Abendliches Licht

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27.03.2018 Kurz nach 20 Uhr

Ich sitze vor meinem Schreibtisch. Es ist bereits abends und theoretisch wäre die Sonne vor ein paar Minuten untergegangen. Aber es ist ein sehr wolkiger Tag, deswegen hat man davon wenig mitbekommen. Keins meiner Lichter im Raum ist angeschaltet. Dazu mag ich die jetzigen Lichtverhältnisse viel zu sehr. Es ist ein unfassbar bläuliches Licht, was das Zimmer erhellt, obwohl man es eigentlich nicht wirklich erhellen nennen kann.
Dieses grau-blaue Licht verändert auch die Farben im Zimmer. Viele hätten die jetzigen Wetter - und somit Lichtverhältnisse als depressiv oder ermüdend beschrieben. Ich finde sie dagegen eher entspannend wie eine ruhige Klaviermusik. Man hört die Vögel draußen zwitschern und im Untergeschoss klappert Geschirr. Doch darauf achte ich nicht. Viel zu sehr bin ich damit beschäftigt die Situation in Worte zu fassen. Mein eigentliches Ziel, weswegen ich hier auch am Schreibtisch sitze, war, zu zeichnen. Doch etwas erschaffen kann ich grade nicht gut, zu gerne betrachte ich die Beleuchtung. Denn mir ist ungewiss, wann es nochmal genau so sein wird.
Am liebsten würde ich ein Foto aufnehmen. Aber die Atmosphäre kann nicht in einem Bild festgehalten werden. Unten, in den Straßen, sieht man die Beleuchtung der Läden und die roten Warnlichter der Autos wie sie sich in den Pfützen wiederspiegeln. Heute hat es geregnet und wahrscheinlich wird es das diese Nacht auch tun. Ich liebe den Regen, aber genauso gerne betrachte ich nachts den Sternenhimmel. Er ist faszinierend, gar zu mysteriös.
Wie ich es prophezeit habe, setzt der Regen ein. Doch es ist kein windiger Tag, deswegen schlägt er nicht gegen meine Fensterscheibe. Nicht mal ein Prasseln auf dem Dach ist zu hören, so seicht ist der Regen. Ich seufze zufrieden auf. Dennoch weiß ich, dass dieser Moment bald endet. Es wäre schade, wenn nicht. Denn die schönsten Momente sind oft nur Sekunden oder Minuten. Ihre Kurzweiligkeit macht sie besonders. Genau deswegen schätzen wir sie. Langsam wird es immer dunkler in meinem Zimmer und einzelne Objekte und Bücher sind nicht mehr richtig zu erkennen. Deutlich heraussticht das immer noch leere Blatt vor mir und mein aufgeschlagenes Zeichenbuch. Eigentlich habe ich bereits eine Idee, aber meine Ideen sind oft sehr wage und deswegen weiß ich selbst noch nicht so richtig wie das Bild nachher aussehen wird. Erneut blicke ich aus dem Fenster. Neben den Häusern und ihren erleuchteten Fenstern und der Straße sieht man die Umrisse der Bäume klar und deutlich, weil sie sich von der dunkelblaugrauen Farbe der Wolken absetzen. Ich genieße den Anblick und es erinnert mich an ein Kindermärchen. Da ging der Vater eines Mädchens auf die Suche nach dem "Traumfresserchen". Ein Wesen, das alle Albträume frisst. Auf seiner Suche begegnet er vielen Menschen und trifft auf unterschiedliche Kulturen. Schließlich verirrt er sich und die Bäume in einem Wald machen ihm Angst auf Grund ihrer Form. Sie sehen aus wie gruselige Gestalten. Trotz der Tatsache, das der Frühling bereits angefangen hat, sind die Bäume hier auch noch leer und ohne Blätter und Blüten. Sie gleichen den Gestalten aus der Geschichte. Inzwischen machen sie mir keine Angst mehr. Denn Kinder hatten früher Angst vor Gruselgestalten wie diesen oder dem Monster unter dem Bett gehabt. Doch irgendwann werden Kinder erwachsen und sehen wer auf dieser Welt die waren Monster sind. Sie selbst, die Menschen.

(541 Wörter)
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Das Bild ist vom Instagramaccount von Taddl - danke fürs Schicken Levi :3
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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 27, 2018 ⏰

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