Hilfe

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Ich drehe mich zu ihm um und schaue direkt in seine Augen.
Ich:"Okay, ich zieh dir jetzt erstmal dein Hemd aus, damit ich die größten Stück des Holzes besser herausziehen kann... Bleib so ruhig sitzen wie nur möglich."
Er nickt mit schmerzverzogenem Gesicht und macht sich bereit.
Nic:"Ein schreckliches Gefühl, wenn der Pfahl am Herzen reibt..."
Er sitzt auf dem Bett und ich öffne sein Hemd, es fällt mir schwer, nicht die Kontrolle zu verlieren. Ich zittere, während sich die blutgetränkten Knöpfe langsam lösen. Ich kniee zwischen seinen Schenkeln und muss mich beherrschen, während er seinen Oberkörper zu mir beugt und seinen Kopf an meiner Schulter anlehnt. Er stöhnt vor Schmerz. Ich atme tief durch. Er ist so verdammt schön... Er hat ein Sixpack und kräftige, silbern schimmernde Muskeln. Seine blasse Haut und die dunklen Haare lassen ihn ein bisschen wie einen Engel aussehen... Ich schüttelte den Kopf und nehme die Zange. Ich berühre mit einer Hand seine Haut und mit der anderen setze ich am Holzstück an. Er zuckt nervös unter meinen kleinen Fingern und ich schmunzele kurz. Dann ziehe ich kräftig. Im selben Moment wackeln seine Beine so stark, dass ich nach hinten falle. Ich schaue ihn von unten an und kann ein kichern nicht unterdrücken.
Ich:"So funktioniert es anscheinend nicht... Hmmm...Was, wenn ich..."
Ich überlege kurz und setze mich dann auf seinen Schoß. So kann er sich nicht mehr so stark bewegen und ich habe mehr Halt. Nicolae scheint das nicht zu stören, ganz im Gegenteil, er entspannt sich etwas.
Ich ziehe erneut und verdränge kurz den ekelnden Gedanken, in seinem zerfetzten Fleisch nach allen Holzsplittern zu wühlen, damit die Wunde heilen kann. Er beißt sich kräftig auf die Zähne und kämpft damit, nicht verrückt zu werden. Dann massiere ich sanft seiner Schulter und beruhige ihn. Nicolae stützt sich wieder bei mir ab und legt eine Hand auf meinen Oberschenkel, um irgendwo Halt zu finden. Oh mein Gott!!! Ich kann nicht mehr! Ich falle gleich wie ein Tier über ihn her, wenn das so weiter geht! Ich packe all meinen Mut zusammen und ziehe ein letztes Mal. Mit einem kräftigen Ruck entferne ich den Dolch und halte ihn kräftig zwischen der Zange fest. Im selben Moment falle ich jedoch aufgrund der Kraft nach hinten und fliege fast hin. Bevor ich hart aufpralle, zieht Nicolae mich fest zu sich heran und lässt mich nicht los. Ich genieße den Moment.
Ich:"Okay Nic, das schlimmste ist überstanden...Mehr oder weniger...Ich muss die Holzsplitter herausfischen, also musst du ruhig bleiben. Du schaffst das, wäre ich du, hätte ich schon längst losgeschrien und mich eigenhändig gepfählt."
Sein Blick verweicht sich und er schmunzelt.
Nicolae:"Elena... Danke... Ohne dich wäre ich tot."
Ich:"Ohne mich wärst du nicht mal in diese Situation geraten."
Nicolae:"Es wäre früher oder später wohl oder übel sowieso passiert. "
Ich habe kein Gegenargument und hole eine Pinzette. Ich knipse das Licht an und leuchte es auf die Wunde.
Ich:"Ein paar sind es noch... Aber ich kriegs hin. Würdest du dich bitte..."
Ich schlucke, während mich Nicolae belustigt und mit einer Augenbraue nach oben gezogen anschaut.
Ich:"Hinlegen...?"
Er tut was ich sage und wenig später sitze ich auf ihm, halte das Licht in die entsprechende Richtung und operiere da an ihm herum. Nic beobachtet mich die ganze Zeit mit einem weichen Blick und ich schmelze förmlich dahin... Es ist Totenstille, man hört nur die Geräusche der Pinzette.Dann ziehe ich das letzte Stückchen heraus und streiche ihm abschließen über seine Brust. Eine Gänsehaut zieht sich über seinen Körper und ich muss schmunzeln. Er ist schon heiß...
Ich:"Hehe, keine Angst, ich wollte dich nur beruhigen."
Die Wunde heilt und auf meine belustigte Aussage hin winkelt er die Knien an und schubst mich somit weiter zu seinem Kopf. Dann stützt er sich auf seinen Ellenbogen ab und lächelt sanft.
Nic:"Und als du gerade die Kontrolle verloren hast, hab ich mich auch nur entkleidet, um meinen Körper in Ordnung bringen zu lassen... Von dir... "
Ich verdrehe die Augen und muss aber gleich wieder lachen.
Nic:"Das war die letzten Tage purer Anstrengung für dich... Erst unsere Auseinandersetzung, dann der Vorfall im Wald... Und..."
Er hält kurz inne.
Nic:"War es das, wovon du mir nicht erzählen wolltest? Deine übenatürchen Kräfte als Zauberin?"
Ich verziehe das Gesicht und werde plötzlich sehr ernst.
Ich:"Es ist alles sehr schwer für mich... Weißt du... Es hat mir alles nicht geholfen, meine Eltern so früh zu verlieren, da sie mir alles hätten beibringen müssen. Ich wurde nicht richtig ausgebildet und alles musste ich meine selbst beibringen. Das einzige, was ich immer wusste war, dass ich das Geheimnis wahren sollte, vor allem anderen übernatürlichen. Ich habe gelernt, dass Vampire Feinde sind und ich daher mit Geheimnissen aufpassen solle..."
Ich schluchze, als ich mich an früher erinnere."
Ich:"Vampire... Im Jahr 2004 in Paris damals... Ich war sehr klein. Alles was ich sah, waren die Menschenmengen auf dem abendlichen Markt und leuchtende, bunte Lampen, die in meinen Augen brannten. Ich beschloss, meinen Rundgang in der Stadt fortzuführen. Meine Eltern waren zu zweit in der Stadt, um auch einen Abend für sich zu haben. Ich lief also mit meiner Oma durch die Gassen, während das Auto meiner Eltern näher kam. Sie winkten mir zu und wollten mich mitnehmen, als plötzlich... Jemand bewegungslos auf der Straße lag... Ein..."
Ich schlucke schwer und seufze.
Ich:"Vampir... Mein Dad stieg sofort aus und rannte zu ihm. Er beugte sich herüber, versuchte,ihn anzusprechen, ihm zu helfen... Aber der angeblich Bewusstlose nutze die Gelegenheit und..."
Ich schreie vor Schmerz und weine bitterlich. Nicolae nimmt mich in den Arm und tröstet mich, während ich entsetzte Laute gebe.
Ich:"Er hat ihn ermordet, ihm seine Zähne in den Hals gebohrt, ihn zerfetzt, zerfleischt, ausgesaugt bis er mit offenen Augen zu Boden sank und mich mit einer ausdruckslosen Leere ansah. Und dann..."
Ich keuche erneut. Ich verliere für einen Moment die Kontrolle und eine Glühbirne zerspringt hinter mir. Nicolae beruhigt mich und streichelt mich sanft, er hilft mir wirklich sehr.
Ich schluchze erneut und rede in der noch immer anhaltenden Umarmung weiter, während ich an seinem Nacken herumfummele.
Ich:"Dann war meine Mutter dran. Sie schrie auf vor Schmerz und versteckte sich im Auto, doch der Vampir kam näher und stieg ein. Was ich dann sah... War eine gefärbte Scheibe... Fingerabdrücke, Blutspuren,..."
Ich atme tief durch.
Ich:"Ich schaffte es zu fliehen, bevor auch meine Oma fast geschnappt wurde. Irgendwie sind wir entkommen, und seitdem empfinde ich großen Hass..."
Nicolae wirkt angespannt.
Ich:"Aber als ich euch getroffen habe, hat sich die Lage entspannt... Ich habe dich kennen gelernt, ich habe mich.... Ähmm .. ich habe ein neues Leben angefangen und ihr habt mich überzeugt, dass Vampire nicht nur böse sind."
Nic:"Es tut mir furchtbar leid... Deshalb hattest du Respekt und dachtest, wir würden dir etwas tun wenn wir es erfahren würden?"
Ich nicke langsam.
Nic:"Niemals könnte ich dir etwas tun... Du bist der liebenswürdigste und unschuldigste Mensch auf dieser Welt... Ich könnte es mir niemals verzeihen... Welche geistige Entwicklung du durchlebt hast, dass du als so junger Mensch über den Tellerrand hinausblicken kannst und nicht alle Vampire in eine Schublade steckst... Obgleich sie dir deine Familie und Hoffnung für so viele Jahre genommen haben...  Davor habe ich wirklich Respekt, Elena."
Ich vergrabe meinen Kopf in seiner Schulter und beruhige mich wieder.
Nicolae:"Du hast unglaubliche Fähigkeiten, du hast mich gerettet, du hast eine Menge riskiert... Jedoch...Die Tempelritter wissen jetzt über dich bescheid, dass ist nicht gut. Wenn einer überlebt hat und plaudert, gibt das Probleme.
Aber dennoch... Du wirktest sehr angestrengt, geht es dir wirklich gut?"
Ich nicke schwach.
Dann kommt das, womit ich am wenigsten gerechnet hätte...

Nicolae BartholyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt