Mythos 32

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Steinkreise – die Wahrzeichen der Britischen Inseln. Über 700 Exemplare kann man in ganz Großbritanien finden. So lieferten sie für manch Andere schon Inspiration zum Schreiben langer Romane, für andere sind sie schlichtweg atemberaubene Kunstwerke.

Der wohl bekannteste Steinkreis unter ihnen ist das Stonehenge, eine Megalithanlage in Amesbury, England, dessen Steine bis zu sieben Meter hoch sind und fünfzig Tonnen wiegen. Gebaut wurde es in drei Phasen von 3100 bis 1600 v. Chr., wobei dabei viele Steine umgestellt, für den Häuserbau verwendet wurden oder schlichtweg umgefallen sind. Tausende Besucher zieht der Steinkreis jedes Jahr mit seinem magischen Charme an und alle haben sie nur ein Ziel – sich selber einmal in seiner atemberaubenen Aura zu verlieren.

Allerdings stellen sich Forscher immer wieder dieselbe Frage, die selbst nach all den Jahren noch immer ungeklärt ist: Wer hat das Stonehenge erbaut und warum?

Abertausende Theorien, Mythen und Legenden gibt es dazu, die eine abstruser als die andere und über Jahrzehnte hinweg erzählt. Die besten habe ich hier einmal zusammengestellt:

1 – Merlin und seine Zauberkräfte

Tatsächlich spielt die sogenannte Artus-Sage in der Geschichte des Stonehenge eine riesige Rolle. So erzählte König Aurelius Ambrosius in »Historia Regum Britanniae«, dass Riesen magische Steine aus Afrika geholt hätten, als sie Irland besiedelten, die heilende Kräfte besäßen. Wann immer die Riesen sich kränklich fühlten, nahmen sie ein Bad am Fuße der Steine und wurden wieder gesund. Merlin wollte die Steine nach England holen, um den Toten auf dem Ambrosiusberg zu gedenken, wo sie bis heute stehen.

Fakt ist, dass die Steine tatsächlich aus Irland kommen. Eine Erklärung dafür, wie sie von dort an ihren jetzigen Standort gekommen sind, gibt es bis heute nicht.

2 – Teufel und Mönch

Der Fersenstein, ein Stein der halb in der Erde versenkt ist, bekam seinen Namen während eines Streits zwischen dem und einem Mönch. Bis heute erzählt man sich, dass der Teufel die Steine selbst aufgestellt hatte und schadenfroh sagte: »Niemand wird herausfinden, wie die Steine hierher kamen.« Darauf sagte ein Mönch: »Das glaubst auch nur du!« Aus Wut nahm der Teufel einen Stein und warf ihm nach dem Mönch, der ihn an der Ferse traf und von da an in der Erde feststeckte – was sich bis heute nicht verändert hat und tatsächlich ist das Rätsel um das Stonehenge noch immer scheinbar unlösbar.

3 – Berechnung der Sonnenstände

Die Steine des Stonehenge sind so aufgestellt, dass die Sonnenstrahlen des Mittsommertags, wenn die Sonne den nördlichsten Punkt erreicht hat, über dem Fersenstein aufblitzen und somit direkt ins Kreisinnere gelingen. Für uns ist es unvorstellbar, dass die Menschen damals die Steine so präzise ohne Hilfe von Räder und Schriften auf den Sonnenstand ausrichten konnten. Wissenschaftler vermuten, dass das Stonehenge gebaut wurde, um sich die jahreszeitlichen Wendepunkte anzeigen zu lassen und demnach diese auch zu feiern. So lässt sich annehmen, dass der Steinkreis für das Ritual der Sonnenanbetung erbaut wurde und auch ein Sonnenkult bestand.

4 – Zu Ehren der Toten

Eine weitere Erklärung solcher Megalithbauten sind Grabstätten. Die Menschen, früher als Jäger und Sammler, begannen sesshaft zu werden, und so entwickelte sich das Verlangen nach einer vernünftigen Beerdigung zu Ehren der Toten. Sie wollten ihre Mitmenschen reicher bestatten, ihnen ein Zuhause geben. Oftmals soll die Form solcher Steinkreise an den Mutterleib erinnern, zu dem der Verstorbene zurückkehrt, indem er dort begraben wird. So gibt es in jüngeren Steinkreisen im Verschlussstein ein rundes Loch, aus dem die Seele des Verstorbenen wieder nach draußen in die Außenwelt gelangen und somit frei sein kann. Dass die Erbauer an ein Weiterleben nach dem Tod glaubten, ist offensichtlich; die Annahme, dass Stonehenge ein Totenreich war, logisch.

5 – Stonehenge als Schlüssel für eine Prozession

Ganz in der Nähe stehen zwei weitere Steinkreise: Bluehenge, ebenfalls aus Blausteinen und am Ufer des Flusses Avon, und Woodhenge, ein Kreis vollkommen aus Holz gebaut. Gemeinsam mit dem Stonehenge sollen sie der Wegweiser für die Prozession gewesen sein, die zweimal im Jahr abgehalten wurde, nämlich immer zur Sommer- und Winterwende. Die Lebenden unternahmen eine spirituelle Reise, die sowohl das Leben als auch den Tod und die Wiedergeburt symbolisierte. Als Idee dafür steht ein Brauch aus Madagaskar, wo Holz als Symbol für die Lebenden zählt und Stein für die Toten.

6 – Musikinstrument

Wissenschaftler haben über Monate hinweg verschiede Gesteinsarten aufeinanderprallen lassen und haben dabei herausgefunden, dass der Dolerith einen außerordentlich schönen Klang produzierte. Die Idee, dass das Stonehenge der Musik wegen gebaut und somit als überdimensionales Musikinstrument funktionierte, ist zwar schön, vermutlich aber nicht korrekt, da der Aufwand schlichtweg zu groß war.

7 – Höhlenmenschen als Erbauer

Die ulkigste Legende läuft auf zwei gelangweilte Höhlenmenschen zurück, die sich einen Spaß erlauben wollten und diese massiven Felsbrocken in der Konstellation aufstellten, in der wir sie heute kennen. Natürlich wissen wir, dass damalige Höhlenmenschen weder die Kraft noch die Mittel dazu hatten, aber dennoch ist dieser Gedankengang der witzigste und gleichzeitig auch absurdeste von allen.

All dies sind nur Theorien oder alte Mythen, die man den Kindern damals vor dem Schlafen erzählt hat. Vielleicht werden wir für immer an den wagen Vermutungen und den ausgeschmückten Legenden festhalten, aber genau das ist es, was das Stonehenge so fesselnd und magisch erscheinen lässt mit all seinen vielen Geheimnissen, die tief in den alten Steinen verborgen sind.

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