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Ich saß mit Lukas auf dem kleinen Sofa in meinem Büro. Er hatte mich in den Arm genommen und versuchte mich zu beruhigen, während Freddy hin und her lief und dabei irgendwas an seinem Handy machte. Dann blieb er stehe und drehte sich, immer noch aufs Handy schauend, zu uns.

"Also im Netz steht nichts von einem Unfall oder so. Auch die Verkehrsnachrichten geben nix her, außer ner Wanderbaustelle auf der Strecke nach Berlin." Sollte mich das beruhigen? "Ihm geht es sicher gut." flüsterte Lukas. Ich nickte benommen und hoffte, dass er wirklich nur vergessen hatte mir eine Nachricht zu schicken. Wie in Trance stand ich auf und verließ unter dem wachsamen Blick meines Bruders das Büro. Lisa saß immer noch allein am Schreibtisch. Sie hob ihren Blick und sah mich fragend an. "Kann ich etwas für sie tun?" wollte sie unsicher wissen. "Nein, alles gut. Sie können ruhig auch Mittag machen Lisa. Anja ist bestimmt gleich zurück." Ich sah sie noch nicken und ging weiter zur Küche. Ich brauchte jetzt erstmal einen Kaffee, oder zwei. Ich beschloss die Thermoskanne voll zu machen und stellte noch drei Tassen und Milch auf ein Tablett. So kehrte ich zurück in mein Büro, wo ich schon erwartet wurde. "Ich hätte dir auch geholfen, Kleine." kam Freddy mir entgegen und nahm mir das Tablett ab.

"Charlie," sagte da Lukas und deutete auf meinen Schreibtisch. "dein Handy klingelt." Ich stürmte hinüber und griff nach meinem Telefon. "Unbekannter Teilnehmer." murmelte ich. Kurz überkam mich die Angst. Was wenn es wieder Daniel wäre. Aber vielleicht war es auch...

Zögerlich drückte ich auf das grüne Symbol. "Andrews..." meldete ich mich. Wieder war kurz Ruhe und ich wollte schon auflegen. "Hey Charlie, alles ok?" Die Stimme klang besorgt, doch mein Herz setzte aus und ich fühlte mich plötzlich ganz leicht. Tränen stiegen mir in die Augen und ich hielt mir die Hand vor den Mund, um nicht laut los zu schluchzen.  
"Max..." Bei der Erwähnung seines Namens sahen Freddy und Lukas auf und begannen zu lächeln. "Gott bin ich froh."

"Was ist denn los Süße. Du bist ja total durch den Wind. Deine Nachricht... Ist was passiert?" "Ich hatte solche Angst. Er hat gesagt, ich seh' dich nie wieder." Erneut wurde ich von einem Schluchzer geschüttelt.
"Rico wart mal." hörte ich ihn sagen. "Wer hat das gesagt?" wollte er nun von mir wissen. Ich versuchte mich zusammenzureißen und atmete nochmal tief durch. "Daniel," begann ich und konnte Max am anderen Ende der Leitung grollen hören. "Er hat mich vorhin angerufen. Gefragt ob ich mich von dir verabschiedet hab. Dass ich dich nie wieder sehen würde. Er hat Andeutungen gemacht. Ich dachte er hätte dir was angetan. Ich hatte solche Angst, dass dir was passiert ist. Meinetwegen." Max war still. Er schien das gesagt zu verarbeiten.

"Dieser miese Bastard." sagte er ruhig. "Rico dreh um. Wir müssen nochmal zurück." "Was, warum?" hörte ich im Hintergrund. "Darum." antwortete er Rico. "Max?" fragte ich vorsichtig. Ich hörte wie er durchatmete. "Ich hatte ne Panne. Dachte ich. Rico hat mich gerade in der Werkstatt abgeholt. Meine Bremsen wollten nicht mehr." sagte er dann ruhig. "Scheiße..." Entfuhr es mir. "Mir ist nichts passiert. Die Kontrolleuchte ist kurz vor einem Rastplatz angegangen und ich hab's noch mit ach und krach dahin geschafft." versuchte Max mich zu beruhigen. "Das ist meine Schuld." sagte ich.
"Red nicht so einen Blödsinn. Wenn dieser gestörte Wichser sich an meinem Auto zu schaffen gemacht hat, ist das ganz allein sein Ding und nicht deine Schuld. Mir geht's gut. Also mach dir keine Sorgen um mich. okay?" So energisch seine ersten Worte waren, so sanft wurden sie zum ende. Ich nickte, bis mir einfiel, dass er das ja nicht sehen konnte. Ich machte nur "Mh."

"Wo bist du grad, Süße?" Ich atmete wieder durch und sah auf. Freddy und Lukas sahen mich erwartungsvoll an. "Ich bin in meinem Büro. Mein Bruder und Lukas sind hier." sagte ich dann. "Gut. Gib mir mal deinen Bruder bitte." ohne zu antworten ging ich auf Freddy zu und hielt ihm mein Handy hin. Er runzelte die Stirn, nahm es dann aber und ich ließ mich wieder neben Lukas fallen. Er legte sofort eine Arm um mich. 

"Ja, na klar machen wir das.... Nein... Meinst du? ... Mit Sicherheit... Okay, sag Bescheid, wenn sich was ergeben hat... Ja ich geb sie dir." Mit diesen Worten gab er mir mein Telefon zurück.

"Hallo?" fragte ich schüchtern. Ich war immer noch total verstört. "Hey Baby, solange ich nicht da bin, passen die Jungs auf dich auf, okay?" Ich machte nur ein zustimmendes Geräusch. "Und bitte tu' mir einen Gefallen. Geh zur Polizei. Daniel ist gefährlich." Mit dem Gedanken hatte ich auch schon gespielt. Aber leider wusste ich wie das läuft. Sie würden das ganze zu Protokoll nehmen und das war's. Leider waren solche Fälle schwer zu verfolgen, bis es zu spät war...

"Charlotte," ich horchte auf. Es war das erste mal, dass er mich so nannte. "Wenn was ist, ruf mich an. Ich bin so schnell ich kann bei dir. Ich werde nicht zulassen, dass er dir was tut. Hörst du?" Er klang entschlossen. "Danke." sagte ich. 
"Ich hab übrigens den Wolf gefunden." sagte er dann ganz unvermittelt und ich konnte sein Lächeln förmlich vor mir sehen. Auch ich musste schmunzeln. "Er ist jetzt mein Glücksbringer." Unbewusst sah ich in Richtung meiner Tasche, wo sich mein kleiner Wolf befand. 
"Wir sind da Bro." hörte ich aus dem Hintergrund. "Charlie, ich melde mich nachher nochmal." "Okay, machs gut." erwiderte ich und schon hatte er aufgelegt.

Ich sah auf und mein Blick traf den von meinem Bruder. "Wenn dieser Psychopath dir auch nur einen Hauch zu nahe kommt, bring ich ihn um." sagte er entschlossen. Ich lächelte leicht. "Ich bin nur froh, dass es Max gut geht."sagte ich.

Es klopfte an der Tür und kurz darauf war der brünette Haarschopf von Anja zu sehen. "Ich bin wieder da." sagte sie und erblickte dann meinen Besuch. Sie trat ganz ein und begrüßte die beiden Männer. "Hallo Frederic, hallo Lukas. Schön sie zwei mal wieder zu sehen." lächelte Sie in ihrer herzlichen Art. Mein Bruder verzog leicht das Gesicht. "Anja, ich habe ihnen doch schon so oft gesagt, dass sie mich bitte Freddy nennen sollen." sagte er flehentlich, was mich und Lukas lachen ließ.
"Ach Papperlapapp. Frederic ist so ein schöner Name." sagte sie noch bevor sie uns wieder allein ließ. Freddy seufzte nur theatralisch. 

Eine halbe Stunde Später beschloss ich die Jungs rauszuschmeißen. "Ich muss auch mal arbeiten. Ich hab schon den ganzen Vormittag nichts wirklich auf die Reihe bekommen." sagte ich, als sie sich weigerten mich allein zu lassen. "Aber ich habe Max versprochen dich nicht aus den Augen zu lassen." erwiderte mein großer Bruder. Ich musste schmunzeln.
"Du lässt dir was von meinem Lover sagen?" zog ich ihn auf. Er verdrehte nur die Augen. "Der Typ steht halt auf dich und hat das ziemlich überzeugend rüber gebracht." kam es unwirsch von Freddy. Fragend sah ich ihn an, wusste aber, dass ich keine Antwort bekommen würde.

"Los verzieht euch. Wenn es euch beruhigt, rufe ich an, wenn ich Feierabend mache." Schlug ich noch vor, wobei ich sie schon zur Tür raus schob. Vor meinem Büro saßen Anja und Lisa hinter ihren Schreibtischen. Anja hatte den Hörer in der Hand und gab mir mit einem Handzeichen zu verstehen, kurz zu warten. Lisa sah wieder verstohlen zu meinem Bruder und ich musste lächeln. Lukas versuchte ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, aber keine Chance.

Meine beiden Chaoten umarmten mich und verabschiedeten sich von den beiden anderen Frauen, wobei es sich mein Bruder nicht nehmen ließ, Lisa zuzuzwinkern. Prompt wurde sie rot.

Ich sah wieder zu Anja, die lautlos den Namen 'Viktor' formte. Ich nickte wissend und ging mal wieder zum Büro des Chefs. Schließlich wollte er mir ja noch irgendwas wichtiges mitteilen...

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