das hässliche Entlein

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Vielleicht war genau das was sie wollte. Sie wollte gehört werden, in einer Welt die taub war und sie wollte jemand besonderes sein.

Jemand mit Verstand und Freundlichkeit. Aber in einer gehörlosen Welt blickte man nur auf die Äußerlichkeiten der Mitmenschen. Äußerlichkeiten, die sie benachteiligten. Sie sah nicht so aus wie die wunderschönen, schlanken Frauen die man immer in Film und Fernsehen sieht, sondern viel mehr wie in Büchern beschrieben. Rotes Haar, das vielleicht etwas lockig erscheint, ein mit Sommersprossen verziertes Gesicht, vielleicht eine etwas zu große Nase und zu kleine braune Augen die sowieso niemandem auffallen.

Weil sie hinter einer dicken dunkelbraunen Brille versteckt sind und der ihr gegenüber nur seine Spiegelung in ihr erkennt.

Und ihre schmalen rosafarbenen Lippen, unberührt und voller Sehnsucht, die vor lauter Nervosität kleine rote Flecken behält. Aber in einer blinden Welt ließt niemand mehr. Sie hören nur noch das laute Geschrei der Menschen, die jedem eintrichtern, nur so perfekt sein zu können. Die sagen, dass man nichts sehen muss weil Kunst nur etwas abstraktes ist. Sie war die Stille in einer Welt, die nur im gunsten der Lauten ausgerichtet war.

Und sie war lieber alleine. Hielt ihre dicken Bücher vor ihre Nase, eingekuschelt in ihre Decken, weil sie sonst niemand wärmt. Legt es mit Tränen in den Augen zurück und fragt sich, wann denn ihr Märchen beginnt.

Wann ihre Gegenwart nicht nur gekennzeichnet von Stille und verschiedenen Grautönen sein wird. Wie sie sich irgendwie ausdrücken kann, ohne verurteilt und belächelt zu werden und wann sie endlich gesehen und gehört wird.

Denn die traurige Realität ist, dass die Welt kein Buch ist, in der es Happy Ends gibt und das hässliche Entlein zum Schwan wird. Doch sie gibt die Hoffnung nicht auf, denn keine Heldin hat jemals aufgegeben.

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