Gib das wieder her“, fauchte ich also und versuchte mich zu strecken, aber meine Finger streiften nur kurz den Stoff meiner Handtasche. Kurz durchschoss mich der Gedanke, dass diese Handtasche das letzte Geschenk von Zoey war, bevor der Kontakt abbrach. Sie wüsste was jetzt zu tun war, sie war der absolute Jungenschwarm und konnte jeden um ihren Finger wickeln. An der Erinnerung an sie stiegen mir Tränen in die Augen und ich spürte, dass sie bereits glänzten. Zum Glück konnte man das in der Dunkelheit nicht sofort erkennen. Dachte ich. Während nämlich der Mittlere meine Handtasche durchsuchte und ich versuchte, sie zurück zu bekommen, hatte ich nicht gemerkt, dass der Typ mit den blauen Augen mich musterte. „Leute, lasst sie. Ich meine, wer sind wir, wenn wir uns an Krüppel vergreifen?“ Auch wenn das Wort „Krüppel“ schmerzte, sah ich erstaunt zu ihm rüber, genau wie seine Kumpels. Wieso verteidigte er mich? Der Mittlere lies meine Handtasche los und sie fiel wieder auf meinen Schoss zurück. Dafür drehte er sich jetzt zu meinem Verteidiger und legte warnend seine große Hand auf dessen Schulter. „Jules, was wir mit ihr machen, entscheide immer noch ich, klar?“ Er war anscheinend hier der Chef oder so, denn der Angesprochende, Jules, nickte leicht aber fügte dann noch hinzu: „Aber im Ernst, Gale. Die kleine heult doch schon fast“.                            Nun lagen alle Blicke bei mir und ich spürte sofort, wie meine Wangen sich erhitzen. Ich konnte es noch nie leiden, wenn die ganze Aufmerksamkeit auf mir lag. Gale, so hieß also der Mittlere mit den schönem Gesicht, musterte mich. In seinen Augen lag etwas, was ich nicht einordnen konnte. War es Mitleid? Schuld? Oder sogar Verständnis? Etwas nervös von dem Blick, schaute ich auf meine Handtasche in meinem Schoß zurück und schloss sie wieder, da Gale sie aufgemacht hatte. „Ok Jungs, ihr könnt gehen. Ich kümmere mich um sie“. Bei seinen Worten hob ich panisch meinen Blick wieder. Wenn er genauso drauf war wie sein einer Freund, würde er mich gleich wirklich vergewaltigen. Oder irgendwo hier im Park auf den Boden schmeißen und mein Handy wegnehmen. Auch Jules schien mit dem Vorschlag nicht ganz einverstanden zu sein, denn er erwiederte: „Gales, im Ernst, lass sie doch einfach, sie…“ Bevor er weiterreden konnte, gab Gale Jules einen Schubs, sodass er nach hinten taumelte. Er schien wohl ernsthaft sauer zu sein, denn presste aus zusammengekniffenen Lippen „Noch Fragen?“ heraus. Jules sah mich entschuldigend und mitleidig an, bevor er und der andere Typ, wahrscheinlich dann Mason, in der Dunkelheit verschwanden und mich und Gale allein ließen.

Unconditionally ♥Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt