Kapitel 05

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Es schmerzte John ein wenig, dass Sherlock sich ihm nicht anvertrauen wollte, aber der Arzt wusste, dass er wohl seine Gründe haben musste. Er nahm Sherlocks Hände in seine.
„Willst du noch weiter spielen, oder kommst du wieder zurück ins Bett?“
„Ich glaube, ich brauche noch ein bisschen“
„Würde es dich stören, wenn ich dir beim Spielen zuhöre?“
Sherlock lächelte sanft.
„Deine Anwesenheit würde mich niemals stören“
John gab seinem Freund einen Kuss, ehe er sich mit seiner Decke auf das Sofa legte und mit geschlossenen Augen der Melodie von Mein Blogger lauschte. Nach ein paar Minuten war er schon wieder eingeschlafen, doch Sherlock spielte die gesamte Nacht nur für seinen Blogger.

Der Consulting Detective merkte erst, dass ein neuer Morgen angebrochen war, als Mrs Hudson mit einem Tablett voller Tee und Keksen hereinkam.
„Ach du liebe Güte! Sherlock, Sie haben doch nicht etwa geweint!“, rief sie aus, als sie dessen rote, verquollene Augen sah. 
„Haben Sie zwei etwa Streit?“, die ältere Dame gestikulierte zwischen John, der noch schlafend auf dem Sofa lag, und Sherlock hin und her.
„Aber nein. Machen Sie sich um uns keine Sorgen, Mrs Hudson. Danke für den Tee“, gab der Detective müde und mit brüchiger Stimme zurück.
Als ihre Vermieterin, immer noch ein wenig besorgt, wieder aus der Wohnung verschwand, schüttete Sherlock seinen Tee den Abfluss hinunter und warf ein paar Kekse, in hohem Bogen aus dem Fenster, damit John nicht sehen würde, dass er nichts zu sich genommen hatte und sich deswegen keine unnötigen Sorgen machte. Wie lange er wohl Zeit hatte, bevor er seinem Freund alles erzählen musste?

Kurz darauf wachte der Arzt auch schon auf und rieb sich verschlafen die Augen. Nach dem Griff zu seiner Tasse Tee fragte er: „Wollen wir heute etwas unternehmen? Es soll schön warm draußen werden“
„NEIN!“, schrie Sherlock aufgebracht und erhob sich, wobei er den Stuhl, auf dem er gerade noch gesessen hatte, umwarf. „Keiner von uns beiden verlässt das Haus. Unter keinen Umständen. Ist das klar?!“, als er das pure Entsetzen in Johns Gesicht sah, bereute er seinen Ausraster zugleich.
„Wir … Ich meine, wir können uns auch hier amüsieren. Fernsehen, oder so“, setzte Sherlock verlegen nach. John war nun eindeutig klar, dass etwas nicht stimmte. Er stellte seine Tasse ab und bedeutete Sherlock, sich neben ihn auf das Sofa zu setzen. Dieser ging mit schlurfenden Schritten und hängenden Schultern seiner Bitte nach, und als er sich neben John niederließ, schlang dieser sofort seine Arme um ihn.
„Was geht hier vor, Sherlock? Hat es etwas mit dem Fall von gestern zu tun? Ich merke doch, dass etwas los ist. Bitte rede mit mir“, flehte er seinen Freund inständig, mit liebevollen Blick, an.
Bis zu diesem Augenblick war es Sherlocks Plan gewesen, John, so lange wie möglich, aus der Sache herauszuhalten. Doch er merkte, dass er diese Last nicht länger allein auf seinen Schultern tragen konnte, und er hatte niemand anderen, außer ihn, um darüber zu reden. Vielleicht war es auch besser, ihm all das nicht vorzuenthalten. Zitternd holte er Luft, während John beruhigend über seine Locken streichelte. Sherlock hasste es, so emotional und verletzlich zu sein.
„Ich … Ich hatte recht, John“
„Mit was?“
„Mit allem! Damit, dass du durch mich in Gefahr geraten wirst! Ich hatte recht!“
John schluckte.
„Was … was meinst du?“
Also begann Sherlock doch zu erzählen. Von dem Fall aus den 90ern, den Gleichheiten zwischen diesem und ihren jetzigen Fall und den Opfern, die beide Watson hießen.
„Ich … Ich will einfach nicht, dass dir etwas passiert. Wir müssen hierbleiben, dürfen das Haus nicht verlassen, John. Doch das Schlimmste ist, dass du nun selbst ihre Zielscheibe wärst, wenn du unsere Beziehung beenden würdest. Und glaub mir, ich kann verstehen, wenn dir das mit mir zu riskant wird. Doch sie wissen jetzt, dass ich dich liebe. Du bist ab jetzt nie mehr, nirgendwo, sicher. Das ist alles meine Schuld. Es tut mir so leid“
Obwohl John zutiefst geschockt war, zwang er sich, seine Ängste fürs Erste zu verdrängen, da Sherlock kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand und ihm ein ängstlicher John in dieser Situation nicht gerade helfen würde. Wie er es schon einmal getan hatte, schaukelte er den Consulting Detective sanft hin und her und streichelte beruhigend über seinen Rücken. Erst als er sich ein bisschen beruhigte, begann John zu sprechen:
„Es ist nicht deine Schuld, denn niemand kann sich aussuchen, wen er liebt und wen nicht. Nicht einmal du kannst das. Ich werde dich auf keinen Fall verlassen, Sherlock. Wir stehen das gemeinsam durch. Und wir sind nicht allein. Wir haben Greg, der uns helfen kann. Er könnte uns an einen sicheren Ort bringen und –“
Plötzlich kam ihm eine Idee.
„Moment, du hast mir doch mal erzählt, dass deine Eltern weit außerhalb von London wohnen, nicht war? In einem Landhaus. Was hältst du davon, wenn wir bei ihnen untertauchen? Wenn sie auf dem Land leben, gibt es wohl kaum ein Versteck für irgendwelche Terrorgruppen, die es auf uns abgesehen haben. Niemand könnte uns dort zu nahe kommen, denn irgendwelche fremden Autos würden sofort auffallen. Wir könnten Lestrade um eine Eskorte dorthin bitten und dann können wir uns in Ruhe und ohne Gefahr erneut um das Problem kümmern und uns eine Lösung ausdenken. Glaubst du, das würde so funktionieren?“, John versuchte, selbstsicher genug zu klingen, um Sherlock davon zu überzeugen, dass noch nicht alles verloren war.
„Ja. Ja, das ist eine großartige Idee!“, rief dieser, sprang neuen Mutes von der Couch auf und griff gleich nach seinem Handy. Sofort wählte er Lestrades Nummer und erklärte ihm die Situation, wobei er ein paar Details – wie zum Beispiel ihre Beziehung – außen vor lies. Greg Lestrade willigte ein, die beiden zu begleiten und versprach, so bald wie möglich vorbeizukommen. Schnell packten sie ein paar ihrer Klamotten und ihre Laptops zusammen und als Lestrade, nur eine Stunde später, die Tür zu ihrer Wohnung betrat, schnappte sich Sherlock noch schnell seine Geige.
„Seid ihr sicher, dass ihr das tun wollt?“, fragte Greg. Sherlock wusste, dass er mit ihrer Anreise gegebenenfalls auch seine Eltern in Gefahr bringen könnte, doch John hatte recht: Auf dem Land könnten sich ihre Feinde nirgendwo verstecken, ohne aufzufallen. Es war sichererer, als hier.
„Absolut“, antwortete er.
Dann brachen sie auf.

I Owe You So Much (Johnlock Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt