Sonntag, 19. Juni

5 1 0
                                    

 10:03 Uhr.

Quietschend kommt mein Fahrrad zum stehen und ich steige schwungvoll ab. Als ich es hinter dem Gartenzaun abgestellt und meine Tasche aus dem Korb genommen habe, gehe ich zu Junkos Haustür und drücke die Klingel.

Wie jeden Sonntag treffe ich mich mit ihr und lerne für die Zwischenprüfungen. Leider kommt Suzume nie mit, da sie immer wieder betont, sie könne alleine viel besser lernen. Aber Junko und ich wissen, dass sie lieber mit ihrem Freund lernen möchte.

Junkos Elternhaus liegt im Westen, in einer kleinen Siedlung nahe der Hauptstraße, die ins Zentrum und zum Hauptbahnhof führt. Mit dem Bus muss sie nur zwei Stationen fahren, um mitten in der Stadt zu sein.

Der Wohnkomplex, wo ich mit meiner Mutter und meinem kleinen Bruder wohne, liegt nur eine Busstation weiter westlich vom Stadtzentrum entfernt, sodass Junko und ich meistens zusammen zur Schule fahren können, indem sie eine Station später dazusteigt. Aber wenn ich am Sonntag zu ihr möchte, fahre ich meistens mit dem Fahrrad. Zu Fuß würde es über zehn Minuten dauern, aber mit dem Rad bin ich mehr als doppelt so schnell.

Ich fahre nicht wirklich gerne Fahrrad, was auch der Grund ist, warum ich nicht damit zu meiner Highschool fahre. Viel lieber setze ich mich für drei Stationen in den Bus und laufe den Rest. Unsere Schule liegt nord-westlich, direkt an der Innenstadt. Fünf Minuten Fußweg durch die Fußgängerzone, eine Brücke über den Fluss überqueren und dann einen kleinen Hügel hinauf, und schon ist man da.

Aus dem Inneren des Hauses höre ich gedämpfte Stimmen und Schritte.

Merkwürdig, denke ich. Sind ihre Eltern etwa doch da?

Normalerweise sind Junkos Eltern am Wochenende auf Seminaren oder Fortbildungen. Es wundert mich, dass nun wohl doch jemand da zu sein scheint.

Schwungvoll geht die Eingangstür aus dunklem Holz auf. Doch vor mir stehen weder Junko noch ihre Eltern.

„Huch.", rutscht es mir versehentlich heraus, und ich trete einen Schritt zurück.

„Dir auch einen guten Morgen.", erwidert grinsend der Fremde, dessen Gesicht ich doch irgendwo schon einmal gesehen habe.

Plötzlich erinnere ich mich daran, was mir Junko letzte Woche erzählt hat, und mir fällt es wie Schuppen von den Augen.

Hastig verbeuge ich mich. „Entschuldigung wegen der Störung. Ich bin Mizuno Nanami, eine Freundin von Junko-chan. Wir sind verabredet, um zu lernen."

Als ich wieder hochblicke, schaue ich in ein grinsendes Gesicht.

„Ich bin Junkos großer Bruder, Eiji. Also brauchst du nicht so höflich zu sein, Nanami-chan. Junkos Freunde sind auch meine Freunde. Komm doch bitte herein."

Nanami-chan? Freunde?! Wir kennen uns doch noch nicht einmal!, denke ich, während ich spüre, wie mir das Blut in den Kopf schießt und meine Ohren rot werden lässt.

Eiji hält mir die Tür auf und ich trete ein. Im Flur steigt mir sofort ein ungewohnter Duft in die Nase.

Männerparfüm.

Hinter mir schließt sich leise die Tür. Hilfesuchend schaue ich die Treppe hoch, hoffend, dass Junko mich schnell aus dieser unangenehmen Situation rettet.

„Möchtest du etwas trinken?", höre ich Eiji hinter mir fragen.

Lächelnd drehe ich mich um. „Vielen Dank, aber nein. Ist Junko oben?"

„Ja, aber sie ist noch im Badezimmer. Ihr Wecker hat wohl nicht geklingelt. Möchtest du wirklich nichts trinken? Ich habe Zitronen-Soda gekauft."

Grow Up GlitterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt