vierunddreißig

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Ich hatte das alles nicht geplant.
Ich hatte nie geplant so zu fühlen wie ich es nun tat.
Und doch zerriss es mich jedes Mal, wenn ich ihre Tränen sah.
Mein Herz machte jedes Mal einen Satz, wenn sie lächelte.
Und mein Bauch kribbelte, wenn wir uns küssten.

"Ich will doch nur dich", wiederholte ich nachdrücklich und legte meine Hand an ihre Wange. Sie schmiegte sich an meine Hand und schloss die Augen.
Ich legte die Arme um sie und hielt sie für einen Moment fest. "Es tut mir leid, dass ich dir so einen Schrecken eingejagt habe. Hätte ich gewusst, was Darleen vorhatte, hätte ich anders reagiert. Aber darüber müssen wir uns jetzt keine Gedanken mehr machen. Ich habe mit Darleen geredet."

"Ich will jetzt nicht mehr darüber nachdenken." Ihre Stimme war gedämpft, weil sie ihr Gesicht in meine Halsbeuge drückte. Ich platzierte einen Kuss auf ihrem Scheitel. "Okey."

Nach einem Moment der Stille sah sie mir in die Augen. "Ich will dieses Gefühl nie wieder haben."

Meine Augenbrauen zogen sich zusammen. "Welches Gefühl?"

"Das Gefühl, dir so fern zu sein. Ich will dir nah sein."

Ich schmunzelte kurz und drückte ihr einen Kuss auf die Nasenspitze. "Du bist mir doch nah?"

"Nein", sagte sie entschlossen. "Ich meine nicht jetzt gerade. Ich meine immer. Ich will dir immer nah sein. Ich will..." Sie holte tief Luft und in meinem Bauch formten sich wilde Schmetterlinge. "Ich will mit dir zusammen sein."
Bei diesen Worten färbten sich ihre Wangen kirschrot.

Ihre plötzliche Entschlossenheit überraschte mich. "Ist das wirklich das, was du willst?"

Sie nickte zuversichtlich. "Ich-", sie suchte nach den richtigen Worten. "Bei Brandon habe ich mich nie so gefühlt. Natürlich hatten wir auch schöne Momente..." Mir drehte sich der Magen um bei dem Bild, das sich automatisch in meinem Kopf bildete, von Jane in Brandons Armen.
Sie fuhr unbeirrt fort: "Aber es war nie so wie bei dir. Bei dir fühle ich mich so wohl, aber ich bin auch aufgeregt. Ich will mich stundenlang mit dir unterhalten, und dich umarmen und küssen - Gott, ich liebe es dich zu küssen!" Sie wurde immer nur noch roter. "Ich...ich-"

Ich unterbrach ihr Stammeln und schnellte vor, um sie zu küssen. Unsere Lippen trafen aufeinander, als wäre es das einzige, das uns am Leben hält. Ich zog sie nah an mich heran und sie drängte sich mir entgegen, was in mir eine Welle an Glücksgefühlen auslöste, die mich überrollten wie ein schwerer Sturm. Es war, als spiele Sauerstoff keine Rolle mehr. Alles, was ich brauchte, war sie.
Ich spürte ihr Lächeln auf meinen Lippen, als wir uns voneinander lösten.

Den Rest des Schultages schwirrten zwei Fragen in meinem Kopf herum.
Die erste drehte sich darum, wie öffentlich Jane sich mit mir zeigen wollte. Ich wusste nicht, ob ihre Sexualität jemals überhaupt ein Thema für sie war. Sie hatte nie mit mir darüber gesprochen. War sie einfach offen, wollte sich nicht labeln? Oder war es ihr egal, was andere davon hielten? Ich wusste selbst, wie unangenehm dieses Thema an einer öffentlichen Schule werden kann. Würde sie unsere Beziehung offen angehen? Oder wollte sie uns verheimlichen? Ich war mir nicht sicher, wie lange ich noch gewillt war, uns zu verstecken. Andererseits wirkte es immer so, als wäre der einzige Grund, warum sie uns verheimlichte Brandon.
Um Brandon ging es bei der zweiten Frage, die mir den Kopf zerbrach. Würde sie nun endlich mit ihm Schluss machen? Und würde das gutgehen?

Ein Ellenbogen in meiner Seite brachte mich zurück in die Realität des Klassenraums. "Mh?"
Austin blickte mich besorgt an. "Worüber denkst du denn die ganze Zeit nach?"

Ich erzählte ihm von dem Gespräch mit Jane.
"Im Ernst?", er strahlte. "Freut mich für dich."
"Danke, wir werden sehen, was daraus wird. Aber darüber kann ich mir heute keine Gedanken mehr machen. Der Nachmittag wird bestimmt die Hölle."

Austin runzelte die Stirn. "Wieso? Was hast du denn vor?"

Als ich ihm von unserem Umzug zu Nikita erzählte, nickte er langsam. "Hey, vielleicht wird es gar nicht so übel. Ich kenne ihn natürlich nicht so wie du, aber vielleicht hat er sich ja wirklich verändert."

Ich zuckte mit den Schultern. "Das ist ja genau das Problem. Ich kenne ihn auch nicht. Seit Jahren haben wir uns nicht gesehen. Er hat so viel von meinem Leben verpasst. Und bei Blake und Ben genauso. Und jetzt will er plötzlich einfach so wieder in unser Leben treten und diese ganzen Jahre einfach überspringen? Dieser Mann kennt mich nicht mehr. Und ich ihn genauso wenig. Ich weiß nichtmal, ob ich ihn überhaupt wieder kennenlernen möchte."
Ein Kloß bildete sich in meiner Kehle. Ich hatte nicht geahnt, das mir das ganze so nahe gehen würde.

Ich spürte seine große Handfläche auf meinem Rücken. "Ihr kriegt das schon hin. Du weißt ja, wenn was ist, ruf mich einfach an und ich hol dich da raus."


I'm gonna show you better || girlxgirl 18+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt