Blüte 2

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Durch den Zusammenstoß schrecke ich erstmal zurück, bevor ich mir mein Gegenüber ansehe. Es sind zwei, um genau zu sein. Der, gegen den ich gestoßen bin, schlägt sowohl in die Höhe, als auch breite. Nicht alles ist jedoch Fett. Er hat dunkelbraunes Haar, die ihm bis zur Schulter reichen. Diese passen zu seinen braunen Augen und leicht gebräunten Hautton. Der Typ neben ihm scheint da das genaue Gegenteil zu sein. Auch er ist groß, zwar kleiner als sein Kumpane, aber größer als ich. Er hat kurzes, blondes und vor allem zersaustes Haar und blaue Augen. Ich kenne sie beide. Sie gehen bei mir in die Klasse. Wenn ich mich richtig erinnere, heißt der dunkelhaarige Banri Juba und der blonde Mikage Yoshida. Beide sehen mich so erstaunt an, wie ich sie ansehe.
Vor lauter Überraschung missfällt mir eine angemessene Reaktion, bis sich Chiaki direkt hinter mir stellt.
"Sag was", flüstert sie mir ins Ohr und kichert.
"Natürlich. Oh... ähm... Verzeihung."
Ich verbeuge mich leicht und drehe mich weg, um zu gehen, aber Yoshida macht mir ein Strich durch die Rechnung. "Du bist doch Akihito oder? Dieser Typ aus unserer Klasse, der keine Freunde hat."

Der hat gesessen.

Ich drehe mich zu Yoshida um und will gerade etwas sagen, als mir auffällt, dass er breit grinst.
"Was soll das grinsen?", frage ich ohne dabei unhöflich klingen zu wollen. Ich will lediglich wissen, ob ich der Grund bin.
"Ach, nur so", antwortet Yoshida schließlich.
"Hätte nur nicht gedacht, dass du jemand bist, der raus gehen würde, so ganz ohne Freu-"
Bevor er seinen Satz beenden könnte,  wird er von seinem Freund unterbrochen, der ihm mit seinen Händen den Mund zu hält.
"Tut mir leid, Mika ist manchmal ein wenig direkt, aber er meint es wirklich nicht böse", sagt Juba mit einem verlegenen Lächeln.
"Ist schon gut", antworte ich und gehe meinen zweiten Versuch an, nach Hause zu gehen. Nach einigen Schritten fällt mir aber auf, dass ich noch etwas vergessen habe.
Ich bleibe stehen und drehe meinen Kopf so, dass ich meine Klassenkameraden noch einmal ansehen kann.
"Bis... morgen..."
Dann gehe ich endgültig davon. Chiaki, die das ganze still mit angesehen hat, folgt mir stillschweigend. Obwohl sie hinter mir hergeht, kann ich ihr breites Grinsen in meinem Nacken förmlich spüren.
Glücklicherweise bleibt sie still, bis zu der Sekunde in der wir durch die Haustüre treten.
"DU HAST ES GESCHAFFT! DU HAST DICH MIT MENSCHEN UNTERHALTEN!"
Nicht nur, dass Chiaki mir die Ohren taub schreit, sie schnürt mir auch noch sämtlichen Sauerstoffzufuhr ab, in dem sie mich umarmt.
"Das nennst du eine Unterhaltung? Das war ja noch nichtmal Smalltalk."
Ich schütteln das Mädchen von mir ab und gehe in die Küche.
"Willst du auch einen Tee?", frage ich, während ich den Wasserkocher anschalte. Chiaki beobachtet mich vom Türrahmen aus und schüttelt einfach ihren Kopf.
"Ich geh' lieber fernsehen."
Mit diesen Worten verschwindet sie dann ins Wohnzimmer.
" 'Mir gehts nicht gut.' 'Ich geh' lieber fernsehen.' Du hast ja nerven...", murmel ich vor mich hin, bevor ich meinen Tee zum ziehen stehen lasse.
Anschließend gehe ich ins Wohnzimmer, um nach Chiaki zu schauen. Sie saß wie immer fröhlich vor dem Fernseher mit einer Tüte Chips in der Hand.
"Um acht wird kein süßes oder fettiges Zeug mehr gegessen", sage ich und nehme ihr die Chips aus der Hand. Als Reaktion springt Chiaki auf und greift nach der Tüte, aber ich bin schneller. Ich strecke meine Hand mit der Tüte gerade nach oben, sodass Chiaki nicht mehr dran kommt.
"Keiji! Das ist gemein! Gib sie zurück!"
"Vergiss es."
Der Anblick meiner Mitbewohnerin, die mittlerweile hoppsen muss, ist einfach so amüsant, dass ich mir ein grinsen nicht verkneifen kann.
"Du bist ziemlich energisch für jemand, die so krank ist."
"Und du bist ziemlich  fies für jemand, der so introvertiert ist."
Ich lache nur und gebe Chiaki ihre Chips wieder.
"Nun gut, mir soll's egal sein. Ich verabschiede mich jedenfalls für heute."
Mit diesen Worten gehe ich in die Küche, nehme meinen Tee und ziehe mich in mein Zimmer zurück. Mit meinem Tee setze ich mich an meinem Schreibtisch, wo ich ein paar leere Blätter aus der linken Schublade raus nehme. Aus meiner Federmappe, die bereits auf dem Tisch liegt, nehme ich Bleistift, Radiergummi und Anspitzer. Dann fange ich an zu zeichnen. Ich zeichne den Kirschblütenbaum, unter dem ich heute geschlafen habe. Jedoch komme ich nicht weit. Gerade nachdem ich die grobe Skizze fertig habe, werden meine Augenlider schwer und ich spüre eine tiefe Ruhe in mir, die mich in den Schlaf versetzt.

Der KirschblütentraumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt