#33

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Erschöpft blickte ich auf die bekritzelte Tür der Toilette. Verewigungen, Flüche und was wusste ich noch für einen Schrott blickten mir entgegen. Warum tat man so etwas? Es sah einfach scheiße aus und wer machte sich schon die Mühe sich das ganze durch zu lesen.

Ok, gut, ich tat das gerade.

Aber ich musste mich irgendwie ablenken. Ich hatte gedacht, dass Felix mit mir reden wollte. Ich hatte gehofft, dass es ihm leid tun würde oder dass er wenigstens mit mir ausmachen würde, wie wir unsere ,Trennung' übermitteln wollten.

Doch von ihm kam nichts dergleichen. Es kam gar nichts.

,O.S.H', ,P.J.M', ,K.H.S' und viele weitere Kürzel erblickte ich. Neben einigen von ihnen stand sogar die Zeit, wann sie hier zur Schule gingen. Bei anderen Kürzel wurde ein Kreuz an die Seite eingeritzt. Ich fuhr mit meinem Finger drüber.

Auch nach eurem Tod ward ihr jemanden wichtig genug, damit er hier hin kam und das Kreuz bei eurem Namen einkravierte.

Ich seufzte. Keine Ahnung was mit ihnen passiert war, dennoch konnte ich mich nicht dazu bringen zu behaupten, dass sie mir leid taten. Sie hatten jemanden, der an sie so sehr gedacht hatte, dass er sich sogar an die total kleinen Namen hier in der hintersten Ecke des Schulklos erinnerte.

Würde das auch jemand bei mir machen? Würde irgendjemand überhaupt meinen Namen hier bemerken? Natürlich nicht. Schon gar nicht, wenn ich während meiner Schulzeit keine Freunde hatte, denen ich erzählen könnte, dass ich mich hier verewigt hatte.

Ich seufzte und suchte weiter die Wände ab. Hier und da waren auch kleine Nachrichten abgebilden. Einige von ihnen las ich mir durch. Beschwerden über Lehrer, Schule und das Leben tauchten auf. Sollte ich mich auch beschweren und schreiben, dass ich mich hasste, weil ich schwul war?

Wen würde es interessieren?

Ich seufzte traurig. Keiner würde das bemerken und darüber nachdenken. Im schlimmsten Fall würde man sich einfach nur über mich lustig machen.

Mein Herz stoppte kurz.

,Ich suche einen Freund. Ich bin alleine. L.F.L.'

Ich musste grinsen. Nein, dass hatte er nicht geschrieben oder? Als ob Felix so naiv gewesen war zu glauben, dass er auf diese Art und Weise einen Freund finden könnte.

Er hätte es geglaubt.

Mein Lächeln verblasste. Es hätte so gut zu ihm gepasst das zu glauben. Aber wenn er nicht nur aus Naivität gehandelt hatte, sondern auch noch verzweifelt gewesen war? Ich kannte Felix nicht gut, noch nicht einmal eine Woche lang, dennoch hatte ich schon mehr von ihm gesehen, als andere Schüler hier, die ihn nur mit dem breiten Grinsen im Gesicht kannten.

Ich hatte ihn weinen sehen, ich hatte ihn nervös gesehen. Ich hatte ihn traurig gesehen. Dinge, die man niemals gedacht hätte von ihm zu sehen, weil er sie nie zeigte. Mir hatte er sie gezeigt. Ob freiwillig oder nicht. Ich hatte sie gesehen. Und ich mochte sie, genauso wie ich den gutgelaunten Felix mochte.

Ich stand von der Kloschüssel auf, bereit dazu auf Felix zu zu gehen und mit ihm zu reden. Ich wollte nicht, dass wir uns entzweiten, gerade als ich mich an ihn gewöhnt hatte. Ich wollte weiterhin mit ihm und den anderen befreundet sein.

Ich riss die Toilettentür auf zum Gang und wäre beinahe in jemanden hinein gerannt. Natürlich war es Felix. Wer sollte es denn sonst sein.

Mit aufgerissenen Augen starrte er mich an. Als er sich wieder fing, blickte er wie ein aufgeschrecktes Reh weg. ,,Felix, bitte lass uns reden", sagte ich und packte ihn an seinen Schultern. Scheu schaute er mich an.

,,Bitte, ich will nicht, dass du sauer auf mich bist", flüsterte ich und versteckte mich nicht mehr hinter einer Fassade aus Gleichgültigkeit und Desinteresse.

Felix war mir nicht gleichgültig.

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A/N/: Bin ich die einzige, die dieses Gekritzel auf Klos immer liest? ^^'

See y'all fellas🌸

The One Called Pabo|| ChanglixWo Geschichten leben. Entdecke jetzt