fünf

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Am Montagmorgen verschlief ich um eine halbe Stunde, was bedeutete, dass meine Brüder bereits das Badezimmer für sich beschlagnahmt hatten.
Meine Mutter war in ihrem Schlafzimmer. Ihr ging es malwieder nicht gut und ich wollte sie nicht wecken.

Genervt hämmerte ich an die Badezimmertür. "Ben?! Ist das dein Ernst, du bist ja länger im Bad als ich!"

Ben und Blake waren Zwillinge und vierzehn Jahre alt. Aber außer, dass sie exakt gleich aussahen, hatten sie kaum Gemeinsamkeiten. Während Blake praktisch noch zehn innerlich und unheimlich süß und frech war, draußen herumtobte und sich nicht groß um sein Aussehen scherte, war Ben ständig darauf fixiert cool zu sein und perfekt auszusehen. Mit anderen Worten: er war schrecklich pubertär. Blake hing unheimlich an mir, Ben hingegen wollte beliebt sein und sträubte sich sich mit mir sehen zu lassen.
Beide gerieten dauernd in Schwierigkeiten, aber trotz allem waren sie ein Herz und eine Seele.

Es dauerte einen Moment, da riss Ben die Badezimmertür auf und knurrte: "Du siehst doch, dass besetzt ist! Denkst du, ich gehe so vor die Tür?!", er zeigte vorwurfsvoll auf seine Haare, die mit und ohne Styling ziemlich gleich aussahen meiner Meinung nach.

"Scheiß auf deine Haare, ich muss mich fertig machen.", grummelte ich, immernoch verschlafen, und drängelte mich an ihm vorbei ins Bad.

Nun kämpften wir am Waschbecken beim Zähneputzen um Platz.

"Wenigstens hab ich mehr Style als Blake, seine Haare sehen aus wie ein dreckiges Wattestäbchen.", nuschelte er mit der Zahnbürste im Mund, der Schaum lief ihm aus den Mundwinkel, was ihn aussehen lassen ließ, als hätte er Tollwut. Angewiedert trat ich einen Schritt zur Seite in der Hoffnung er würde beim Reden nicht spucken.
Manchmal fragte ich mich wirklich, wie er so früh morgens schon so wach sein konnte.

In Eile stürmte ich in die Küche, wo Blake mit verstrubbelten Haaren und tiefen Augenringen am Tisch saß und beinahe über seinem Müsli einschlief.

"Hey, Kleiner, dein Bus kommt gleich.", Ich rüttelte sanft an seiner Schulter und klopfte auf den Tisch, worraufhin er wacher wurde und sich desorientiert die Brille auf der Nase zurechtrückte. Ich schnappte mir noch schnell einen Apfel, den ich im Auto bei der Fahrt aß und lief zur Einfahrt.

Fast eine dreiviertel Stunde zu spät erschien ich auf dem Schulgelände. Gerade dabei aus meinem Wagen auszusteigen und meinen Rucksack vom Beifahrersitz zu schnappen, machte ich eine große hagere Gestalt auf dem Schulhof aus. Ich erkannte ihn als unseren Direktor, Mr. Prescer, der zügig in meine Richtung strackelte, ein grimmiger Ausdruck in seinem Gesicht. Das fehlte mir gerade noch.
Es hatte keinen Zweck sich jetzt noch vom Acker zu machen. "Verdammt.", fluchte ich leise ohne ihn anzusehen und schloss mein Auto ab.

"Ach, Beth! Was für eine Überraschung.", fuhr er in sarkastischem Ton fort. Er klang nur halb so freundlich wie er es vorgab.
"Sollten Sie nicht längst im Unterricht sein?"

Ich versuchte, möglichst brav dreinzugucken, als ich ihm antwortete. "Nein, mein erster Kurs ist ausgefallen.", log ich.

"Ist das so? Haben Sie nicht jetzt Mathematik bei Mr. Thompson? Ich bin mir sicher, ich habe ihn heute morgen schon gesehen.", sein Blick verfinsterte sich. "Es ist natürlich selbstverständlich, dass du deine verlorene Zeit nachholst, aber keine Sorge, das kannst du Freitag nach der Schule machen.", mit diesen Worten machte er kehrt und ging.

