Kirschblüten...

544 23 4
                                    

"Das ist unmöglich!"
Sarah zuckt nur mit den Schultern.
Sarah:"Letzte Chance, würd ich klar sagen..."
"Wir werden alle sterben, bevor Nicolae überhaupt geheilt ist! Der Rat wird kommen und mich umbringen, dich auch, weil du da tief mit drinne steckst..."
Wir sehen uns einen Moment lang an und schweigen,dann grinsen wir sicher.
"Dann ist es eben so,auch, wenn das nicht passieren wird."
Ohne weitere Fragen zu stellen, erledigen wir, was zu tun ist.
"Hast du denn den Blutbeutel mit? Und den für das neue Blut?"
Sarah schaut mich an, als würde sie sich ernsthaft fragen, wie ich jemals darauf kommen könnte, sie würde etwas vergessen.

Es ist tiefste Nacht. Wir sind immernoch im Wald. Und hüten uns. Es ist unglaublich gefährlich, jetzt, wo die Viecher freigesetzt sind und in jeder Ecke lauern könnten... Sarah und ich suchen zweifelnd nach einem Weg, verirren uns aber nur noch mehr. Plötzlich sehe ich die Eule. Die, die mir immer Trost spendet und kommt, um mich zu warnen. Ihr Name ist Silver und sie ist eine Freundin. Noch mehr Sorgen mache ich mir deshalb, weil sie plötzlich aufkreuzt. Will sie uns wohlmöglich warnen? Sie schaut mich ängstlich an und bedeutet mir, ihr zu folgen. Ich greife Sarahs Hand und ziehe sie hinter mir her. Einen 30 Minuten-Marsch haben wir jetzt hinter uns, und allmählich sehe ich Licht in der Nähe. Ich meine, es ist das Herrenhaus. Wir haben absolut keinen Muchs gesagt, aus Angst, dass sie uns entdecken könnten. Und jetzt, wenige Meter vor dem Ziel, knistert es plötzlich hinter uns. Ich bleibe erschrocken stehen. Ich nehme ein leises Geknurre, nicht weit entfernt, wahr. Wie, als hätten wir in Gedanken miteinander gesprochen, sprinten wir los. Die Bestie folgt uns jetzt ebenfalls und klebt mir dicht auf den Versen.
Wir nutzen die Gelegenheit einer kurzen Unaufmerksamkeit des Tiers und flüchten auf einen Baum.
Es fängt an, fürchterlich zu Gewittern.
Sarahs Stimme ist ein einziges bestimmtes Hauchen.
,,Es geht los..."
Der Sturm zieht auf, die Bäume schwanken stark, Blätter toben tosend auf und die Verwandlung tritt ein. Die Wolfsblüter( anderes Wort für Werwolf) kratzen bereits am Baumstamm und starten ihre Versuche, hochzuklettern. Als ein riesiger, schwarzer Werwolf erschreckend hoch kommt, versuche ich ihn wegzutreten, aber er wird nur noch wütender und stärker. Dann kommt mir ein Gedanke in den Sinn:
,,SSSSIIIILLLLVVVEEERR!"
Meine Freundin lässt nicht Land auf sich warten und setzt sich schließlich auf einen Ast.
Ich:"Sarah, das Blut!"
Sarah drückt mir zögernd die Tüten in die Hand.
Sarah:"Was hast du vor?"
Ich konzentriere mich eher auf meine schöne Eule und antworte ihr nicht.
Ich streiche ihr beruhigend über den Kopf und ich merke, wie das Zittern unter meiner Handfläche mehr und mehr verschwindet.
Ich:"Silver, du musst diese Blutbeutel zu den Hexen bringen! Wir verlassen uns auf dich, bitte bringe sie einfach nur hin... So schnell wie möglich!" Mit einem kräftigen Flügelschlag erhebt sie sich gehorsam vom Baum und fliegt davon.
(Sie ist die einzige Hoffnung...)
Wir sind noch etwas weiter auf die Baumkrone geklettert, um uns vor den Bestien zu schützen.
Ich habe meine Füße angewinkelt und meine Arme um die Knien gelegt.
Sarah:"Du musst ihn ja schon echt krass lieben, wenn du dein eigenes Leben für ihn aufs Spiel setzt..."
Ich gucke nur unbeholfen mit den Schultern, meine Gedanken sind nur bei ihm. Hoffentlich kommt Silver rechtzeitig an...
30min später...
Ein riesiger Blitz zerreißt die tiefschwarze Nacht. Es regnet wieder. Harte Tropfen landen auf meinem Körper, die nassen Haare kleben mir im Gesicht und mein Shirt ist auch schon ganz durchgeweicht. Dann schaue ich zum Himmel hinauf. Riesige Wolken bahnen sich um den Vollmond und verdecken ihn ein wenig. Es blitzt erneut.
Ich:"Sarah, das wird gefährlich, wenn wir hier oben bleiben! Dieser Baum ist mit Abstand der größte hier und so zu sagen ein Magnetfeld für Blitze! Das kann hier jeden Moment einschlagen!"
Sarah schaut mich ängstlich an.
Sarah:"Was sollen wir eher riskieren? Von Werwölfen zerfleischt  oder von einem Blitz gegrillt zu werden!?"
(Scheiße!?)
Auf einmal weckt eine blitzartige Bewegung unsere Aufmerksamkeit. Wenig später erscheint Peter auf einem der Äste und analysiert die Situation.
Peter:"Also ich habe ja wirklich keinen blassen Schimmer, was ihr getan habt, aber in unserem Haus sitzen 50 Hexen und sprechen einen Zauber auf Nicolae!"
Wir sind erleichtert. Es hat geklappt!
Ich:"Wie hast du uns gefunden?"
Peter:"Eine Hexe hat mir einen Teil der Zaubervorbereitung erklärt, da war mir ziemlich klar, dass ihr nicht über den Rückweg nachgedacht habt. Also bin ich gekommen."
Ich umarme ihn hoffnungsvoll und flüstere ihm ins Ohr:
"Bring uns hier raus, Peter..."

