Kapitel 16

1.7K 102 4
                                    

ROSALIE


Mit zitternden Händen sass ich neben meiner Mutter im Wartebereich. Ich verstand nicht genau wieso sie meinen Vater hier her gebracht haben. Der Typ hat ihm in den Kopf geschossen. Das habe ich mit meinen eigenen Augen gesehen.

"Rosalie?" Die zitterige Stimme meiner Mutter holte mich zurück in meine Realität. "Es tut mir leid" hauchte sie mit zittriger Stimme. Überrascht schaute ich zu ihr. "Was tut dir leid?" fragte ich verwirrt. "Die Dinge die ich gesagt habe und getan habe. Ich habe vollkommen vergessen was wichtig im Leben ist, und das bist du und dein Vater. Ihr seit das einzig wichtige für mich." Völlig perplex schaute ich in ihr Tränen überströmtes Gesicht. "Du bist meine Tochter und ich liebe dich so sehr aber ich war nie wirklich die Mutter die du gebraucht hattest. Ich habe dich dann im Stich gelassen als du mich am meisten gebraucht hast. Als das alles mit Aiden passiert ist. Ich hätte für dich da sein sollen, stattdessen habe ich dich im Stich gelassen und Salz in die Wunde gestreut." Sie schluchzte und wischte sich übers Gesicht.

Ohne zu zögern schlang ich meine Arme um sie. "Ich liebe dich doch auch Mama" flüsterte ich. Sie schluchzte erneut und legte ihre Arme um mich. "Ich gebe mir Mühe endlich die Mutter zu sein die du verdienst" hauchte sie und löste sich von mir. Ich nickte lächelnd und setzte mich wieder richtig hin.

"Ich geh mir einen Kaffee holen, willst du auch einen?" fragte mich meine Mutter die schon aufgestanden war. Ich nickte abwesend. Aus dem Augenwinkel sah ich wie sie das Wartezimmer verliess und dann um die Ecke bog. Fast gleichzeitig vibrierte mein Handy. Ich fischte es aus meiner Jackentasche und warf einen Blick auf den Display. Jaydens Name blinkte auf. Ich hob ab und hielt das Handy an mein Ohr. "Rose? Wo bist du?" drang die verzweifelte Stimme von Jayden durch den Hörer. "Ich..." ich brach ab und holte tief Luft. "Ich bin im  Krankenhaus" brachte ich hervor und kniff die Augen zusammen. "Was? Geht es dir gut? Was ist passiert?" fragte er. In seiner Stimme schwang Besorgnis und ein Hauch von Angst mit. "Nein mir geht es nicht gut Jayden." flüsterte ich. "Ich komme vorbei wo bist du?" "Im Wartebereich bei der Notaufnahme. " antwortete ich mit zittriger Stimme. "Ich bin in fünf Minuten da! Geh nicht weg!" und schon hatte er aufgelegt.

Meine Mutter bog gerade wieder um die Ecke und lächelte mir schwach zu. "Sie hatten keinen Kaffee mehr" sagte sie als sie wieder neben mir sass und mir ein Becher mit Wasser hinhielt. "Nicht schlimm" murmelte ich und trank einen Schluck bevor ich den Becher auf den kleinen Tisch stellte.

Die Minuten fühlten sich wie Stunden an bis ich Jayden endlich um die Ecke biegen sah. Sofort sprang ich auf und rannte auf ihn zu. Er schien mich nun auch gesehen haben und lächelte schwach. Vor ihm blieb ich stehen und schaute zu ihm hoch.

"Soll ich dich in den Arm nehmen?" fragte er unsicher. Ich nickte bloss ich liess mich in seine Arme fallen. Er drückte mich eng an sich und strich mir beruhigend über den Rücken. Ich klammerte mich an ihn als wäre er ein Fels in der Brandung. Was er in diesem Moment wirklich für mich war. Auch wenn ich immer gedacht hatte ich würde ihn für immer hassen war ich froh das er mich jetzt in den Arm nahm und mich einfach nur festhielt.

"Willst du mir erzählen was passier ist?" hauchte er dich neben meinem Ohr. Am liebsten hätte ich ihn nie mehr losgelassen. Diese Umarmung fühlte sich gerade so gut an. Fast so gut wie die von Aiden.

Ich löste mich von ihm und schaute hoch zu seinen Augen. Besorgt betrachtete er mich. Er hob seine Hand und strich mir über die Wange. "Mein Dad... es wurde wieder eingebrochen..." stammelte ich und unterdrückte einen Schluchzter. "Er hat meinem Vater in den Kopf geschossen" brachte ich endlich hervor. "Oh mein Gott" murmelte Jayden und zog mich wieder an seine Brust. Die Tränen die ich vorhin noch unterdrückt hatte liefen in Strömen über mein Gesicht und tropften auf sein Shirt. Als ich laut schluchzte drückte er mich näher an sich und strich mir beruhigend über den Rücken. "Schscshsch" hauchte er was mich ein wenig beruhigte. Das alles beruhigte mich. Seine Wärme zu spüren. Seine starken Arme ,die er beschützerisch um mich gelegt hatte. Sogar sein dämliches Parfum das mich früher immer so genervt hatte und ich nun tief einatmete.