In mir kochte die Wut, doch es hatte keinen Zweck zu diskutieren, nicht, wenn es sich dabei um den Direktor handelte.

Da meine Schule vergleichsweise klein war, kannte er die meisten Schüler beim Namen.

Im Klassenraum angekommen, stand mein Lehrer gerade an der Tafel und schrieb etwas an, als ich eintraf.
Mr. Thompson, ein alter Greis mit kleiner Brille beäugte mich kritisch und tippte mit seinem knochigen Zeigefinger auf seine Armbanduhr. "Wie schön, dass sie meinen Unterricht auch noch mit Ihrer Anwesenheit beehren.", sagte er theatralisch höflich. Wie schön, dass Sie immernoch nicht in Rente sind..., dachte ich, bevor sich seine Stimme eiskalt anhörte, "Nur leider zu spät.
Was ist diesmal Ihre Ausrede?", fragte er vorwurfsvoll. Seine Stimme klang wie immer als hätte man ihm eine Wäscheklammer auf die Nase geklemmt.

"Ich stand im Stau, 'Tschuldigung.", redete ich mich raus und zwang mir ein Lächeln auf.

"Setzen.", sagte er grimmig, auf seiner Stirn bildeten sich bereits die ersten Stressfalten.

Später, als wir beim Mittagessen saßen, redeten alle bloß von der Party am Wochenende. Es ging um irgendein Mädchen, das betrunken im Sand gelegen hatte und durch den Dreck gekrault war.

Überraschenderweise war es nicht Darleen.

"Hast du für den Test heute in Bio gelernt?", fragte ich Austin, um das Thema zu wechseln.
Er zuckte mit den Schultern. "Ein bißchen, aber ich glaube sowieso der wird nicht so schwer."
Ich seufzte. "Wieso fällt dir das so leicht? Ich hasse Bio. Den ganzen Sonntag hab ich über dem Biobuch verbracht und ich habe das Gefühl, ich bin genauso dumm wie vorher."

Dann entdeckte ich Jane in der Schlange fürs Essen.

"Ich geh mir mal was zu Trinken holen.", gab ich den anderen kurzerhand Bescheid und begab mich dann zielstrebig zu Jane.

"Na, heute ohne deinen Neandertaler unterwegs?", ich spielte auf Brandon an, was sie natürlich sofort verstand.

"Nenn ihn nicht so.", versuchte sie ihn zu rechtfertigen, allerdings sah ich, wie sie nervös und nachdenklich an der Gabel, den sie in den Händen hielt, mit den Fingernäheln knibbelte. Ich war mir sicher, sie hatte mitbekommen, was er am Wochenende auf der Party getrieben hatte. Oder eher: mit wem er es vermutlich getrieben hat.

Ich machte eine wegwerfende Handbewegung.
"Und wieso ist er nicht da?", fragte ich so beiläufig wie möglich.
Sie zögerte einen Moment, bevor sie antwortete: "Er ist krank.", was aber nicht sonderlich überzeugend rüberkam.

Ich seufzte und trat einen Schritt näher zu ihr. "Du hast keine Ahnung, wieso er nicht in der Schule ist, oder?"

Ihr Kopf sackte etwas herunter und sie sah auf den Boden. "Nein.", gab sie kleinlaut zu. Sie klang enttäuscht und wieder einmal würde ich ihrem Trottel von Freund gern mit einer Bratpfanne die Nase eines Mops' verpassen.

Ich versuchte, meine Wut auf Brandon zu verstecken.

Sie wich meinem Blick aus. War er ihr peinlich?

Dann musste mich auch schon von ihr abwenden, weil sie nun an der Kasse angekommen war und bestellte. Ich ging ich nicht weiter auf die Nerven und begab mich wieder zum Tisch.

Als ich ging, rief ich ihr noch hinterher: "Jane!"

Sie drehte sich um und sah mich fragend an. "Ja?"

Ich lächelte sanft. "Komm nach der Schule wieder zu meinem Auto. Ich fahr dich."

I'm gonna show you better || girlxgirl 18+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt