22. Wahrheit [444]

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Laute Musik dröhnte durch den überfüllten Gemeinschaftsraum und verstärkte die ohnehin ausgelassene Stimmung. Ganz Gryffindor hatte sich hier versammelt, um den Quidditchpokalsieg gebührend zu feiern. Zum ersten Mal seit acht Jahren hatten sie es endlich wieder geschafft. Sie hatten Slytherin geschlagen.

Oliver ließ seinen Blick zum Porträtloch schweifen. Vielleicht sollte er die anderen vorwarnen. Wobei - es war sein letztes Jahr, sein letztes Quidditchspiel. Jetzt konnten ihm die anderen herzlich egal sein.

»Wenn das mal nicht der Hüter des Abends ist!«

»Unser Kapitän, der uns mit heldenhafter Entschlossenheit zum Sieg geführt hat.«

»Sei geehrt.«

Die Weasley-Zwillinge waren links und rechts von ihm aufgetaucht. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er die beiden tatsächlich eine Zeit lang nicht gesehen hatte.

Fred drückte ihm grinsend eine Flasche Butterbier in die Hand.

»Wo bekommt ihr das Zeug nur immer her?«, fragte Oliver ungläubig lachend und wandte sich zu ihnen um, doch die Zwillinge grinsten nur geheimnisvoll und George zwinkerte ihm verschwörerisch zu. Im nächsten Moment fror ihm das Grinsen im Gesicht ein. »Was macht der hier?«

Oliver musste sich nicht umdrehen, um zu sehen, wer gemeint war.

Dennoch tat er es, und als er ihn im Eingang des Gemeinschaftsraums stehen sah, der suchend seinen Blick über die Menge schweifen ließ, war ihm, als würde die Musik und alles andere um ihn herum ein wenig gedämpft.

Marcus wirkte unter all den Gryffindors etwas fehl am Platz. Als er Olivers Blick fand, stahl sich ein Lächeln auf sein Gesicht.

»Woher hat er das Passwort?«, zischte Fred neben ihm. Seine Stimme hatte einen eisigen Tonfall angenommen.

Oliver holte tief Luft. »Ich hab es ihm gegeben.«

Die Zwillinge starrten ihn an.

»Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?«

»Doch.« Oliver grinste unbeholfen. »Ich hab ihn eingeladen, er -«

»Bist du jetzt vollkommen übergeschnappt?«

»Du kannst doch nicht -«

»Er ist ein Slytherin!«

»Wow, Weasley, eine solche Kombinationsgabe hätte ich dir gar nicht zugetraut.« Marcus hatte sich seinen Weg zu ihnen gebahnt.

»Marcus«, sagte Oliver erfreut.

»Hättest nicht gedacht, dass ich mich in die Höhle der Löwen wage, was?«

»Marcus?«, fragte George entgeistert. »Marcus?«

»Ob du's glaubst, oder nicht, auch Slytherins haben Vornamen«, sagte Marcus beiläufig.

Was er als nächstes tat, würgte den Zwillingen und allen in ihrem Umkreis die Stimmen ab. Er schlang seine Arme um Olivers Schultern und legte das Kinn auf seine Schulter. »Du hast verdammt gut gespielt«, raunte er und hauchte einen Kuss in Olivers Nacken, der beim besten Willen das breite Grinsen nicht mehr aus seinem Gesicht verbannen konnte.

Zum ersten Mal seit er die beiden kannte waren die Zwillinge sprachlos, was er in fünf Jahren noch nie zuvor erlebt hatte.

Drüben in der Ecke fiel Angelina Johnson in Ohnmacht.

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