So fühlte ich mich nur bei wenigen Menschen. Aiden war einer dieser Menschen und nun auch bei Jayden? Meine Gefühle fuhren Karussell und ich begriff nichts mehr. Was war los mit mir?

"Schäztchen kommst du?" Verwirrt runzelte ich die Stirn diese Stimme hört sich nicht nach Jayden an. "Hey Rose" Ich blinzelte und löste mich von Jayden. "Wir dürfen zu deinem Vater" Nun erkannte ich die Stimme. Meine Mutter stand neben einem Arzt und schaute mich auffordernd an. "Ich warte sonst hier" Jayden wollte sich schon umdrehen als ich nach seiner Hand griff. "Bitte" flehte ich und zog in mit mir. "Okay" flüsterte er und folgte mir. Seine Anwesenheit gab mir Kraft ich wusste nicht genau wieso ich plötzlich so fühlte, aber es fühlte sich so gut an.


Schweigend starrte ich auf meinen Vater der in einem Krankenbett lag, angeschlossen an Schläuche und anderen Kram. Die Worte des Arztes wiederholten sich ständig in meinem Kopf. Mein Vater war nicht Tod. Er lag bloss im Koma. Die Kugel konnte ihn nicht tödlich verletzen aber die Chancen das er überlebt lagen bei 40%. Weniger als die Hälfte.

Meine Mutter hatte das Zimmer verlassen mit der Begründung ihr wäre schlecht. Ich hatte meine Mutter noch nie weinen sehen, also wie sollte ich wissen wie  ich ihr helfen sollte? Allgemein war ich schlecht darin. Alles was Gefühle anging. Ich konnte weder erklären was ich fühlte oder verstehen was ich überhaupt fühlte.

"Rose?" Jaydens sanfte Stimme riss mich aus meinen Gedanken und ich schaute zu ihm.    
"Denkst du er schafft es?" Unsicher schaute ich zu meinem Vater. Er war stark da gab es keine Zweifel, aber mein Vater konnte auch nicht alles ertragen. So sehr ich wollte das er kämpfte wollte ich auch nicht das er litt und nichts als Schmerz fühlte.

"Wenn er so stark ist wie du bestimmt" Verwirrt schaute ich zu Jayden. "Ich bin doch nicht stark" murmelte ich. "Und wie du das bist Rosalie Cooper" sagte er bestimmt und lief um das Bett herum zu mir. "Du bist das stärkste Mädchen das ich kenne. Er wird es schaffen er braucht bloss Zeit"





Ich sass mit den Beinen an meine Brust gedrückt auf einen der Stühle und schaute zu meinem Vater. Jayden war die ganze Zeit über da geblieben. Anfangs hatte er versucht mich aufzumuntern doch mittlerweile sass er schweigend neben mir und schaute abwechselnd von meinem Vater zu mir und wieder zurück hin und her. Die ganze Zeit über.

"Rose soll ich dich Nachhause bringen?" fragte er mich und löchert mich mit seinem Blick. "Ich will nicht Nachhause" murmelte ich und stand auf. "Dann kommst du zu mir wenn das für dich und deine Mutter okay ist" schlug er vor und stand ebenfalls auf. "Sie hat bestimmt nichts dagegen." Meine Mutter war schon vor einer Stunde in ein Hotel gefahren. Sie hat mir angeboten mitzukommen doch ich wollte noch nicht weg.

Ich war schon fast eingeschlafen als Jayden vor seinem Haus hielt und ausstieg. Kurz darauf wurde meine Tür geöffnet und er griff über mich um mich abzuschnallen. Ich spürte wie er einen Arm unter meine Oberschenkel legte und einen um meine Taille.

"Was machst du?" nuschelte ich verschlafen. "Schlaf weiter" hauchte er. "Mhm danke" murmelte ich noch und kuschelte mich enger an ihn.


JAYDEN

Sachte legte ich Rose auf meinem Bett ab und zog ihr die Schuhe und Jacke aus. Sie rollte sich noch ein wenig mehr zusammen, was mich lächeln liess. Ich zog die Decke über sie und setzte mich an den Bettrand.

Als ich heute nochmal über unser Gespräch nachgedacht hatte, habe ich den Drang verspürt zu ihr zu fahren. Es war zwar gerade mal vier Uhr Morgens aber ich musste mit ihr reden. Als ich dann bei ihr ankam stand die Polizei vor ihrem Haus und lies mich nicht vorbei. Also rief ich sie an, als ich dann hörte das sie im Krankenhaus war hatte ich etwas gespürt das ich schon lange nicht mehr gespürt hatte. Angst. Ich hatte wirklich Angst um sie. Ich bin dann sofort ins Krankenhaus gefahren. Aber das Gefühl das ich gespürt hatte als ich sie im Arm gehalten habe toppte alles. Es fühlte sie so neu und dennoch so bekannt an.

Criminal Nerd |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt