55.Kapitel:Dumm wie neue Helden

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Ri ließ ihr Bewusstsein gegen das des Wachmanns donnern. Der schwarze Fels vibrierte unter ihrem Ansturm, doch in seinem Inneren regte sich nichts.
Erschöpft sah sie zu dem Mann auf, der ungerührt oben auf der Aussichtsplattform entlang ging.

Zwei Tage waren seit ihrer Rückkehr vergangen, Stunden die sie damit zugebracht hatte ihren Geist gegen den der Männer prallen zu lassen.

Sieben hatte sie erreicht, aber langsam war sie mit ihrer Kraft am ende.
Doch dies war der einzige Weg, wie alles friedlich enden konnte.
Wenn sie es nur schaffte alle Männer auf ihre Seite zu bringen, würden sie sie einfach gehen lassen ohne das es einziges Opfer geben würde.

Sie blickte zu ihren Händen hinab, die auf der glühenden Oberfläche einer Diamantitplatte lagen. Dies war ihre Aufgabe und es raubte ihr zusätzliche Kraft. Kraft die sie ohnehin nicht hatte, denn mit jedem Schlag spürte sie wie ihre Lebensenergien ab nah.

Und dennoch machte sie weiter. Sie musste es schaffen. Sonst würden alle in dieser Halle, alle im wandelnden Berg, sterben.

Ihre Augen lösten sich von ihren Fingern und schweiften über die Golem, die genau wie sie, stumm ihrer Arbeit nach gingen.

Wenn diese sie nun an sahen, lag in ihrem Blick nicht mehr diese falsche Ehrfurcht, sondern Trauer, Wut und Enttäuschung. Ihren Zorn konnte sie ertragen, die hoffnungslosigkeit, die sich unter ihnen ausbreitete, nicht.

Dabei war es doch das was sie gewollt hatte. Das was sie versucht hatte zu erreichen und es war ihr gelungen.
Oder nicht?

Ri konnte sich eines unguten Gefühls, wenn sie ihre Leute betrachtete, nicht erwehren.
Ihre Köpfe waren gesenkt, genauso die Schultern und ihr Gang war der von Gebrochenen und dennoch erschien es Ri, als schwehle etwas darunter.

Sie konnte ihre stille Wut, durch ihre Verbindungen knistern hören. Spürte sie als leichtes Prickeln auf der Haut und es machte ihr Angst.

In ihren Augen war der Zorn der Golem nicht mehr als eine tickende Zeitbombe, die jederzeit hoch gehen konnte. Und dann würde sie alle mit sich nehmen.

Nein! Sie durfte nicht an die Möglichkeit ihres Versagens denken. Sie musste es vorher schaffen.
Sie hatte eine Aufgabe.

Wieder machte sie sich daran die verdichteten Schatten zu bearbeiten, den Schmerz ignorierend, der sich dabei in ihrem Inneren ausbreitete.

„Hey,“
holte sie eine Stimme aus den Tiefen ihrer Konzentration.

Sie kannte diese Stimme. Es war Kanri und ohne das sie es verhindern konnte, empfand sie Freude, dass er sie ansprach. Nach ihrem letzten Begegnung hatte sie nicht mehr damit gerechnet.
Dennoch rief sie sich ins Gedächtnis, das auch er nichts von ihrem Plan wissen durfte.

„Was willst du?“,
fragte sie und versuchte so viel unmut wie möglich in ihre Stimme zu legen.

„Es ist immer schön nett begrüßt zu werden,“
sagte er in einem Anflug seines früheren Sarkasmus.

Dann:
„Wie geht es dir?“

Sie schnaubte.
„Wie soll es einem schon gehen, nachdem man sein Volk verraten hat.“

Den Schmerz, der in ihren Worte mit schwang, musste sie nicht einmal spielen.
Die Anschuldigungen hatten weh getan, mehr als sie selbst erwartet hatte.

Wieder besseren Wissens hatte ein Teil von ihr geglaubt die anderen würden sie nicht so schnell aufgeben. Würden die Hoffnung, die sie in ihnen geweckt hatte, nicht so schell verliehen.

Aber genau das war es doch gewesen was sie zu erreichen versucht hatte.

Ganz gleich wie sehr es sie schmerzte, sie musste es ertragen, wollte sie sie retten.

Kanri schwieg so lange, das sie schon glaubte, er habe sich wieder zurück gezogen. Doch dann fragte er leise:
„Hast du das denn?“

Empörung machte sich in ihr breit.
Wie konnte er so etwas fragen. Schließlich war er einer von denen gewesen die ihr, den Verrat vorgeworfen hatten.

Oder nicht?
Sie konnte sich nicht mehr genau erinnern. Es waren einfach zu viele Stimmen gewesen, zu viele Gedanken.

„Sag du es mir,“
vorderte sie daher kalt.

Wieder schwieg er eine Weile.

„Ich glaub nicht das du das hast,“
meinte er schließlich und klang dabei seltsam traurig.

„Du magst aufgegeben haben, aber verraten hast du uns nicht.

Ich denke, wir haben uns zu sehr auf dich verlassen, eine einzel Person.
Es war nicht fair, dir gegenüber.“,
beendete er seine kleine Ansprache.

So sehr Ri sich auch über seine Worte freute, so unruhig machten sie diese auch. Ihr gefiel die Richtung nicht, in die er mit seiner Rede steuerte und durch ihre Verbindung bemerkte sie ein Leuchten, das von seinem Wesen aus ging. Sie kannte dieses Licht und es machte sie im gleichen Maße stolz wie verzweifelt. Es war Hoffnung.

„Ich denke es ist Zeit das wir selbst etwas..“

„Nein!“,
schrie sie entsetzt.

„Was?“,
fragte er, verwirrt ob ihrer heftigen Reaktion.

„Wenn sich auch nur einer von euch auflehnt, werden wir alle hingerichtet!“

„Ich denke nicht das sie gleich..“
Er unterbrach sich selbst und Ri hätte sich am liebsten die Hand vor den Mund geschlagen.
Wie konnte sie so dumm sein.

„Das war es, womit der Kommandant dir gedroht hat. So hat er dich dazu gebracht die Armreifen ab zu legen!“

„Bitte Kanri. Unternimm nichts.
Er wird alle töten lassen. Das würde ich nicht ertragen.“,
flehte sie leise.

Er schnaubte verächtlich.
„Das heißt also, du darfst dein Leben riskieren, wir anderen aber nicht und jetzt willst du verhindern das wir getötet werden, weil Du das nicht ertragen würdest!

Dabei bist Du einmal diejenige gewesen, die als einzige gekämpft hat und nun gibst du einfach auf und vergisst das wir längst nicht mehr so leben wollen.“

Seine Worte schmerzten mehr, als sie erwartet hätte. Die Verachtung, die aus ihm sprach, riss kleine, blutende Wunden in ihr Herz und sie wünschte er möge auhören.

Sie sah von ihrer Arbeit auf und begegnete seinen Augen, die sie durch die sich bewegende Masse, aus goldenen Körpern, ansahen.

Sie setzte gerade zu einer Antwort an, als ein dumpfes, beängstigend vertrautes, Geräusch sie herum fahren ließ.
Einer der Golem, war an seinem Vertigungsbecken zusammen gebrochen. Sein Körper krampfte sich um die Arme zusammen, die langsam in mehrere Stücke zerfielen und seine Augen suchten verängstigt die Menge ab.

Ri wusste wonach er suchte, oder eher nach wem und es brach ihr das Herz.
Sie konnte nicht zu ihm hinüber, sie durfte nicht.

„Kannst du das wirklich?
Einfach zusehen.“
Seine Stimme klang gefährlich ruhig.

„Ich kann nichts für ihn tun,“
sagte sie, als wolle sie sich selbst überzeugen.

Er sah sie kurz an und Ri erkannte das Feuer, das in seinem Blick loderte.
“Aber ich,“
dann rannte er los.

Der Gesang der GolemWo Geschichten leben. Entdecke jetzt