...

...

Wenig später sitze ich in Nicolaes Zimmer. Er rührt sich immernoch nicht, atmet nicht und zeigt auch keinen geringsten Schimmer auf Lebenszeichen... Die Hexen haben ihren Auftrag erledigt und machen sich auf den Rückweg, mehr können sie nicht tun. Jetzt kann ich nur warten.
Eine weitere unerträgliche Stunde vergeht und nichts passiert. Ich kauere immernoch an seinem Bett und halte seine Hand. Sie ist sehr kalt und doch durch die Berührung so herzerwärmend.  Ich streiche ihm sanft eine seiner dünnen, langen Strähnen aus dem Gesicht und lächele sanft. Einmal mehr habe ich wieder sein engelhaftes Gesicht direkt vor meiner Nase. Der Kontrast zwischen den fast schwarzen Haaren und dem total blassen Gesicht lassen ihn noch göttlicher wirken.
(Mein Gott wenn ich dich nicht so abnormal lieben würde...)
Ich sehne mich so sehr danach, ihn endlich zu küssen und seine weichen Lippen auf Meinen zu spüren. Schon so lange... So lange warten ich darauf, endlich ihm zu gehören und von ihm geliebt zu werden...
Ganz unerwartet streicht mir plötzlich eine Hand über die Schulter. Drogo. Ich fahre zusammen.
Drogo:"Kleines Ding, du solltest dich ausruhen... Du hast heute schon genug getan. Mach dir Augen zu und entspann dich ein wenig."
Ich finde seine Führsorgkichkeit total rührend, vor allen Dingen, wenn er sie nur so selten zeigt, allerdings kann ich seine Bitte nicht in die Tat umsetzen. Meine Augen fallen zwar schon förmlich zu und ich sehe bestimmt total tot aus, aber das ist es mir wert.
Ich:"Sorry Drogo, ich will warten, bis er aufwacht..."
Als Drogo merkt, dass er keine Chance hat, gibt er mir einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange und schließt leise die Tür.

Und wieder warte ich... Die Uhr regt mich langsam aber sicher auf und nach 2 weiteren Stunden fallen mir dann endgültig die Augen zu...


Ein unglaublich gefühlvoller Kuss auf den Hals weckt mich.
Ich halte seine Hand noch immer fest und muss wohl auch im Schlaf noch an seinem Bett gekauert haben. Zwei zart leuchtende Augen schauen mich an- ich kann ihre Wärme auf meiner Haut spüren. Die Welt nehme ich heute ganz anders wahr:
Es ist sehr sehr hell draußen, die sanfte Frühlingssonne klettert gerade über die Bäume zu ihrem rechtmäßigen Platz am endlosen Horizont. Die Äste kleiner Kirschblüten streichen lieblich von links nach rechts und verteilen einen Geruch von Leben...  Ein zufriedenes Lächeln huscht mir über die Lippen, als mich der Mann meines Lebens immer näher an sich heranzieht und mich einfach glücklich im Arm hält...

Nicolae BartholyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt